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Gentests sorgen für Wirbel vor der Leichtathletik-WM

20. August 2025

Leichtathletinnen müssen sich ab sofort einem einmaligen Gentest unterziehen, um bei großen Meisterschaften in der Frauenklasse an den Start gehen zu dürfen. Das sorgt für Irritationen und Kritik.

Weitspringerin Malaika Mihambo schaut bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 in die Luft und hat die Arme in die Hüfte gestützt.
Weitspringerin Malaika Mihambo übt deutliche Kritik an den verpflichtenden Gentests für SportlerinnenBild: Axel Kohring/Beautiful Sports/IMAGO

"Unsere Philosophie bei World Athletics ist der Schutz und die Wahrung der Integrität des Frauensports", erklärte der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands Sebastian Coe. "Wir sagen: Auf Eliteebene darf man nur dann in der Frauenkategorie antreten, wenn man biologisch weiblich ist."

Der Weltverband erklärte so die Einführung verpflichtender Geschlechtstest für Sportlerinnen. Die Athletinnen müssen sich dabei einem Test auf das SRY-Gen unterziehen. Dieser soll das biologische Geschlecht überprüfen und erfolgt per Wangenabstrich oder Blutentnahme. Die Regel tritt zum 1. September in Kraft und gilt für alle Weltranglistenwettbewerbe und somit auch für die Weltmeisterschaft in der japanischen Hauptstadt Tokio (13. bis 21. September).

Mihambo: "Für sehr kleines Problem enorme Ressourcen"

Die kurzfristige Einführung dieser Gentests rund drei Wochen vor der WM sorgt für reichlich Wirbel in der Leichtathletik - und Kritik bei den Athletinnen. "Ich sehe diese Maßnahme sehr kritisch", sagte Weitspringerin Malaika Mihambo dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Die Olympiasiegerin von Tokio 2021 und zweimalige Weltmeisterin vermisst bei der Ende Juli verkündeten Maßnahme vor allem die Verhältnismäßigkeit.

"Für ein sehr kleines Problem werden enorme Ressourcen aufgewendet, während die wirklich drängenden Themen - Doping, Missbrauch, Gewalt im Sport - weiter bestehen. Wenn wir von Integrität sprechen, dann müssen wir genau dort mindestens genauso entschlossen handeln", sagte die 31-Jährige.

Mihambo bezeichnete die angekündigte Maßnahme als "juristisch fragwürdig, ethisch heikel und wissenschaftlich verkürzt". Auch anderen Athletinnen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zeigten sich irritiert.

Diskuswerferin Kristin Pudenz gewann bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio die SilbermedailleBild: ASSOCIATED PRESS/picture alliance

"Ich finde das merkwürdig, dass wir als Frau jetzt beweisen müssen, dass wir eine Frau sind", sagte Diskuswerferin Kristin Pudenz der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Doch der Olympionikin ist klar: "Wir werden uns dem beugen müssen. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig, wenn wir dabei sein wollen."

Moralische, ethische und logistische Herausforderung

Auch der DLV äußerte sich kritisch zur Einführung. "Das Thema Gentests zur Bestätigung des Geschlechts ist außerordentlich sensibel, gerade im Spitzensport. Die Einführung mit so kurzfristigem Vorlauf stellt die Athletinnen, aber auch den Verband vor große Herausforderungen - moralisch, ethisch und logistisch", sagte der leitende DLV-Verbandsarzt Karsten Hollander.

Auslöser für die Diskussion waren Athletinnen wie die zweimalige Olympiasiegerin Caster Semenya, die als Person mit "Abweichungen in der sexuellen Entwicklung (DSD)" eingestuft wird.

Caster Semenya klagte vor dem Europäischen Gerichtshof und erzielte einen Teil-ErfolgBild: Antonin Utz/AP Photo/picture allianceAntonin Utz/AP Photo/picture alliance

Auch die Box-Olympiasiegerin von Paris Imane Khelif steht dabei im Fokus. Bei den Olympischen Spielen hatte die Teilnahme der algerischen Boxerin für hitzige Diskussionen gesorgt. Der Weltverband World Boxing führte jetzt im Boxen ebenfalls verpflichtende Geschlechtertests ein.

Caster Semenya mit Teil-Erfolg

World Athletics hatte zuletzt bereits gefordert, dass die Athletinnen den Testosteronspiegel durch Medikamente künstlich senken müssten, um an internationalen Wettkämpfen teilnehmen zu können.

Semenya war gegen die umstrittene Testosteron-Regel juristisch bis vor den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vorgegangen, hatte in der letzten Instanz Mitte Juli aber nur teilweise Recht bekommen. 

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