Nach einem Feldversuch zwischen 2013 und 2015 haben sich genveränderte Mücken in Brasilien fortgepflanzt. Nach dem Plan der Forscher hätten alle freigesetzten Mücken und ihre Nachkommen eigentlich sterben müssen...
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Ein Versuch, die Mückenpopulationen der Gelbfiebermücke Aedes aegypti in Brasilien einzudämmen, ist möglicherweise fehlgeschlagen. Dabei wurden offenbar Genveränderungen in die örtlichen Population übertragen.
Die britische Firma Oxitec hatte mit behördlicher Genehmigung über 27 Wochen jede Woche etwa 450.000 männliche Mücken in der Stadt Jacobina in der Region Bahia freigesetzt, um die dort grassierenden Infektionskrankheiten Dengue, Zika und Gelbfieber zu bekämpfen.
Die Genveränderung namens OX513A in den Mücken war so gestaltet, dass die erste Nachfahrengeneration der Mücken, F1 genannt, das Erwachsenenstadium nicht erreichen und damit nicht fortpflanzungsfähig sein sollten.
Mückenpopulation ist eingebrochen
Die Hoffnung des Gesundheitsministeriums war es, die Mückenpopulationen um 90 Prozent zu reduzieren. Und das hat während des Feldversuches auch gut funktioniert. Etwa 18 Monate nach Ende des Versuchs erreichte die Mückenpopulation wieder ihr vorheriges Volumen.
Die Genveränderung der freigesetzten Mücken produzierte zudem ein fluoreszierendes Protein, das es ermöglichte, die erste F1-Generation von anderen Mücken zu unterscheiden.
Nun haben Forscher der Universität Yale die in der Region vorkommenden Mücken jeweils zwölf und 27 bis 30 Monate nach der Freisetzung auf ihre genetischen Veränderungen hin untersucht.
Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Teile der Genveränderung unerwartet in die Zielpopulation lokaler Mücken eingewandert ist.
Malaria ist eine der schlimmsten Infektionskrankheiten: Jedes Jahr sterben etwa 600.000 Menschen daran. Etwa drei Viertel von ihnen sind Kinder unter fünf Jahren.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein Moskito schlägt zu
Das sicher gefährlichste Tier Afrikas ist die etwa sechs Millimeter kleine Anopheles-Mücke: Sie überträgt Malaria. Malariaerkrankte leiden an hohem wiederkehrendem Fieber, Schüttelfrost und Krämpfen. Vor allem bei kleinen Kindern kann die Krankheit schnell zum Tode führen.
Sticht die Anopheles-Mücke einen infizierten Menschen, nimmt sie den Malaria-Erreger auf. Beim nächsten Stich gibt sie ihn an einen anderen Menschen weiter. Forscher haben die Erreger hier im Bild mit einem grün leuchtenden Eiweiß markiert. Wie das grüne Leuchten verrät, vermehren sich die Parasiten im Darm der Mücke und sammeln sich schließlich in ihren Speicheldrüsen.
Der biologische Name des Malarierregers lautet Plasmodium. Um ihn zu untersuchen, entfernen Forscher infizierten Anopheles-Mücken die Speicheldrüsen und isolieren daraus den Parasiten. Denn im Speichel der Mücke reichert sich die infektiöse Form des Parasiten an - Experten nennen diese Form Sporozoiten. Rechts im Bild ist die Mücke zu sehen, in der Mitte deren entnommene Speicheldrüsen.
Bild: Cenix BioScience GmbH
Mücke - Mensch - Mücke
Tatsächlich ist der Mensch nur der Zwischenwirt des Malariaparasiten, Endwirt ist die Mücke. In uns vermehrt sich der Erreger ungeschlechtlich: erst in der Leber, dann in den roten Blutkörperchen. Ein Teil der Parasiten bildet schließlich weibliche und männliche Zellen. Diese werden von einer Mücke aufgenommen und pflanzen sich in ihr geschlechtlich fort. Der Kreis schließt sich.
Malaria-Erreger bewegen sich im Kreis
Da die Malariasporozoiten gekrümmt sind, bewegen sie sich im Kreis, wenn Forscher sie - wie hier - auf ein Stück Glas mit Flüssigkeit aufbringen. Die Parasiten sind gelb eingefärbt, ihre Bewegungsbahn ist blau. Die Erreger sind schnell: Für einen Kreis benötigen sie nur etwa 30 Sekunden. In ihren Wirten werden sie durch Hindernisse von der Kreisbahn abgelenkt und bewegen sich dann auch geradeaus.
Im Mensch nistet sich der Malariaerreger zunächst für einige Tage in der Leber ein. Währenddessen merkt der Betroffene nichts. Erst wenn der Parasit sich in der Leber zu kleinen traubenförmigen Merozoiten umgewandelt hat, die das Organ verlassen und die Blutkörperchen befallen, fühlt sich der Patient krank.
Bild: AP
Malaria-Erreger im Blut
Die Parasiten brauchen ein bis drei Tage, um sich in den roten Blutkörperchen zu vermehren. Dann zerfallen die Blutzellen und setzen viele reife Malariaerreger und giftige Substanzen aus dem Stoffwechsel der Parasiten frei. Die Folge: Fieberschübe. Unter dem Mikroskop ist die Krankheit nach Anfärbung leicht zu diagnostizieren: Die lila gefärbten Erreger fallen im Blutabstrich sofort auf.
Bild: picture-alliance/dpa/Klett GmbH
Doppelter Schutz
Forscher haben ein Moskitonetz entwickelt, das besonders schützen soll: In die Fasern der Netze ist ein Insektizid eingewebt, welches kontinuierlich freigesetzt wird. Der Wirkstoff tötet alle Mücken, die sich auf dem Moskitonetz niederlassen.
Bild: Bayer CropScience AG
Wettlauf gegen die Zeit
Medikamente zerstören den Parasiten im Blut oder verhindern, dass er sich weiter vermehren kann. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Erreger mit der Zeit resistent gegen den Wirkstoff wird. Mit "RTS,S" (Mosquirix) ist es nun gelungen, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, der gegen Malaria eingesetzt werden kann.
Bild: picture-alliance/dpa
Moskitonetze = Lebensretter
Das beste Mittel gegen Malaria ist, gar nicht erst von einer Mücke gestochen zu werden. Dabei helfen Repellents - Mückenabwehrmittel zum Eincremen - und natürlich Moskitonetze, deren feine Maschen die Mücken fernhalten. Unter einem Moskitonetz zu schlafen, kann Leben retten!
Bild: picture-alliance/dpa
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Genveränderung wurde weitergegeben
In den verschiedenen Stichproben trugen zwischen zehn und 60 Prozent der Mücken entsprechende Veränderungen im Genom. Die Studie wurde am 10. September in Nature: Scientific Reports veröffentlicht.
Redaktioneller Hinweis: Die Firma Oxitec hat am 18. September mit einer Gegendarstellung auf die Veröffentlichung reagiert. Oxitec argumentiert, dass die möglicherweise noch lebenden nachfolgenden Generationen wiederum unfruchtbaren Nachwuchs zeugen, die Träger der Genveränderung also über einen überschaubaren Zeitraum aussterben werden.
Wäre der Feldversuch so abgelaufen, wie ursprünglich von den Wissenschaftlern vorhergesagt, hätte die Genveränderung nicht in die Mückenpopulationen einwandern dürfen, weil die Nachkommen der ursprünglich freigesetzten Mücken sich ja nicht mehr hätten fortpflanzen können.
Es war allerdings bereits zuvor aus Laborversuchen bekannt, dass ein geringer Anteil etwa drei bis vier Prozent der Nachfahren von OX513A-Mücken mit einheimischen Mücken das Erwachsenenalter durchaus erreichen können. Die Wissenschaftler waren davon ausgegangen, dass diese zu schwach sind, um sich noch zu vermehren.
Die Autoren der Studie schreiben, dass die Mücken vor und nach dem Experiment gleichermaßen als Träger für Infektionskrankheiten infrage kamen.
Das Yale-Forscherteam um Jeffrey Powell warnt davor, dass die neu entstandene Mückenpopulation möglicherweise robuster sein könne als die Mücken es vorher waren.
Ihre Lehre daraus: Es ist wichtig, derartige Feldversuche "mit einem Beobachtungsprogramm zu begleiten, um unerwartete Veränderungen feststellen zu können."
Gentechnik-kritische Biologen gehen mit ihrer Kritik einen Schritt weiter. "Die Aussetzung wurde überstürzt vorgenommen, ohne dass einige Punkte geklärt waren", sagte der brasilianische Biologe José Maria Gusman Ferraz in der Zeitung "Folha de S. Paulo".
Auch das Münchener Gentechnik-kritische Forschungslabor Testbiotech wirft Oxitec vor, den Feldversuch ohne ausreichende Studien gestartet zu haben. "Die Versuche der Firma Oxitec haben zu einer weitgehend unkontrollierbaren Situation geführt", sagte Geschäftsführer Christoph Then gegenüber der Deutschen Presseagentur. "Dieser Vorfall muss Folgen für den weiteren Einsatz der Gentechnik haben", fordert er.
Kein Gene Drive-Versuch
Beim Feldversuch in Brasilien wurde nicht das umstrittene Verfahren des Gene Drive eingesetzt, bei dem Mücken ein sehr durchsetzungsfähiges Gen mitgegeben wird, das bei der Fortpflanzung immer dominant ist.
Forscher, die in streng abgeschirmten Laboren mit Gene Drive experimentieren, hoffen mithilfe des Verfahrens ganze Mückenpopulationen dauerhaft auszurotten. So etwas wäre aber nicht mehr rückgängig zu machen und wurde daher nie im Freiland ausprobiert.
Haie und Skorpione? Die tödlichsten Tiere der Welt sind andere, als man denkt
Viele Menschen haben furchtbare Angst vor Haien. Zu Unrecht, denn die wirklich gefährlichen Killer der Tierwelt sind andere. Wir haben hier mal eine Liste zusammengestellt.
Bild: AP
11. Weißer Hai
Tote pro Jahr: etwa 10. Wölfe und einige Hai-Arten können uns zweifelsohne töten, aber sehr wenige von ihnen tun das auch. Beide töten pro Jahr nur jeweils etwa 10 Menschen weltweit. Die Wahrscheinlichkeit, dass man vom Toaster in der eigenen Küche getötet wird, ist größer.
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10. Löwen und Elefanten
Tote pro Jahr: etwa 100. Dass Löwen auch Menschen töten, ist wohl nichts Neues. Etwas überraschender ist da schon, dass jedes Jahr etwa gleich viele Menschen von Elefanten getötet werden wie von Löwen. Das größte Landlebewesen der Erde kann ziemlich aggressiv sein, und wenn es erst mal in Rage ist, hat es offensichtlich die Masse und Kraft gefährlich zu werden.
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9. Flusspferde
Tote pro Jahr: etwa 500. Es gibt zahllose Kinderspielsachen in Form von “Hippos” und warum auch nicht? Sie sehen knuffig aus mit ihren runden Schnauzen und dicken Bäuchen. Und es sind Pflanzenfresser! Aber lassen Sie sich davon nicht täuschen. Die Tiere sind sehr aggressiv und gehen auch ohne Provokation auf Menschen los, also lieber aus dem Weg gehen.
Bild: picture-alliance/dpa-Zentralbild
8. Krokodile
Tote pro Jahr: etwa 1000. Viele Menschen haben vor Krokodilen genauso viel Angst, wie vor Haien oder Löwen und das zu Recht. Krokodile sind Fleischfresser und töten Beute, die zum Teil viel größer ist als sie selbst. Dazu gehören auch kleine Flusspferde, Wasserbüffel und im Fall von Salzwasserkrokodilen sogar Haie.
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7. Bandwürmer
Tote pro Jahr: ca. 2000. Bandwürmer sind parasitäre Plattwürmer, die im Verdauungstrakt von Wirbeltieren leben. Sie gelangen durch verschmutzte Lebensmittel oder Würmerlarven in rohem Fleisch in den Körper. Die Infektion lässt sich behandeln, aber da viele Menschen auf der Welt keine ausreichende Gesundheitsversorgung haben, töten die Parasiten immer noch 200 mal so viele Menschen wie die Haie.
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6. Spulwürmer
Tote pro Jahr: etwa 2500. Spulwürmer sind auch Parasiten, die man sich ähnlich wie Bandwürmer einfängt. Aber sie bleiben nicht im Verdauungstrakt. Sie schlüpfen im Darm, bohren sich durch die Darmwand, wandern über die Blutbahn in die Lunge, dann die Luftröhre hoch, werden heruntergeschluckt und landen wieder im Darm, wo sie erwachsen werden. Eine Milliarde Menschen haben den Parasiten.
Tote pro Jahr: etwa 10.000. Platz 5 teilen sich 3 Killer. Allerdings sind es nicht die Tiere selbst, die töten, sondern die Parasiten, die sie übertragen. Bilharziose bekommt man durch den Kontakt mit verschmutztem Wasser (deren Parasiten brauchen Schnecken als Zwischenwirt). Die Chagas-Krankheit und die Schlafkrankheit werden durch Insektenbisse übertragen.
Bild: picture-alliance/dpa
4. Hund (Tollwut)
Tote pro Jahr: etwa 25.000. Tollwut ist eine tückische Virusinfektion, die von vielen Tieren übertragen werden kann. Wo Tollwut bei Hunden verbreitet ist, bekommen sie Menschen aber zu 99% von unseren vierbeinigen Freunden. Es kann Monate dauern, bis die tödlichen Symptome auftreten. Die gute Nachricht ist: Es gibt Impfungen und in den meisten entwickelten Ländern gibt es nur wenige Fälle.
Bild: picture-alliance/ZB/B. Wüstneck
3. Schlangen
Tote pro Jahr: etwa 50.000. Ja: Im Zweifelsfall sollte man um Schlangen einen großen Bogen machen. Viele Arten sind nicht tödlich, manche sind nicht giftig, aber es gibt genug gefährliche Schlangen, um die Reptilien zum drittgrößten Menschenkiller der Welt zu machen.
Bild: picture-alliance/dpa/blickwinkel/B. Trapp
2. Menschen
Tote pro Jahr: etwa 475.000. Ja, wir haben es auch auf die Liste geschafft. Schließlich sind wir unglaublich kreativ, wenn es darum geht uns gegenseitig umzubringen. Traurig, aber wahr, wir belegen den zweiten Platz.
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1. Die Mücke
Tote pro Jahr: etwa 725.000. Lebt man in Deutschland, sind sie höchstens lästig. In anderen Teilen der Welt können sie den Tod bringen. Und wieder sind es die übertragenen Krankheiten und nicht die Mücken selbst, die töten. Allen voran ist Malaria tödlich, aber auch Denguefieber, Gelbfieber und Enzephalitis werden von Mücken übertragen.