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Grönland: US-Vize Vance fährt ungebeten zur Eisinsel

27. März 2025

Eine hochrangige US-Delegation stattet Grönland einen Besuch ab - sehr zum Unmut der Grönländer, die darin eine "Provokation" sehen. Denn eingeladen wurde niemand. Überraschend mit dabei: US-Vizepräsident J.D. Vance.

Die Weltraumbasis Pituffik (ehemals Thule Air Base) im Norden Grönlands / 04.10.2023
Die Basis Pituffik (ehemals Thule Air Base) im Norden Grönlands soll das Ziel der US-Delegation werden Bild: Thomas Traasdahl/Ritzau Scanpix/AFP

Schon seit Tagen steht die Grönland-Reise hochrangiger US-Vertreter in der Kritik. Nun haben sich die Pläne der Delegation geändert - und damit zumindest auf dänischer Seite die Wogen leicht geglättet. Denn statt historischer Orte und einem Hundeschlittenrennen steht jetzt nur noch der Besuch des US-Militärstützpunktes auf dem Programm.

Es sei "sehr positiv", dass die US-Delegation ihre ursprünglichen Pläne für ihren Aufenthalt auf der Insel geändert habe, sagte der dänische Außenminister Lars Lökke Rasmussen am Mittwoch dem Radiosender DR. Gegen den Besuch des US-Stützpunktes habe seine Regierung "nichts einzuwenden", erklärte Rasmussen. Zuvor hatte Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen von "inakzeptablen Druck" seitens der USA gesprochen. 

Vance will den "Spaß" nicht nur für seine Frau

Außerdem kündigte US-Vizepräsident J.D. Vance nun an, seine Ehefrau Usha bei dem umstrittenen Besuch begleiten zu wollen. "Die Aufregung um unseren Besuch in Grönland an diesem Freitag war so groß - deshalb habe ich beschlossen, dass ich nicht möchte, dass sie den ganzen Spaß allein hat", kündigte der Stellvertreter von Präsident Donald Trump in einem Video auf der Plattform X an. Auf der Pituffik Space Base werde er demnach "ein Briefing zu Fragen der arktischen Sicherheit erhalten und sich mit US-Soldaten treffen".

Das Ehepaar Vance will nun gemeinsam nach Grönland - offiziell rein privat Bild: Anna Moneymaker/Getty Images

Das Weiße Haus hatte ursprünglich erklärt, dass Usha Vance von Donnerstag bis Samstag zusammen mit ihrem Sohn - aber ohne Ehemann - und einer US-Delegation das autonome dänische Territorium besuchen werde. Medienberichten zufolge sollen diesmal auch Trumps Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sowie Energieminister Chris Wright zu der Reisedelegation zählen - auch wenn der Besuch mal wieder als rein privat deklariert wurde.

Was wollen die USA von Grönland?

Es ist bereits die zweite Grönland-Reise einer US-Delegation unter US-Präsident Donald Trump. Sein Sohn Donald Jr.  war bereits Anfang Januar für einen Tag in die grönländische Hauptstadt Nuuk gereist - was ebenfalls für Aufsehen sorgte.

Wie geht es weiter mit Donald Trumps Plänen für Grönland?

03:57

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Trump hat schon seit langem ein Auge auf Grönland geworfen. Bereits in seiner ersten Amtszeit im Jahr 2019 hatte er erklärt, Grönland kaufen zu wollen. Das wiesen die Grönländer schon damals empört zurück.

In seiner zweiten Amtszeit erhob er wieder Anspruch darauf, die Insel zu kontrollieren und sie zu einem Teil der Vereinigten Staaten zu machen. Trump begründet dies vor allem mit Sicherheitsgründen. Grönland und Dänemark lehnen eine Annexion entschieden ab.

Die Idee einer grönländischen US-Übernahme ist übrigens nicht neu: Auch der demokratische US-Präsident Harry S. Truman machte Dänemark nach dem Zweiten Weltkrieg für 100 Millionen Dollar ein Kaufangebot - was ebenfalls abgelehnt wurde. 

Hohe geopolitische Bedeutung

Für die USA ist die größte Insel der Erde tatsächlich von hoher geostrategischer Bedeutung. Die USA sind durch ihren Bundestaat Alaska selbst Arktis-Anrainer und betreiben seit 1951 einen Luftwaffenstützpunkt in Nordwestgrönland. Der Stützpunkt ist ein wichtiger Teil des US-Frühwarnsystems für mögliche Angriffe durch Interkontinentalraketen.

Laut dem österreichischen Militärmagazin "Militär Aktuell" wird die Landebahn des Stützpunkts in Pituffik für jährlich mehr als 3000 Flüge aus den USA und anderen Ländern genutzt. Die Basis ist die nördlichste Einrichtung des Pentagons und beherbergt den nördlichsten Tiefwasserhafen der Welt.

Eine weitere Rolle spielt der rasant fortschreitende Klimawandel in der Arktis. Durch das schmelzende Eis eröffnen sich neue Schiffsrouten, die zuvor für die meisten Teile des Jahres oder sogar ganzjährig blockiert waren. Laut Prognosen bildet sich die arktische Eiskappe zwischen 2030 und 2040 in den Sommermonaten weitgehend zurück - für die Fahrt aus dem Pazifik in den Atlantik könnten sich so gleich drei neue Schiffspassagen etablieren, die deutlich kürzer als bisherige Routen sind. Eine dieser Routen, die so genannte Nordostpassage nahe der russischen Landmasse, wird von China und Russland bereits jetzt als Handelsroute und Seestraße für den Transport von Rohstoffen ausgebaut.

Rohstoffe unter Eis

Wie schon in der Ukraine wollen die USA in der Arktis zudem seltene Erden und andere Rohstoffe fördern, die für die Produktion von Elektrogeräten gebraucht werden. Auch Metalle, Diamanten, Kohle und Uran lagern dort.

Der Kölner Politikprofessor Thomas Jäger nannte in einem Interview mit dem privaten Fernsehsender NTV noch einen weiteren möglichen Hintergedanken Trumps: "Man kann sich gut vorstellen, dass Trump sich in die Tradition der Präsidenten stellen will, die ihr Territorium stark erweitert haben - im 19. Jahrhundert, als die Vereinigten Staaten nach Westen wuchsen, dann Alaska gekauft haben." Das wäre etwas, was ihn aus seiner Sicht "zu einem wirklich großen Präsidenten machen würde". 

Wie stehen die Grönländer dazu? 

Viele Grönländer wollen sich jedoch nicht vereinnahmen lassen und protestieren schon länger gegen Trumps Politik. Der scheidende Ministerpräsident Mute Egede bezeichnete den Besuch der Delegation vor Tagen schon als "Provokation". Der Vorsitzende der Demokraten, Jens-Frederik Nielsen, sprach von "mangelndem Respekt." 

Auch wenn sich das Besuchsprogramm der US-Delegation verändert habe, sei man nach wie vor irritiert über den Besuch, sagte auch der grönländische Journalist Masaana Egede dem Sender DR. "Ich glaube, dass ihn sehr viele weiterhin als eine Provokation betrachten."

"Wir stehen nicht zum Verkauf": Protest gegen Trump vor dem US-Konsulat in Grönland Bild: Christian Klindt Soelbeck/REUTERS

Auch die Parlamentswahl vom 11. März  stand unter dem Eindruck der Äußerungen des neuen US-Präsidenten - und wurde deshalb sogar vorgezogen. Die Partei von Ministerpräsident Egede und dessen Koalitionspartner erlitten deutliche Verluste. Wahlgewinner ist die Mitte-Rechts-Partei Demokraatit.

Das Wahlergebnis gilt vor allem als Zeichen dafür, dass sich die Mehrheit der Grönländer eine Unabhängigkeit von Dänemark wünscht. Seit 1979 ist Grönland in vielen Bereichen autonom. Über die Außen- und Verteidigungspolitik entscheidet jedoch noch immer die ehemalige Kolonialmacht. Wegen der früheren Menschenrechtsverletzungen an den Inuit besteht bei vielen Grönländern jedoch der Wunsch, sich endgültig von Dänemark zu lösen.

Wahllokal in Nuuk: Viele Grönländer wollen Unabhängigkeit Bild: Evgeniy Maloletka/AP Photo/picture alliance

Dabei ist umstritten, ob ein unabhängiges Grönland überhaupt wirtschaftlich bestehen könnte: Jährlich überweist Kopenhagen umgerechnet rund 550 Millionen Euro auf die Insel - rund ein Drittel von deren Haushalt.

Trotz dieser Schwierigkeiten: Teil der USA zu werden, wird nur von sehr wenigen Menschen befürwortet. Laut einer Umfrage der dänischen Zeitung "Berlingske" und der grönländischen Zeitung "Sermitsiaq" Ende Januar lehnten 85 Prozent der Grönländer eine Übernahme ihrer Insel durch die USA ab. Auch die grönländische Abgeordnete im dänischen Parlament, Aaja Chemnitz, kritisierte auf Facebook: "Es ist klar, dass das Trump-Lager unser Recht auf Selbstbestimmung ohne Einmischung von außen nicht respektiert."

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