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Magier im Tonstudio

Silke Wünsch9. März 2016

Sein Spitzname war "Fünfter Beatle". Ohne George Martin hätten die Beatles vielleicht nie diesen Erfolg gehabt. Jetzt ist der Musikproduzent im Alter von 90 Jahren verstorben und hinterlässt einen riesigen Songkatalog.

USA Las Vegas George Martin vor Mischpult SW
Bild: picture-alliance/Zuma Press/B. Sweet

Niemand wollte die Beatles haben. Sie putzten bei allen großen Labels die Klinken - bei Decca, bei EMI, bei Philips. Dann, im Februar 1962, hatte Beatles-Manager Brian Epstein einen ersten Termin beim Musikproduzenten George Martin und spielte ihm die abgelehnten Aufnahmen vor. "Ziemlich lausig und schlecht balanciert", soll Martin gesagt haben, "keine guten Songs von einer sehr ungeschliffenen Gruppe."

George Martin

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Irgendetwas aber klang in Martins Ohren interessant. Es gab einen weiteren Termin mit Epstein - und am 4. Juni 1962 schickte Martin den Beatles einen Plattenvertrag, zwei Tage später wurde er von allen unterzeichnet. Am gleichen Tag tauchten die Beatles in den Londoner Abbey Road Studios auf. Martin fand die vier ziemlich lustig - mehr zunächst nicht. Seine erste Amtshandlung: Er schmiss den damaligen Schlagzeuger Pete Best raus. Ringo Starr wurde eingesetzt, mehrere Monate wurde an Songs gefeilt, bis im September 1962 die erste Beatles-Single "Love me do" entstand. Der Rest ist Geschichte. Beatles-Geschichte - aber auch die Geschichte eines Musikproduzenten, der den Sound der 1960er Jahre entscheidend geprägt hat.

Von der Pike auf gelernt

Mit sechs Jahren entdeckte George Martin sein Interesse für Musik. Seine Eltern hatten ein Klavier gekauft, das ihn faszinierte. Er brachte sich das Klavierspiel selber bei. Seine erste Band gründete George Martin mit 16 Jahren. Sein Schul-Tanzorchester hieß " George Martin & the Four Tune Tellers". Als das BBC Symphony Orchestra einen Auftritt an seiner Schule hatte, war Martin völlig hingerissen: "Es war absolut magisch. Ich hatte Schwierigkeiten, so wunderbare Töne in Verbindung damit zu bringen, dass 90 Menschen in Messing- und Holzinstrumente blasen oder mit Rosshaarbögen über Saiten schaben." Martins Faszination wuchs. Nur kurz unterbrochen durch Krieg und Tätigkeit in der Armee, feilte Martin weiter an seiner musikalischen Karriere. Er studierte Klavier und Oboe und war ein glühender Verehrer von Rachmaninoff wie von Cole Porter.

Er arbeitete für das Klassik-Label Parlophone, produzierte Klassik und Barock. Später brachte er auch mit großem Erfolg Jazz- und Comedy-Platten bei Parlophone unter. Seine Künstler: Peter Ustinov, Peter Sellers, Sophia Loren.

Eigene Soundvorstellungen

Aus den USA schwappten die erfolgreichen Rock'n'Roll-Produktionen nach Europa und dominierten die Charts. Die britische Musikszene wollte mitmischen, mit mäßigem Erfolg. Als Martin dann die Beatles entdeckte, wendete sich das Blatt. Am 22. März 1963 erschien das erste Beatles-Album "Please Please Me" und eroberte erst die britischen, dann die deutschen Charts. Ein Jahr und zwei LPs später knackten die Beatles mit "A Hard Day's Night" auch die US-Charts. Das Gleiche geschah mit jeder neuen Platte. Immer im Hintergrund: George Martin, der sich vom Produzenten mehr und mehr zum Arrangeur und Mastermind der Beatles entwickelt hat. Er setzte weitere Instrumente bei den Produktionen ein, auch Sounds, die so gar nicht in die Hörgewohnheiten der 1960er Jahre passen wollten. Ein Streichorchester in einem Rocksong einzusetzen oder gar eine Bachtrompete - das hätte damals kein anderer gewagt. Martin experimentierte mit Sounds, mit Tonspuren und Abspielgeschwindigkeiten, vor- und rückwärts abgespielten Takes.

Martin (2. von rechts) und die Beatles mit der ersten "Silbernen" SchallplatteBild: Getty Images/C. Ware

Die Beatles waren George Martins Herzensangelegenheit - die enge Zusammenarbeit brachte ihm den Spitznamen "Fünfter Beatle" ein. Bis auf die allerletzte LP ("Let It Be", 1970 produziert von Phil Spector, aber erst nach der Auflösung der Beatles) hat George Martin alle Beatles-Platten produziert.

Nach den Beatles

Er hatte auch andere Bands unter Vertrag und trat mit seinen Hits immer wieder in Konkurrenz mit sich selbst um die Top-Positionen in den Charts. Bands wie Gerry and the Peacemakers oder Billy J. Kramer & the Dakotas waren weitere Top-Bands der 1960er.

Als die Beatles sich auflösten, machte Martin munter weiter. Er war so dick im Popgeschäft, dass er sich seine Künstler aussuchen konnte. Er arbeitete weiter mit Ringo Starr und produzierte mit Paul McCartney & The Wings den James-Bond-Hit "Live And Let Die". Martin scheute keine Musikrichtung - seine klassische Ausbildung und jahrelange Arbeit mit Jazzmusikern war ihm da sehr nützlich. Ob Jazzrock-Fusion mit dem Mahavishnu Orchestra, ob Glamourpop mit Neil Sedaka oder New Wave mit Ultravox: Was George Martin anpackte, wurde von ihm veredelt und zum Erfolg. Große Hits waren auch "Ebony And Ivory" von Paul McCartney und Stevie Wonder (1982) oder ein weiteres McCartney Duett mit Michael Jackson: "Say Say Say" (1983). Als die britische Prinzessin Diana 1997 starb, ging Martin mit Elton John ins Studio und nahm mit ihm "Candle in the Wind" neu auf. Die Single verkaufte sich mehr als 37 Millionen Mal - eine der meistverkauften Musikproduktionen aller Zeiten. Und George Martins 30. Tophit.

Sie arbeiteten auch nach dem Ende der Beatles gut zusammen: Ringo Starr und George MartinBild: picture-alliance/Photoshot

Spätwerk mit Hommage an seine Wurzeln

Im März 1998 setzte George Martin sich selbst ein Denkmal. Für seine allerletzte Platte holte er sich eine illustre Gesellschaft ins Studio, unter anderem Celine Dion, Jeff Beck und Sean Connery. Für das Album "In My Life" interpretierten die Künstler Beatles-Songs neu. 2001 erschien eine Compilation mit den wichtigsten von George Martin produzierten Songs und schließlich setzte er sich, zusammen mit seinem Sohn Giles, nochmal an alte Beatles-Songs und mischte sie neu ab. Das Ergebnis ist das 2006 erschienene Album "Love" - und noch einmal landete Martins Werk in den die Top-Positionen der deutschen, britischen und US-Charts. Zwei Grammys gab's noch obendrauf.

Nach knapp 5000 Titeln kann man sich durchaus zur Ruhe setzenBild: picture-alliance/dpa/Press Association

Martins Verdienste um die britische Musikszene gingen auch am Königshaus nicht vorbei. Queen Elizabeth erhob ihn 1996 in den Ritterstand. Außerdem wurde "Sir" George Martin in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen.

Die Nachricht von seinem Tod lässt die Musikwelt trauern. Auf Twitter meldete sich neben vielen Musikgrößen wie Marc Ronson oder Regina Spektor auch der britische Premierminister David Cameron.

Lenny Kravitz spielt auf die großen Musiker an, die in diesem Jahr schon gestorben sind.

Die beiden noch lebenden Beatles und Weggefährten Paul McCartney und Ringo Starr haben Martin auf Twitter noch einmal Danke für alles gesagt:

Paul McCartney hat George Martin in seinem Blog noch einmal persönlich gewürdigt: "Die Welt hat einen wirklich großen Mann verloren."


Die besten Beatles-Songs - produziert, remixed und remastered von George Martin in der Spotify-Playlist von dw-PopXport:

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