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Politik

George Pells Anwalt bittet um Verzeihung

28. Februar 2019

Mit zwei Worten hatte sich der australische Kardinal im Gerichtssaal verteidigt: "Nicht schuldig." Nachdem Pell jedoch schuldig gesprochen wurde, hat sein Rechtsbeistand einige Missbrauchsfälle eingeräumt.

Australien Kardinal George Pell
George Pell am Mittwoch auf dem Weg zum Landgericht in MelbourneBild: Getty Images/M. Dodge

Der Verteidiger des australischen Kardinals George Pell, Robert Richter, hat für Äußerungen über "Blümchensex" (englisch: vanilla sex) um Entschuldigung gebeten. Mit dieser Bezeichnung hatte er in einer Anhörung sexuelle Übergriffe seines Mandanten auf Minderjährige heruntergespielt. Er argumentierte damals, Pell verdiene höchstens eine leichte Strafe, denn die Übergriffe hätten "weniger als sechs Minuten" gedauert.

"Im Bestreben, ein mildes Urteil zu erlangen, habe ich eine vollkommen unangemessene Wortwahl benutzt. Alle, die das in einer Weise interpretiert haben, wie es nie gemeint war, bitte ich um Verzeihung", heißt es in einer Erklärung Richters. Er habe das Leid und die Verletzungen der Missbrauchsopfer nicht verharmlosen wollen.

Strafmaß bis Mitte März

Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anhörung war das Urteil gegen Pell bereits ergangen. Im australischen Rechtssystem erfolgen Schuldspruch und Strafzumessung getrennt. Auch wenn der Anwalt weiter von der Umschuld seines Mandanten überzeugt ist, muss er in der Verhandlung darüber, welche Strafe angemessen ist, zunächst von der Schuldfeststellung des Gerichts ausgehen und versuchen, ein möglichst mildes Urteil für die gerichtlich erkannte Tat zu erreichen.

Der 77-jährige Pell war bereits im Dezember 2018 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen worden. Das Gericht in Melbourne sah es als erwiesen an, dass er sich Mitte der 1990er Jahre in fünf Fällen an zwei Jungen vergangen hat. Diese waren zur Tatzeit 13 Jahre alt. Pell wurde am Mittwoch in ein Gefängnis in Melbourne überstellt. Anwalt Richter hatte Berufung gegen das Urteil eingelegt. Pell selbst hatte im Juni im Gerichtssaal nur zwei Worte geäußert: "Nicht schuldig."

Pells Verteidiger Robert Richter am Mittwoch vor Reportern in MelbourneBild: Getty Images/M. Dodge

Urteil zwei Monate unter Verschluss

Wegen Besonderheiten im australischen Justizsystem wurde das Urteil zweieinhalb Monate unter Verschluss gehalten. Damit im Fall eines zusätzlichen Prozesses keine anderen Geschworenen beeinflusst werden könnten, verhängte die Justiz eine extreme Nachrichtensperre: Man durfte nicht einmal berichten, dass verboten war, zu berichten.

Weil sie dagegen verstießen, hätten mehr als 100 australische Journalisten Briefe von der Staatsanwaltschaft erhalten, sagte Juradozent Jason Bosland. Darin würden Ermittlungen gegen sie angekündigt, teilte der Lehrbeauftragte der Universität Melboune weiter mit.

Die Labor-Regierung des Bundesstaats Victoria kündigte an, die entsprechenden Gesetze zu reformieren. Dadurch sollen Richter seltener solche Maulkorb-Verfügungen treffen können.

Höchststrafe: 50 Jahre

Inzwischen steht fest, dass es keinen zweiten Prozess gegen Pell geben wird. Deshalb darf nun gesagt werden, dass der Kardinal in fünf Punkten schuldig gesprochen wurde. Bis Mitte März soll das Strafmaß verkündet werden. Die Höchststrafe beträgt in allen Punkten zehn Jahre, insgesamt bis zu 50 Jahre Gefängnis. In diesem Fall: für den Rest des Lebens.

Für den Vatikan, der gerade einen großen Anti-Missbrauchs-Gipfel hinter sich hat, ist die Verurteilung Pells ein neuer Schlag. Zwar gibt es bereits aus anderen Ländern Urteile gegen katholische Geistliche, die sich an Kindern vergingen. Doch so weit oben in der katholischen Hierarchie wie der frühere Finanzchefs des Vatikans stand ein verurteilter Sexualstraftäter noch nie.

jj/uh (kna, rtr)

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