Georgiens Regierung droht mit Niederschlagung der Opposition
5. Oktober 2025
Nach regierungskritischen Protesten infolge der Kommunalwahlen in Georgien hat die prorussische Regierung die Niederschlagung der Oppositionsbewegung angekündigt. Regierungschef Irakli Kobachidse sprach von einem "Putschversuch" und kündigte vor Journalisten weitere Festnahmen und Verurteilungen an. Die Oppositionsbewegung dürfe "nicht länger in der georgischen Politik aktiv sein", sagte Kobachidse.
"Mehrere Personen wurden bereits festgenommen - allen voran die Organisatoren des Putschversuchs", fügte der Regierungschef der russlandfreundlichen Partei "Georgischer Traum" hinzu.
Proeuropäischen Protestanführern drohen lange Haftstrafen
Nach den Kommunalwahlen am Samstag gingen zehntausende Menschen in Tiflis und anderen Städten auf die Straße, um gegen die prorussische Regierung zu demonstrieren. In der Hauptstadt versuchte eine Gruppe proeuropäischer Demonstrierender, in den Präsidentenpalast einzudringen. Zudem errichteten Protestierende Barrikaden und setzten diese in Brand. Die Polizei reagierte mit Tränengas und Wasserwerfern.
Das Innenministerium leitete Verfahren gegen fünf Protestanführer ein und drohte mit mehrjährigen Haftstrafen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden 21 Polizisten und sechs Demonstrierende verletzt und in Krankenhäuser gebracht.
Angespannte Situation in Georgien seit Parlamentswahl
Die Kommunalwahlen, die von Teilen der Opposition boykottiert wurden, brachten der Regierungspartei "Georgischer Traum" laut Behörden einen klaren Sieg. Nach Auszählung von drei Vierteln der Stimmen kam sie auf über 80 Prozent. Auch in allen Bürgermeisterwahlen erzielten ihre Kandidaten deutliche Mehrheiten.
Die Wahl galt als wichtiger Stimmungstest nach der umstrittenen Parlamentswahl von Oktober 2024. Damals hatte sich der "Georgische Traum" zum Sieger erklärt und den in der Verfassung verankerten EU-Kurs des Landes ausgesetzt - ein Schritt, der wochenlange Massenproteste ausgelöst hatte.
Die Opposition nahm nun die Kommunalwahlen zum Anlass für neue Kundgebungen. Auf dem Freiheitsplatz in Tiflis schwenkten zehntausende Menschen georgische und EU-Flaggen. Der Opernstar und oppositionelle Aktivist Paata Burtschuladse verlas eine Erklärung, in der eine "Rückgabe der Macht an das Volk" gefordert und die Regierung als "illegitim" bezeichnet wurde. Die Menge reagierte mit lautem Applaus, bevor sie zum Präsidentenpalast zog, wo die Polizei den Protest mit Tränengas und Wasserwerfern auflöste. Kurz nach Mitternacht zerstreute sich die Menge.
Kobachidse: "Revolutionsversuche werden scheitern"
Opposition und Demonstrierende werfen der Regierung vor, sich zunehmend Russland anzunähern und sich von der EU und demokratischen Standards abzuwenden. Die Regierung weist dies zurück. Der inhaftierte Ex-Präsident Michail Saakaschwili hatte seine Anhänger zuvor aufgerufen, die Proteste als "letzte Chance zur Rettung der georgischen Demokratie" zu nutzen.
Kobachidse hatte bereits vor den Wahlen ein hartes Vorgehen angekündigt. "Ihre Revolutionsversuche werden definitiv scheitern", sagte er über die Oppositionsanhänger. Nach den Protesten erklärte der Premier, jeder, der an Gewalt beteiligt gewesen sei, werde strafrechtlich verfolgt. "Sie hatten den Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung angekündigt und konkrete Maßnahmen in diese Richtung ergriffen."
Die Regierung sprach zudem von einem "von ausländischen Geheimdiensten geplanten Putschversuch", ohne Belege zu nennen. Kobachidse warf EU-Vertretern vor, diesen Versuch zu unterstützen, und machte auch den EU-Botschafter in Georgien mitverantwortlich. Er forderte ihn auf, den gewaltsamen Protest zu verurteilen.
Klima der politischen Unterdrückung in Georgien
Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen waren im vergangenen Jahr rund 60 Personen in Georgien inhaftiert worden, darunter Oppositionelle, Journalistinnen und Aktivisten. Amnesty International sprach von einem Klima der "politischen Unterdrückung", in dem die Kommunalwahlen stattgefunden hätten.
Nicht alle Oppositionsparteien hatten den Urnengang boykottiert. Die ohnehin zersplitterte Opposition zeigte sich auch in dieser Frage tief gespalten.
pgr/wa (afp, dpa)