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Gepflegtes Desinteresse

Joanna Impey, London / ai13. September 2013

Trotz der Bedeutung Deutschlands für Europa und die britische Wirtschaft gibt es auf der Insel so gut wie kein Interesse an der Bundestagswahl. Auf politischer Ebene erhofft sich London jedoch mehr Stabilität aus Berlin.

German Chancellor Angela Merkel and Britain's Prime Minister David Cameron give a joint press conference on November 18, 2011 at the Chancellery in Berlin. Merkel met British Prime Minister David Cameron, whose country is a non-eurozone member, amid sharp differences over handing more central power to Brussels as the eurozone tackles its debt crisis. AFP PHOTO / ODD ANDERSEN (Photo credit should read ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images)
Bild: ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images

Es ist wenig erstaunlich, dass kaum ein Brite in der Lage ist, Angela Merkels politischen Herausforderer Peer Steinbrück beim Namen zu nennen. Der Wahlkampf in Deutschland hat bislang kaum Echo in der britischen Presse gefunden. Am Tag der Entscheidung wird das Auge der Medien mit Sicherheit auf Berlin gerichtet sein, doch Reportagen und Beiträge über Wahlkampf und Kampagnen waren bislang eher dünn gesät.

"Es ist interessant, wie wenig Berichterstattung es hier im Vorfeld gab - wenn man bedenkt, wie wichtig Deutschland doch ist", erklärt Mark Field, Abgeordneter der konservativen Regierungspartei im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Die allgemeine, vielleicht etwas bequeme, Annahme ist, dass Merkel ohnehin gewinnen wird", so der Politiker aus London.

'In sicheren Händen'

Field hat die Entwicklungen näher verfolgt als die meisten übrigen Briten. Er ist halb Deutscher, halb Brite. In Hannover geboren, in England aufgewachsen. Field steht in regem Kontakt mit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Deutschland.

Merkel wird von vielen als eine Politikerin gesehen, bei der die Dinge in sicheren Händen seien, sowohl in nationalen wie internationalen Fragen. Doch die Fünfprozenthürde macht die FDP für die Fortführung des Status Quo in Berlin zum Unsicherheitsfaktor.

In Großbritannien gibt es nur wenig Erfahrung mit Koalitionsregierungen. Die aktuelle Regierung - aus Konservativen und Liberaldemokraten - ist die erste Koalition seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Details der deutschen Politiklandschaft sind der breiten britischen Öffentlichkeit daher nur schwer zu vermitteln und das Interesse liegt eher bei Personen als Parteien. Vielleicht ist dies der Grund weshalb der französische Wahlkampf in London mehr Aufmerksamkeit bekommt: Es war ein klares Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Nikolas Sarkozy und Francois Hollande bei dem am Ende ein klarer Gewinner und ein klarer Verlierer stand.

Desinteresse

Thomas Kielinger, über lange Jahre London-Korrespondent der deutschen Tageszeitung "Die Welt", erklärt, die Briten seien derzeit weit mehr daran interessiert, was in den USA und Syrien vor sich geht.

Auf die Frage wie die Briten die deutschen Wahlen sehen, antwortet Kielinger, dass "sie sie überhaupt nicht sehen". Die Öffentlichkeit ist "völlig unbeteiligt" an der ganzen Sache, so der Journalist im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Der Wahlkampf sei für die meisten Briten "langweilig" und es gäbe nur geringes Interesse an den politischen Inhalten. Die einzigen deutschen Namen, die man auf der Insel parat habe, seien die von BMW, Mercedes und Merkel." Und natürlich noch eine Reihe von Fußballern.

Die Merkel-Cameron Beziehung

Auf politischer Ebene wäre es London wohl am liebsten, wenn sich in Berlin nichts an der Schwarz-Gelben Koalition ändern würde. Angela Merkel ist eine bekannte Größe, die Leute haben sich an sie gewöhnt. In der City of London, so Mark Field, schätzen jene, die in der Finanzbranche arbeiten, dass der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hinsichtlich der Eurokrise "die Dinge beim Namen benennt".

Doch gibt es auch Bedenken in London, dass sich die Eurozone unter der Führung Merkels weiter in Richtung einer Fiskal- und Bankenunion bewegt. London hat bislang eine derartige Richtung immer abgelehnt. "Man muss in Hinsicht auf die Eurozone vorsichtig sein was man sich wünscht", so Fields.

Der Konservative selber ist für den Verbleib in der Europäischen Union, aber während er den starken Wunsch der Briten nach einem Referendum erkennt, ist er dennoch skeptisch, was das Vereinigte Königreich im Rahmen neuer Verhandlungen mit Brüssel erreichen kann.

Die meisten Briten haben nur wenig Interesse am deutschen WahlkampfBild: Getty Images

Mit Blick auf David Camerons persönliches Verhältnis zu seinem Berliner Gegenüber glaubt Field jedoch, dass die Enge ihrer Bindung in der öffentlichen Darstellung "übertrieben" worden sei.

"Merkel hat Cameron nie vergeben, dass er seine Partei aus der EEP (der konservativen Europäischen Volkspartei) herausgenommen hat. Sollte Merkel vor die Wahl gestellt sein, die EU zusammenzuhalten oder Großbritannien zu verlieren, wird sie sich für das erstere entscheiden", so Field.

Doch Kielinger geht dennoch von einer Nähe zwischen Merkel und Cameron aus. David Cameron hat diese Jahr mit seiner ganzen Familie Merkel und ihren Ehemann auf Schloss Merseburg in der Nähe Berlins besucht. "Die beiden brauchen einander", so Kileinger. "Merkel will Großbritannien nicht ziehen lassen."