Lässt sich das Grauen des Holocaust malen? Mit seinem vierteiligen Gemälde "Birkenau" spaltet Gerhard Richter die Kunstwelt. Eine Ausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden ordnet es kunsthistorisch ein.
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Gerhard Richter-Ausstellung in Baden-Baden: "Birkenau"-Zyklus im Museum Frieder Burda
Gerhard Richters monumentales Werk "Birkenau" steht im Mittelpunkt einer Ausstellung in Baden-Baden. Es macht den Holocaust zum Thema und ist jetzt Teil einer Schau über abstrakte Kunst.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Burgi
Birkenau - Kein Blick auf die Nazi-Gräuel
Richters Bilderzyklus "Birkenau" - das sind riesige Farbtafeln, durchzogen von tiefgrauen Schlieren und ergänzt durch Dreingaben in Grün und Rot. Als Ausgangspunkt dienten Richter Fotodokumente eines ehemaligen KZ-Häftlings. Auf sie setzte er seine Farbschichten. Somit verwehrt Richter den Blick auf die Gräuel des Holocaust.
Bild: Gerhard Richter, 2016
Gerhard Richters Bilder-Atlas
Fotografien von Opfern des Holocaust und des Naziterrors finden sich an mehreren Stellen in Gerhard Richters "Atlas". So nennt der in Köln lebende Künstler ein riesiges Konvulut von Fotos, Zeitungsausschnitten und Skizzen, die er seit 1962 bis heute zusammengetragen hat.
Bild: Gerhard Richter 2013
Ausschnitt aus dem Atlas
"Ausschnitt" hat Gerhard Richter dieses Ölbild von 1971 betitelt. Es basiert auf einem Gemälde aus seinem berühmten "Atlas". Auch der "Ausschnitt" ist in der Ausstellung des Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu sehen.
Bild: Gerhard Richter, 2015
Abstraktes Statement : "Sechs Gelb"
Abstrakt ist auch Richters Gemälde "Sechs Gelb". Es rankt sich - zusammen mit den Bildern anderer zeitgenössischer Maler - um das Monumentalwerk "Birkenau", in dem der Künstler den Holocaust, die Auslöschung der Juden im Dritten Reich, aufgreift.
Bild: Gerhard Richter, 2016
Das Nichtdarstellbare abbilden
Willem de Kooning war einer der wichtigsten Maler des abstrakten Expressionismus in den USA. Gefühl und die Spontanität waren den Vertretern dieser Kunstrichtung wichtiger als Perfektion, Vernunft und Reglementierung. Seine Werke sind ebenfalls in Baden-Baden zu sehen. Wie Gerhard Richter konnte de Kooning mithilfe der Abstaktion das Nichtdarstellbare abbilden.
Bild: VG Bild-Kunst Bonn 2015
Malerfürst wider Willen
Gerhard Richter ist einer der international bedeutendsten Künstler - und mit Abstand der teuerste deutsche Maler. Dass seine Werke regelmäßig Rekordpreise erzielen, quittiert der 83-jährige gebürtige Dresdner regelmäßig mit Kopfschütteln. Es ist für ihn vor allem ein Beleg dafür, wie "irrsinnig" sich der Kunstmarkt entwickelt hat.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt
Das private Sammlermuseum
Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden ist ein privates Sammlermuseum und grenzt an die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden. Das Museum entstand nach Plänen des Architekten Richard Meier und zeigt neben Klassischer Moderne und zeitgenössischer Kunst aus der Sammlung des Verlegers Frieder Burda regelmäßig auch Sonderausstellungen. "Gerhard Richter. Birkenau" ist dort bis Ende Mai zu sehen.
Bild: Gerhard Richter, 2016
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Gerhard Richters ungegenständliches vierteiliges Monumentalwerk entstand nach Fotografien eines jüdischen Häftlings im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im August 1944. Der Künstler malte die großformatigen Bilder vor zwei Jahren. Erstmals waren sie im Dresdner Albertinum zu sehen, firmierten da jedoch noch als "Abstrakte Bilder". Zum Ausstellungsauftakt reiste der deutsche Malerstar nun höchstpersönlich nach Baden-Baden.
Die Kontroverse um seine Bilder hat nicht nur ihn überrascht. Der Vorwurf: Er würde den Holocaust illustrieren und dem Grauen damit eine künstlerische Form verleihen. Stimmt diese Vermutung? Zu sehen sind riesige Farbtafeln, durchzogen von tiefgrauen Schlieren, die er durch grüne und rote Farbinseln unterbricht. Richter hat sie - in der für ihn typischen Weise - grob verwischt. Fotodokumente des ehemaligen KZ-Häftlings bildeten lediglich den Ausgangspunkt, die erste Schicht seiner Malerei. Ihr folgten viele weitere Malvorgänge. Richter verwehrt somit den Blick auf die Gräuel. Mehr noch: er verweigert die Deutung.
Geht die Debatte weiter?
Die Baden-Badener Ausstellung könnte die Debatte weiter anheizen. Sie zeigt Richters Werk zusammen mit Arbeiten anderer bekannter Künstler, darunter abstrakte Meisterwerke Sol LeWitt, Blinky Palermo, Imi Knoebel oder Sigmar Polke. Bilder Andy Warhols und der abstrakten Expressionisten Clyfford Still, Adolph Gottlieb und Willem de Kooning führen vor, wie zeitgenössische Künstler mithilfe der Abstraktion versuchten, Bilder für das Unbeschreibbare zu finden.