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Politik

Sami A. soll nach Deutschland zurück

14. Juli 2018

Die Abschiebung des mutmaßlichen Islamisten Sami A. soll nach einer Gerichtsentscheidung rückgängig gemacht werden. Der 42-Jährige war nach Tunesien ausgeflogen worden - trotz eines Abschiebeverbots.

Screenshot | Sami A. - mutmaßlicher Leibwächter Osama bin Ladens
Bild: Youtube/spiegeltv

Die Abschiebung von Sami A. stelle sich als "grob rechtswidrig dar und verletzt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien", teilte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit. Der nach Tunesien abgeschobene mutmaßliche frühere Leibwächter von Osama Bin Laden müsse deswegen zurück nach Deutschland geholt werden, beschloss die zuständige Kammer des Gerichts.

Die für den Aufenthaltsstatus des mutmaßlichen Islamisten zuständige Ausländerbehörde in Bochum hat angekündigt, ebenso wie das Flüchtlingsministerium Nordrhein-Westfalen Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss einzulegen. 

Offen ist allerdings, ob Tunesien seinen Staatsbürger überhaupt nach Deutschland zurückschicken würde. Aus tunesischen Regierungskreisen heißt es laut "Bild"-Zeitung, aufgrund der Vorwürfe sei es kaum vorstellbar, dass Sami A. einfach nach Deutschland zurück könne.

Nacht-und-Nebel-Aktion

Der 42-jährige Tunesier war in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von den Behörden in Nordrhein-Westfalen in einer Charter-Maschine am frühen Freitagmorgen in seine Heimat geflogen worden. Nach der Landung in Tunesien wurde er den dortigen Behörden übergeben. Das Bundesinnenministerium bestätigte die Abschiebung von Sami A..

Abschiebeflug trotz Abschiebeverbot (Symbolbild)Bild: Imago/J.Tack

Der Fall wirft Fragen auf: Erst am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass Sami A. vorerst nicht abgeschoben werden darf. Es liege keine diplomatisch verbindliche Zusicherung der tunesischen Regierung vor, dass dem Tunesier im Falle der Rückkehr keine Folter drohe, teilte das Verwaltungsgericht mit. Deswegen hatte die für das Asylrecht zuständige Kammer des Gerichts die Abschiebung untersagt.

Flüchtlingministerium beruft sich auf Abschiebungsandrohung

Das Gericht informierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach eigenen Angaben am Freitagmorgen über das Abschiebeverbot. Das Schreiben mit der Entscheidung vom Donnerstagabend sei um 8.27 Uhr an das BAMF gefaxt worden, sagte ein Gerichtssprecher. Er verwies außerdem auf Stellungnahmen des BAMF, die bislang den Eindruck erweckt hätten, dass man Sami A. keinesfalls vor einer Gerichtsentscheidung abschieben werde.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nennt die Ausweisung von Sami A. "grob rechtswidrig"Bild: picture-alliance/dpa/M. Kusch

Das NRW-Flüchtlingsministerium berief sich bei der Abschiebung auf eine Entscheidung einer anderen Kammer des Gerichts vom Mittwoch. Darin sei die Abschiebungsandrohung des Ausländeramts der Stadt Bochum für rechtmäßig erachtet worden. Auf Grundlage dieses Beschlusses sei die Rückführung nach Tunesien durchgeführt worden. Diese Abschiebungsandrohung war offenbar aber nur ein formalrechtlicher Schritt innerhalb des Abschiebeverfahrens. Laut dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dient eine Androhung allein dazu, eine mögliche Abschiebung rechtlich vorzubereiten. 

Jahrelanger juristischer Streit um die Abschiebung von Sami A.

Sami A. lebte seit Jahren mit Frau und Kindern in Bochum. Er war 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. Im Jahr 2000 soll er eine militärische Ausbildung in einem Lager der Al-Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweise zur Leibgarde von Osama bin Laden gehört haben. Bin Laden ist der Gründer des Terrornetzwerks Al-Kaida. Er wurde 2011 in Pakistan von einem US-Kommando getötet. Anschließend soll sich Sami A. in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben. Der Tunesier hat diese Vorwürfe stets bestritten.

Osama bin Laden - hat Sami A. ihm gedient? (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/

Die deutschen Behörden stufen ihn als sogenannten Gefährder ein. Die Bundesanwaltschaft hatte laut Gericht ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, aber mangels hinreichenden Tatverdachts wieder eingestellt. Abgeschoben werden sollte der Tunesier seit 2014. Damals hatte das BAMF das Abschiebeverbot erstmals aufgehoben. Dagegen wehrte sich Sami A. bislang erfolgreich vor Gericht. Im Juni 2018 hob das BAMF erneut das Abschiebeverbot auf. Sami A. wurde darauf festgenommen und kam in ein Abschiebegefängnis. Dagegen setzte er sich zuletzt mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht zur Wehr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den Fall Sami A. Ende Juni in ihrer Regierungserklärung aufgegriffen und dabei Versäumnisse der Behörden im Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern angeprangert.

cw/nob/jj (afp, dpa, rtr)