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Politik

Prozess gegen Kurdenpolitiker Demirtas

7. Dezember 2017

Er ist eine der prominentesten Figuren der Opposition und hat sich dafür permanente Verfolgung durch die türkische Justiz eingehandelt: Selahattin Demirtas, dem Chef der pro-kurdischen HDP, drohen 142 Jahre Haft.

Türkei Selhattin Demirtas HDP Voritzender bei einer Demo in Diyarbakir
Charismatischer Redner: Selahattin Demirtas bei einer Kundgebung in Diyarbakir Bild: Getty Images/AFP/I. Akengin

Mehr als ein Jahr nach seiner Inhaftierung hat in Ankara der Prozess gegen den Vorsitzenden der pro-kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas, begonnen. Dem charismatischen Oppositionspolitiker, einst gefeiert als potentieller Erneuerer der politischen Landschaft in der Türkei, wird "Terrorismus" vorgeworfen, konkret "Propaganda" und "Mitgliedschaft" in der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK. Demirtas drohen bis zu 142 Jahre Gefängnis.

Seine Partei, die "Demokratische Partei der Völker" (HDP) und Bürgerrechtsorganisationen sprechen von einem politischen Prozess, mit dem Staatschef Recep Tayyip Erdogan einen unliebsamen Widersacher zum Schweigen bringen wolle.    

Die Staatsmacht geht immer wieder massiv gegen Unterstützer der pro-kurdischen HDP vorBild: Getty Images

Wie so oft zuvor weigerte sich Demirtas auch am Donnerstag, sich von der Untersuchungshaft im westtürkischen Edirne per Video zu der Verhandlung in Ankara zuschalten zu lassen, wie HDP-Sprecher Ayhan Bilgen der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Der Kurdenführer habe stattdessen erfolglos beantragt, persönlich vor Gericht erscheinen zu dürfen. Der Staatsanwalt habe zum Prozessauftakt eine Fortsetzung der Untersuchungshaft verlangt.

Protestkundgebungen vor dem Gericht

Vor dem Gerichtsgebäude in Sincan protestierten hunderte Anhänger gegen das Verfahren. Sie riefen Slogans, stimmten kurdische Lieder an, tanzten im Kreis und zündeten ein Feuer an, um sich zu wärmen. Der HPD-Abgeordnete Ziya Pir sagte der dpa, Busse mit Unterstützern von Demirtas  aus vielen Teilen des Landes seien auf dem Weg nach Ankara gestoppt worden. Die Polizei habe die Menschen stundenlang warten lassen und dann zurückgeschickt. Vor dem Prozess untersagte das Gouverneursamt Solidaritätskundgebungen und Demonstrationen "im öffentlichen Raum in ganz Ankara". Die Behörde begründete das bis Freitag geltende Verbot damit, dass Versammlungen zum Ziel von Terrororganisationen werden könnten.

Verlängerter Arm der PKK?

Die Anklageschrift gegen den HDP-Chef umfasst mehr als 600 Seiten. Im Detail werden Demirtas Gründung und Führung einer Terrororganisation, Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen. Die HDP - die zweitgrößte Oppositionspartei in der Türkei - kritisiert, die meisten Vorwürfe bezögen sich auf Kritik an der Regierung, die bei politischen Ansprachen geäußert wurden.

Terrorvorwürfe gegen Demirtas: Gespräch mit Nalan Sipar

03:31

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Demirtas war bis zu seiner Inhaftierung einer der schärfsten Kontrahenten Erdogans und leistete erbitterten Widerstand gegen dessen Präsidialsystem. Bei der Parlamentswahl im Juni 2015 hatte er mit seiner Partei 13 Prozent erreicht und Erdogans islamisch-konservative AKP um die absolute Mehrheit gebracht. Erdogan und die AKP werfen der HDP vor, der verlängerte Arm der verbotenen PKK zu sein. Die HDP bestreitet dies und betont, sie setze sich für eine friedliche Lösung des Kurden-Konflikts ein.

Demirtas war am 4. November 2016 zusammen mit seiner Co-Vorsitzenden Figen Yüksekdag und zehn weiteren HDP-Abgeordneten festgenommen worden. Während der Prozess gegen Yüksekdag im Juli begann, musste Demirtas wegen eines Streits innerhalb der Justiz mehr ein Jahr warten, bevor das Verfahren gegen ihn eröffnet wurde.

Internationale Solidarität

Auch international stößt die anhaltende Inhaftierung von Demirtas auf scharfe Kritik. Vor dem Prozessauftakt forderte eine Gruppe prominenter Intellektueller, Künstler und Politiker seine Freilassung. Den Appell unterstützten zum Beispiel Elfriede Jelinek und Noam Chomsky. Die "systematische Verfolgung" der HDP sei ein "Angriff auf die demokratische Pluralität der Türkei", hieß es in ihrer Erklärung.

SC/cr (afp, APE, dpa) 

 

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