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Alles oder nichts in Syrien

Kersten Knipp22. Mai 2013

Unter Führung Russlands und der USA laufen die Vorbereitungen für eine weitere Syrien-Konferenz. Doch die Erwartungen an das Treffen sind niedrig. Auch weil sich die militärische Lage im Land offenbar dramatisch ändert.

Passanten in einer Straße in in Deir al-Zor, 18.5. 2013. (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters

Elf Außenminister treffen heute in der jordanischen Hauptstadt Amman zusammen, um nach Auswegen aus der Syrien-Krise zu suchen. Im Zentrum des Treffens steht die geplante Friedenskonferenz in Genf, auf die sich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergei Lawrov bei ihrem Treffen Anfang Mai (08.05. 2013) in der vergangenen Woche verständigt hatten.

Ob die Konferenz tatsächlich stattfindet ist zweifelhaft. Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte die Initiative in einem Interview mit argentinischen Journalisten am vergangenen Wochenende (18.05.2013) zwar grundsätzlich begrüßt und seine Unterstützung zugesagt, zugleich aber auch Vorbehalte geäußert. "Was die ernsthafte Absicht einiger westlicher Regierungen zur Suche einer realistischen politischen Lösung angeht, bleiben wir skeptisch", erklärte Assad in dem auch von der offiziellen syrischen Nachrichtenagentur SANA veröffentlichten Interview.

Überzeugungsarbeit haben die Außenminister aber auch gegenüber der syrischen Opposition zu leisten. Deren wichtigster Dachverband, die "Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte", setzt der Konferenz ebenfalls Grenzen. "Die Nationale Koalition hat in Paragraph 5 ihrer Verfassung vom November 2012 festgehalten, dass Verhandlungen oder ein Dialog mit dem Regime nicht möglich sind", erklärt deren Sprecher Hisham Marwah im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Jede Änderung setzt einen entsprechenden Beschluss voraus." Allerdings wolle man dieser Tage über weitere Schritte beraten, sagt Marwah.

Assad-Truppen nach der Einnahme der Rebellenhochburg QusayrBild: JOSEPH EID/AFP/Getty Images

Dramatische Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis

Eine wesentliche Frage für die in Amman versammelten Außenminister ist neben der grundsätzlichen Aufgabe, die beteiligten Konfliktparteien zur Teilnahme an einer Friedenskonferenz zu bewegen, die Frage nach dem Termin der Konferenz. Denn genau der könnte für deren Verlauf und Ausgang entscheidend sein.

Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner Online-Ausgabe meldet, ist der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) zu einer grundlegenden Neueinschätzung des militärischen Kräfteverhältnisses in Syrien gekommen. Demnach kann die Armee Assads so stabil wie seit Langem nicht mehr agieren. Sie soll die Rebellen aus Teilen der Hauptstadt Damsakus vertrieben und deren Versorgungsrouten nach Süden abgeschnitten haben. Derzeit würden auch die Linien nach Westen gekappt. Zudem habe das Militär des Regimes das Kerngebiet seiner Macht zwischen Damaskus und Homs wieder gesichert.

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Appell der syrischen Opposition

Treffen diese Einschätzungen zu, dürfte das Regime Assads wenig Interesse daran haben, die Konferenz möglichst zeitnah stattfinden zu lassen. Das glaubt auch Hisham Marwah, der Sprecher der Nationalen Koalition: "Die Gewalt wird so lange weitergehen, bis das Regime annimmt, dass es aus einer guten Verhandlungsposition heraus in die Konferenz gehen kann."

Umso stärker appelliert Marwah an Europa und die Vereinigten Staaten. Man müsse politischen Druck auf Russland und China ausüben und beide Staaten von ihrer Unterstützung des Assad-Regimes abbringen. "Außerdem brauchen wir Waffen. Denn was wir derzeit erleben, ist ein Angriff gegen die syrische Bevölkerung."

Warnung vor hohen Erwartungen

Angesichts der Entschlossenheit, mit der die Kriegsparteien in Syrien vorgehen, warnt Joachim Hörster, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, vor allzu hohen Erwartungen an die geplante Konferenz. Allein deren Zustandekommen wäre schon ein großer Erfolg, so Hörster gegenüber der DW. Es sei aber unwahrscheinlich, dass es zu einer politischen Lösung käme, da bislang beide Seiten Positionen vertreten hätten, die sich einander nicht annähern ließen. Hörster empfiehlt eine Politik der kleinen Schritte: "Es muss zunächst darum gehen, die beiden Parteien in eine Lage zu bringen, die es erlaubt, humanitäre Hilfeleistungen für die Bevölkerung zu leisten. Das ist das Dringendste überhaupt."

In Verteidigungsstellung: Kämpfer der Freien Syrischen Armee.Bild: Reuters

Sollte es zu einer Konferenz kommen, sei es wichtig, den syrischen Konflikt nicht mit weiteren zentralen Konflikten der Region, wie beispielsweise dem iranischen Atomprogramm, zu verbinden. "Wenn ich den Wunsch nach humanitärer Hilfe gleichzeitig noch mit der Lösung der atomaren Frage befrachte, dann kann man von vornherein die Verhandlungen einstellen, dann wird es zu keinem Ergebnis kommen. Darum muss man beides voneinander trennen. "

Mit dem Rücken zur Wand

Die Gemengelage in der Region ist komplex, viele Interessen stehen auf dem Spiel. Regionale und internationale Mächte fürchten um ihre Vorherrschaft. Es sei dieser Umstand, schreibt die panarabische Zeitung "Al Hayat", der die Lösung des Konflikts so schwierig mache. "Bei den meisten der in die Krise verwickelten Parteien ist Angst der größte Faktor, von Amerika über die Türkei bis zu den Golfstaaten. Und es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass die bedrohten Parteien, also das syrische Regime und Hisbollah, am wenigsten Angst haben. Denn bei ihnen geht es um Leben und Tod. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand."

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