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Widerstand gegen Trump: US-Demokraten fliehen aus Texas

5. August 2025

In Texas regt sich Widerstand gegen die Politik von Donald Trump. Demokratische Abgeordnete haben den Staat verlassen, um eine Abstimmung im texanischen Parlament zu verhindern. Im Zentrum des Streits: Wahlkreisgrenzen.

Demokratische Abgeordnete und der Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, stehen in einem Raum umringt von Journalisten, Kameras und Mikrofonen
Ein Großteil der demokratischen Abgeordneten, die Texas verlassen haben, hält sich in Chicago auf, wo ihnen viel Medienaufmerksamkeit zuteil wird.Bild: Mark Black/AP Photo/picture alliance

Seit sechseinhalb Monaten amtiert der Republikaner Donald Trump jetzt als US-Präsident. Seitdem hält er die Weltwirtschaft mit immer neuen Strafzöllen auf Trab, rüttelt an den Grundfesten der Demokratie, schränkt die Rechte der LGBTQ+ Gemeinde in den USA erheblich ein und verschärft die Einwanderungspolitik.

Von einem Widerstand gegen Trump und die Politik seiner Republikaner hat man bisher nur einige wenige Male gehört. Dazu muss es schon spektakulär werden, wie beim No Kings Day am 14. Juni 2025, als Millionen von Menschen im ganzen Land dagegen protestierten, dass Trump wie ein allmächtiger Monarch und nicht wie ein demokratisch gewählter Präsident handele.

Im Juni gingen Menschen in ganz Amerika bei "No Kings" Märschen auf die Straße. Bild: Yuki Iwamura/AP/dpa/picture alliance

Jetzt ist im US-Bundesstaat Texas die Oppositionspartei der Demokraten aktiv geworden. Mehr als 50 demokratische Abgeordnete im texanischen House of Representatives, der unteren Parlamentskammer des Bundesstaates, haben Texas am Sonntag verlassen, um eine Abstimmung zu verhindern.

Das Repräsentantenhaus in Texas' Hauptstadt Austin kann nur dann über Gesetzesentwürfe entscheiden, wenn eine zwei-Drittel Mehrheit der Abgeordneten anwesend ist. Insgesamt gibt es 150 Sitze, 62 davon halten Demokraten und mindestens 51 von ihnen haben den Staat laut Medienberichten verlassen. Die Folge: Kein Quorum, keine Abstimmung.

Worüber soll in Texas abgestimmt werden?

Im Mittelpunkt des Streits steht ein Thema, das in der US-Politik immer wieder Wellen schlägt: Die Einteilung der Wahlkreise. Präsident Trump möchte, dass Texas seine Wahlkreisgrenzen neu zieht, und zwar noch vor den Zwischenwahlen im November 2026.

Bei den sogenannten "Midterms" werden unter anderem alle Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses gewählt. Aktuell haben die Republikaner in den USA viel Macht, weil sie nicht nur den Präsidenten stellen, sondern auch die Mehrheit in beiden Kongresskammern haben, also im Repräsentantenhaus und im Senat. Hier wird unter anderem über Gesetze und die Besetzung wichtiger politischer Posten entschieden.

Während jeder Bundesstaat zwei Senatoren stellt, ist die Sache im Repräsentantenhaus komplizierter. Hier hat jeder Bundesstaat unterschiedlich viele Abgeordnete, je nach Größe der Bevölkerung. Texas hat am zweitmeisten: 38 Abgeordnete, also auch 38 Wahlkreise.

In jedem dieser Wahlkreise gilt das Mehrheitswahlrecht. Wenn sich 51 Prozent der Wähler für Kandidat A entscheiden und 49 Prozent für Kandidat B, wird Kandidat A seinen Wahlkreis im Repräsentantenhaus in Washington vertreten.

Das wäre auch beim Verhältniswahlrecht so, wie es beispielsweise in Deutschland gilt. Der Unterschied beim Mehrheitswahlrecht ist jedoch: Die Minderheit geht komplett leer aus, die Stimmen von immerhin 49 Prozent der Wähler, wie in diesem Beispiel, bleiben unberücksichtigt.

Aktuell sind 25 der 38 texanischen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus Republikaner. Trump und seine Partei möchten, dass diese Mehrheit erhalten bleibt oder sogar noch wächst. Dabei helfen soll eine Neueinteilung der Wahlkreise zugunsten der Republikaner - das sogenannte "Gerrymandering".  

Was genau ist "Gerrymandering"?

Der Begriff kommt aus dem Jahr 1812, als der Gouverneur von Massachusetts, Elbridge Gerry, neue Wahlkreislinien anordnete. Einer der neu entstandenen Wahlkreise sah für einige Beobachter aus wie ein Salamander - oder ein "Gerry-mander", wie eine Zeitung damals schrieb.

Durch Ziehung von Wahlkreisgrenzen kann man beeinflussen, ob mehr Menschen in einem Wahlkreis leben, die wahrscheinlich Republikaner wählen (konservative, eher weiße Amerikanerinnen und Amerikaner mit einem niedrigeren Schulabschluss), oder solche, die vermutlich Demokraten wählen (progressive, häufig schwarze Wählende mit Universitätsabschluss) und von welchen Wahlkreisen es mehr gibt. Unsere Grafik zeigt, wie sich eine Partei mit diesem Prozess einen unverhältnismäßigen Vorteil verschaffen kann.

Ist "Gerrymandering" legal?

Da Texas eine republikanische Mehrheit im Parlament sowie mit Greg Abbott einen republikanischen Gouverneur hat, gilt es als sicher, dass die Neustrukturierung der Wahlkreise nach Trumps Wünschen verabschiedet werden würde, wenn denn abgestimmt werden kann.

"Gerrymandering" ist nicht illegal, sondern Teil der politischen Praxis in den USA. Erst 2019 entschied der Oberste Gerichtshof, dass Bundesgerichte nicht entscheiden könnten, ob die Wahlkreiseinteilung eines Bundesstaates gerecht für beide Parteien sei oder nicht. Auch die Gerichte in einigen Bundesstaaten haben festgelegt, dass sie über diese parteipolitische Frage nicht entscheiden können.

Der texanische Gouverneur Abbott würde die verschwundenen Demokraten am liebsten verhaften lassenBild: Bob Daemmrich/ZUMA/IMAGO

So liegt die Ziehung der Wahlkreisgrenzen entweder bei der Regierung eines Bundesstaates, wie in Texas. Oder bei einer extra dafür einberufenen Kommission, wie in Kalifornien oder Michigan. In einigen Bundesstaaten entscheiden tatsächlich die Gerichte über die Wahlkreiseinteilung. Und sechs Bundesstaaten haben eine so kleine Bevölkerung, dass sie nur einen einzigen Abgeordneten oder eine Abgeordnete fürs US-Repräsentantenhaus wählen - kein Stress mit den Wahlkreisgrenzen.

Wie geht es weiter in Texas?

Gouverneur Abbott sagte, die geflohenen Demokraten hätten das Recht auf ihre Sitze in Texas' Repräsentantenhaus verwirkt, "weil sie nicht den Job machen, für den sie gewählt wurden". Das Verhalten der Abgeordneten sei "untexanisch", so der Gouverneur in einem Interview mit dem TV-Sender Fox News. "Texaner laufen nicht vor einem Kampf davon."

Ob der Gouverneur tatsächlich Abgeordnete ihres Amtes entheben kann, ist rechtlich nicht eindeutig geklärt. Der Verstoß gegen die Regeln der Legislative könnte aber mit Geldstrafen geahndet werden. Außerdem kann Abbott unbegrenzt Sondersitzungen des texanischen Parlaments berufen. Wann auch immer die demokratischen Abgeordneten zurückkehren, kann also doch noch abgestimmt werden.

Abbott hat außerdem die Polizeibehörde seines Bundesstaates damit beauftragt, die Demokraten ausfindig zu machen und festzunehmen. Doch die Beamten haben außerhalb von Texas keinerlei Autorität - und die meisten der geflohenen Abgeordneten halten sich in demokratischen Hochburgen wie Chicago, New York und Boston auf. Eine Lösung des Patts scheint es so bald nicht zu geben.

Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker