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Gesamtüberblick fehlt noch immer

5. Januar 2005

Einen Tag vor der UN-Geberkonferenz laufen die Hilfsaktionen für die Flut-Gebiete unterschiedlich gut. Teilweise ist die Situation aber noch immer unübersehbar. Neue Schätzungen gehen von insgesamt 200.000 Toten aus.

Warteschlangen für Nahrung in AcehBild: AP

Indonesien

Nach Angaben der indonesischen Regierung vom Mittwoch (5.1.2005) kamen in dem am schwersten betroffenen Land bisher 94.200 Menschen ums Leben. Helfer befürchteten ein weiteres Ansteigen der Opferzahlen an der Westküste der Provinz Aceh. Dort habe möglicherweise weniger als die Hälfte der rund 50.000 Einwohner überlebt. In der verwüsteten Provinzhauptstadt Banda Aceh starben nach vorläufigen Zahlen rund ein Drittel der 90.000 Einwohner.

Die Westküste der indonesischen Insel ist weit schlimmer getroffen worden, als bislang befürchtet. Die Opferzahl könnte um mehrere zehntausend steigen, sagte UN-Koordinator Jan Egeland in New York. Egeland zufolge ist die Westküste Sumatras trotz der allgemeinen Fortschritte bei der Katastrophenhilfe noch immer von jeder Unterstützung abgeschnitten. Er wisse nicht einmal, ob dort zehntausende oder hunderttausende Überlebenden ausharrten. Viele Dörfer dort seien ausgelöscht.

Internationale Helfer erreichten inzwischen auch abgelegenere Gebiete. Vom Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" vor Sumatra werden Betroffene mit Hilfsgütern aus Militärhubschraubern versorgt. Das deutsche Lazarettschiff "Berlin" ist auf dem Weg nach Sumatra. Auch Indien entsandte ein Lazarettschiff und ein weiteres Kriegsschiff mit Hilfsgütern nach Sumatra.

Indien

In Indien laufen die Hilfslieferungen anscheinend überraschend gut. Allerdings: In einigen Gebieten Südindiens liegen entlang der Straßen Mengen an gekochtem Essen, das vor sich hingammelt und von Ziegen gefressen wird, sowie Haufen abgetragener Jeans und anderer Kleidungsstücke, die Menschen aus dem ganzen Land spontan gespendet haben. Dringend benötigt wird jedoch Schuhwerk - nicht zuletzt wegen der unzähligen Leichen, die überall in der Gegend begraben und verbrannt werden. Fischer sind vor allem darauf angewiesen, dass sie ihre beschädigten Boote reparieren können und neue Fangnetze bekommen, da ihnen sonst die Lebensgrundlage fehlt.

Mit Waisenkindern lässt sich rasch Geld verdienen. Dessen werden sich nach der Flutkatastrophe am Indischen Ozean allmählich Hunderttausende bewusst. Die Kleinen, die ihre Eltern verloren haben, müssen nun in vielen Fällen darunter leiden: Hilfsorganisationen befürchten zudem, dass Verwandte von Waisenkindern mehr an den Zuschüssen der Regierung für die Waisenkinder interessiert sind und die Kleinen verstoßen, sobald sie das Geld haben, wie die indische Zeitung "Hindustan Times" meldete. Zudem gebe es Berichte, wonach sich Fremde als Verwandte ausgaben, um an das Geld zu kommen.

In Indien wird mit etwa 15.000 Toten gerechnet.

Thailand

Die USA und Thailand wollen beim Aufbau eines Tsunami-Frühwarnsystems zusammenarbeiten. Fachleute werden Möglichkeiten prüfen, bereits existierende Warnsysteme für Taifune entsprechend zu erweitern, sagte US-Außenminister Colin Powell zum Auftakt seiner Reise durch das Katastrophengebiet am Dienstag (4.1.05) in Bangkok. Amerikanische Experten könnten darüber hinaus helfen, die Schäden durch die Flutkatastrophe zu beheben.

Europas größter Reisekonzern TUI wird bereits ab Februar wieder Urlauber auf die thailändische Ferieninsel Phuket bringen. Es steht noch die Hälfte der Hotelkapazitäten zur Verfügung.

Ostafrika

In Somalia warteten 50.000 Opfer noch vergeblich auf Hilfe. Zwar habe man Hilfszusagen aus über 20 Staaten erhalten, angekommen sei aber noch nichts, sagte ein Sprecher des somalischen Präsidenten. Man benötige dringend Lebensmittel, frisches Wasser, Unterkünfte und Medikamente. In Afrika sind insegesamt 137 Tote zu beklagen.

Malediven

Die Malediven werden bereits wieder angeflogen, sagte TUI-Sprecher Mario Köpers in Hannover. Die Reisenden würden derzeit in Gebiete umgeleitet, die nicht von dem verheerenden Seebeben betroffen seien. Auf den mit 74 Toten vergleichsweise wenig in Mitleidenschaft gezogenen Malediven seien 85 Prozent der Hotels intakt, sagte Köpers.

Birma

Birmanische Exilgruppen und Hilfsorganisationen stellen nach der Flutkatastrophe in Asien die offizielle Opferbilanz der Militärregierung in Rangun in Frage. Diese hat die Zahl der Toten auf 59 beziffert, in anderen Quellen ist von mehreren hundert Toten die Rede. Möglicherweise seien die Inseln vor dem Festland ähnlich schwer betroffen wie die weiter westlich gelegenen Andamanen und Nikobaren, die zu Indien gehören. Rotkreuz-Mitarbeiter haben sich mit Booten auf den Weg zu den Inseln gemacht, um die Situation dort zu erkunden. Ein Sprecher der Dissidenten-Dachorganisation Nationale Koalitionsregierung für die Einheit von Birma sagte, die Zahl der Toten in Birma liege Schätzungen zufolge bei 400 bis 600. Die Militärregierung habe Soldaten in die betroffenen Gebiete entsandt und verbiete den Menschen, über das Ausmaß des Schadens zu sprechen.

Sri Lanka

In Sri Lanka wird mit über 30.000 Toten gerechnet. Es trafen die ersten US-Soldaten zur Katastrophenhilfe ein. Noch sei unklar, wann Truppen in der besonders schwer betroffenen Stadt Galle im Südwesten Sri Lankas landen würden. Die USA wollen eine Vorhut von 200 Marines nach Galle schicken, letztendlich sollen 1500 Soldaten und ein Hubschrauber-Träger mit 20 Helikoptern nach Sri Lanka kommen. Nach Angaben der Hafenmeisterei in Galle erkundigten sich die Soldaten zunächst nach dem Zustand des noch geschlossenen Hafens. Im Bezirk Galle hat die Flutwelle bis zu zwei Kilometer landeinwärts Zerstörung angerichtet.

Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) meldete, das die nach Sri Lanka vermittelte Lebensmittel reichten aus, um über 200.000 Menschen 15 Tage lang zu ernähren. Man hoffe, dass die Nahrungsmittelhilfe bis zum Wochenende auf über 750.000 Menschen ausgedehnt werden könne.

In der Katastrophenregion im Osten Sri Lankas befürchten die Ärzte nicht mehr nur den Ausbruch von Seuchen, sondern auch den Anstieg chronischer Krankheiten. In den vergangenen Tagen sei die Zahl der Patienten mit Symptomen chronischer Erkrankungen wie Depressionen, Bluthochdruck und Diabetes drastisch angestiegen. Dagegen gibt es bisher keine Seuchen. Es häuften sich jedoch Fälle von Durchfall, Fieber und Atemwegserkrankungen, nicht zuletzt wegen des Regens. (sams)

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