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Musterklage stärkt Verbraucherrechte

9. Mai 2018

Das Bundeskabinett hat das Gesetz für eine Musterfeststellungsklage auf den Weg gebracht. Mit ihr sollen sich Verbraucher von Verbänden vor Gericht vertreten lassen können. Kaum verabschiedet, gibt es schon Kritik.

Deutschland Symbolbild Gesetzbücher
Bild: picture alliance/dpa/O. Berg

Bis zum Herbst sollen deutsche Verbraucher erstmals die Möglichkeit bekommen, gemeinsam vor Gericht gegen ein Unternehmen vorzugehen, indem sie sich durch Verbände dabei vertreten lassen. Voraussetzung für diese sogenannte Musterfeststellungklage (MFK) sind zehn Verbraucher, die den gleichen Schaden vom selben Urheber glaubhaft machen können.

Die Verbände müssen einige Voraussetzungen erfüllen. So müssen sie zum Beispiel mindestens 350 Mitglieder oder zehn Mitgliedsverbände haben und seit vier Jahren bestehen und dürfen nicht mehr als fünf Prozent ihrer Mittel von Unternehmen bekommen. Dies soll Missbrauch etwa durch neu gegründete Scheinverbände ausschließen.

Die Voraussetzungen für die MFK sind umstritten

Der Verband meldet dann die Klage an, beim Bundesamt für Justiz wird ein Klageregister eingerichtet. Nun startet eine Frist von zwei Monaten innerhalb der sich mindestens 50 Geschädigte in das Register eintragen müssen. Erst dann kann der Prozess vor einem Landgericht starten. Ein anderer Verband kann keine weitere Musterfeststellungsklage in derselben Sache mehr erheben. Auch für Verbraucher gilt: Wer sich einer MFK angeschlossen hat, kann nicht gleichzeitig in derselben Sache eigenständig klagen.

Doch die Voraussetzungen sind umstritten. Viele Verbände sowie auch die Grünen monieren die hohen Hürden für die Kläger. Die Grünen-Verbraucherexpertin Renate Künast kritisierte im "Handelsblatt", der Entwurf sei das "Ergebnis eines Deals". Die Grünen fordern stattdessen eine Gruppenklage, bei der Anwälte mehrere Betroffene organisieren und ein Gruppenmitglied dann Kläger wird.

Kritik aus Wirtschaft und Verbraucherverbänden

Auch mehrere Anlegerschützer-Organisationen kritisierten die hohen Anforderungen an die Klagebefugnis und warfen der Regierung vor, "Unternehmensinteressen vor Verbraucherinteressen" zu stellen.

Dem Handelsverband liegen die Hürden für die Musterfeststellungsklage hingegen nicht hoch genug. Sie reichten keinesfalls aus, um unseriöse Verbände von der Klagebefugnis auszuschließen, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem "Handelsblatt". Er forderte, die Klagebefugnis solle bei einer staatlichen Stelle liegen.

Die Dieselaffäre mahnt zur Eile

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte den Kabinettsbeschluss zur Musterfeststellungsklage als "Meilenstein für den Verbraucherschutz". Sorgen der Wirtschaft, in Deutschland könne es wie in den USA zu einer Art "Klageindustrie" kommen, wies vzbv-Chef Klaus Müller zurück. Anders als bei US-Sammelklagen gebe es in Deutschland "keine Klageanreize" durch Erfolgshonorare für Anwälte.

Bundesjustizministerin Katarina Barley vor der Kabinettssitzung in BerlinBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Dem Gesetzentwurf müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Laut Koalitionsvertrag soll das Gesetz spätestens zum 1. November in Kraft treten. Damit soll es rechtzeitig gelten, um eine Verjährung der Schadenersatzansprüche der Besitzer von VW-Dieselautos zu verhindern. Die Ansprüche vieler Kunden wegen der Abgasmanipulationen laufen zum Jahresende aus. Laut Justizministerin Katarina Barley gibt es laut Schätzungen, etwa zwei Millionen Dieselfahrer, die von der MFK profitieren könnten.

cw/sam (afp, dpa, epd, rtr)

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