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Gesetzlich und organisatorisch ist in Rumänien alles wunderbar, es gibt aber Probleme bei der Umsetzung der Minderheitenrechte

13. September 2002

– DW-Interview mit dem kroatischen Minderheitenvertreter im rumänischen Parlament

Köln, 12.9.2002, DW-radio / Kroatisch

Der kroatische Präsident Stjepan Mesic ist zu einem mehrtägigen Besuch nach Rumänien gereist. Zu seinem Gefolge gehören auch die Minister für Wirtschaft, Verkehr und europäische Integration sowie etwa 20 Wirtschafsvertreter. Am 13.9. ist ferner ein Treffen von Mesic und seinem rumänischen Kollegen Ion Iliescu mit Vertretern der kroatischen Minderheit in Rumänien geplant. Es ist nicht sehr bekannt, dass es in Rumänien eine Minderheit von etwa 7 000 Kroaten gibt, die zu einer sehr alten Diaspora gehören. Die Kroaten sind, wie die anderen Minderheiten in Rumänien auch, mit einem eigenen Abgeordneten im Parlament vertreten. Mit ihm, Mihail Radan, sprach Tatjana Mautner für DW-radio.

M. Radan:

Rumänien hat in den letzten Jahren bedeutende Veränderungen zu verzeichnen, zunächst wirtschaftliche, aber hauptsächlich auf politischem und gesellschaftlichem Gebiet. Nach dem Umsturz von 1989 hat Rumänien (...) große Schritte in Richtung Demokratisierung der Beziehungen unter seinen Bürgern erzielt. Von dieser Demokratisierung hat auch die kroatische Minderheit profitiert.

Frage:

Ein auffälliges Beispiel sind Sie selbst - Sie sind Abgeordneter der kroatischen Minderheit im rumänischen Parlament.

Antwort

: Was den Auftritt der Minderheiten betrifft, so ist Rumänien, glaube ich, einzigartig in Europa, wenn nicht in der Welt. Denn in Rumänien hat auch die kleinste Minderheit die Möglichkeit, im Parlament vertreten zu sein. Das ist durch die Verfassung garantiert und durch ein besonderes Wahlgesetz geregelt. Eine Minderheit kann auch mit fünf Prozent der durchschnittlich für einen Abgeordneten erforderlichen Zahl (von Wählern - MD) einen Platz im Parlament erhalten.

Frage:

Wieweit wird den Minderheiten in Rumänien die Pflege ihrer Kultur, ihrer nationalen Identität ermöglicht?

Antwort:

Die Minderheiten haben derzeit alle rechtlichen Möglichkeiten, sich kulturell und ethnisch darzustellen. Jede Minderheit hat ihre eigene Zeitung. Jede Minderheit, die dieses nationale Bewusstsein hat, kann Schulen in der Muttersprache organisieren. Die kroatische Minderheit hat ihr Blatt "Kroatisches Zweiglein", wir haben ein rumänisch-kroatisches Gymnasium in Karasevo (der Ort, in dem die meisten Kroaten leben - MD), wir haben Schulen mit Unterricht ausschließlich auf Kroatisch von der ersten bis zur vierten Klasse. So denke ich, dass die Minderheiten, was das angeht, große Möglichkeiten haben. Das bezieht sich nicht nur auf die kroatische Minderheit, sondern natürlich auf alle. Die kroatische Minderheit kann auf ihre Initiative und Kosten auch Folkloreschauen organisieren. Diese Möglichkeiten zu haben, bedeutet viel für eine Minderheit. Außerdem sind alle Minderheiten in Rumänien in einem sogenannten Rat der nationalen Minderheiten organisiert. Dort können sie - neben ihrem Auftritt im Parlament - an der Lösung vieler Probleme, die die Minderheiten betreffen, teilhaben. Denn dieser Rat ist ein die Regierung beratendes Gremium.

Frage:

Von dem ausgehend, was wir gehört haben, gibt es also kein Problem. Stimmt das so?

Antwort:

Es gibt immer Probleme. Es ist zwar alles organisatorisch und gesetzgeberisch wunderbar geregelt, aber es gibt Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Sie werden immer irgendwelche Hindernisse antreffen, lokale Vertreter werden immer verhindern wollen, dass Sie zu ihrem Recht kommen, aus den unterschiedlichsten Gründen. Aber das kann man überwinden, wenn man starke Vertreter hat, wenn Sie Menschen haben, die das Gesetz kennen und wenn Sie Menschen haben, die wissen, wo man seine Rechte suchen und durchsetzen kann.

Frage:

Wenn man Ihnen zuhört, stellt man fest, dass Sie, obwohl Sie weit weg von Kroatien leben, ein sehr schönes Kroatisch sprechen.

Antwort: Vielen Dank. Ich bin Lehrer und habe nicht ausschließlich Kroatisch studiert, sondern Serbo-Kroatisch. Den Abschluss habe ich 1963 an der Universität Bukarest gemacht. Dort gibt es diesen Lehrstuhl noch heute, sowohl für das Kroatische, als auch für das Serbische. Aber leider ist die kroatische Abteilung in diesem Jahr geschlossen worden. Man hat uns erklärt, dass das nur für dieses Jahre gelte und dass es ab nächstem Jahr wieder eingeführt werden soll. Wir arbeiten auch daran, dass an der Universität Temeswar eine kroatische Abteilung eröffnet wird, aber um diese Frage laufen die Dinge ein wenig zäher. Denn in Temeswar haben sich schon seit 1990, sagen wir es so, zuerst die Serben angemeldet, die an dieser Universität ihre Abteilung haben. Ich weiß nicht, ob sie es billigen werden, dass die Abteilung auch für Kroatisch zuständig ist. Die Serben behaupten, dass sie sowohl das Serbische als auch das Kroatische erforschen, aber in Wirklichkeit ist das jenes alte Serbo-Kroatisch, in dem die kroatische Kultur sehr untergeht. (md)