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Politik

Gespräche über Maaßen-Zukunft vertagt

13. September 2018

Ein Treffen der Koalitionsspitzen zur Causa Maaßen ging ergebnislos zu Ende. Derweil werden die Forderungen eines Rücktritts des Chefs des Bundesverfassungschutzes immer lauter.

Berlin Hans-Georg Maaßen nach dem Parlamentarischen Kontrollgremium
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Die Parteichefs der großen Koalition haben ihre Gespräche über die Zukunft des umstrittenen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen auf kommenden Dienstag vertagt. Es sei ein gutes, ernsthaftes Gespräch mit dem Ziel gewesen, als Koalition weiterzuarbeiten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Inhalte oder Vereinbarungen aus dem rund 90-minütigen Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit SPD-Chefin Andrea Nahles und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer wurden nicht bekannt. Stillschweigen soll vereinbart worden sein.

Rufe nach Amtsenthebung

Derweil forderte die FDP im Bundestag, dass Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen seinen Posten räumt. Maaßen sei gegenüber der AfD nicht neutral sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Konstantin Kuhle, in Berlin. "Und deswegen muss der Bundesminister des Innern, Horst Seehofer, Hans-Georg Maaßen sofort entlassen." Nach Maaßens Auftritt im Innenausschuss am Vorabend hatte er noch gesagt, Seehofer müsse selbst entscheiden, ob Maaßen noch haltbar sei.

Nun erklärte er, eine Entlassung solle nicht allein wegen Maaßens umstrittener Äußerungen zu den Ereignissen in Chemnitz geschehen, "sondern auf der Grundlage einer Gesamtschau der Ereignisse der letzten Wochen und Monate". Nun sei aber auch bekannt geworden, dass Maaßen vertrauliche Informationen an die AfD-Fraktion gegeben haben solle. "Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, Konsequenzen zu ziehen", sagte Kuhle.

Die SPD sieht nach der Rückendeckung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen indes Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Pflicht. "Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss", teilte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil über Twitter mit. "Merkel muss jetzt handeln."

Auch Grüne und Linke halten die Entlassung von Maaßen für geboten. Der 55-Jährige steht wegen seiner Äußerungen über fremdenfeindliche Ausschreitungen in Chemnitz in der Kritik. Der Verfassungsschutz-Chef hatte in einem "Bild"-Interview gesagt, er habe keine belastbaren Informationen über Hetzjagden in Chemnitz und auch die Authentizität eines Videos in Zweifel gezogen, das Angriffe auf Ausländer in Chemnitz zeigt. Am Mittwoch hatte er sich deswegen den Fragen des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) und des Innenausschusses des Bundestages stellen müssen. 

Nach massiver Kritik durch SPD und Opposition hatte sich Seehofer am heutigen Donnerstag im Bundestag erneut vor Maaßen gestellt. Dieser habe am Mittwoch in den Bundestagsgremien seine Handlungsweise "umfassend und aus meiner Sicht überzeugend dargelegt", sagte Seehofer. Auch habe er "überzeugend Position bezogen gegen den Rechtsradikalismus". Maaßen habe weiterhin sein Vertrauen.

Neue Vorwürfe: Maaßen soll Informationen an AfD weitergegeben haben

Fast zeitgleich wurde jedoch bekannt, dass Maaßen Informationen aus dem Verfassungsschutzbericht 2017 Wochen vor dessen Veröffentlichung an die AfD weitergegeben haben soll. Bei einem persönlichen Treffen am 13. Juni dieses Jahres habe man sich "über verschiedene Zahlen unterhalten, die da drinstehen", sagte der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner dem ARD-Magazin "Kontraste". Dabei sei es um islamistische Gefährder und den Haushalt des Verfassungsschutzes gegangen. 

Ein Sprecher des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) dementierte indes gegenüber der DW die Medienberichte über die Weitergabe von Informationen und wies sie "entschieden zurück". Der BfV-Präsident führe "auf ausdrücklichen Wunsch" des Bundesinnenministeriums Gespräche mit Abgeordneten aller Bundestagsparteien. Inhalt der Gespräche sei regelmäßig die Information über die "aktuelle Sicherheitslage etwa im Bereich des Islamistischen Terrorismus". Mit dem ARD-Bericht werde der Eindruck erweckt, dass Informationen oder Unterlagen ohne rechtliche Grundlage weitergegeben worden seien. "Das ist selbstverständlich nicht der Fall", hob der Sprecher hervor.

BfV-Haushalt sei "geheim"

Der Innenexperte der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sagte gegenüber der DW, solch ein Treffen "sei schon ungewöhnlich", aber: "Noch schwerer als das Weitergeben von unveröffentlichten Islamistenzahlen wiegt die Aussage von Brandner, Herr Maaßen habe mit ihm auch über den Haushalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz geredet." Dieser sei geheim und dürfe nur im Vertrauensgremium mit ganz wenigen Abgeordneten des Bundestags erörtert werden. "Herr Seehofer hat gestern die letzte Ausfahrt verpasst, mit einem blauen Auge aus der Affäre rauszukommen." 

Ob Maaßen tatsächlich Zahlen weitergegeben hat, wollte der Verfassungsschutz auf Nachfrage nicht sagen. Über den Inhalt der Gespräche des Behördenchefs werde grundsätzlich keine Auskunft erteilt, hieß es.

Stephan Brandner von der Alternative für Deutschland (AfD)Bild: picture-alliance/dpa/R.Hirschberger

Maaßen schon seit Wochen in der Kritik

Das Bundesinnenministerium äußerte sich auf Anfragen von "Kontraste" laut Auskunft der Redaktion bislang nicht zu den Vorgängen. Wenn das Innenministerium Maaßen tatsächlich solche Gespräche erlaube, habe es einem Beamten "einen Freibrief für politisches Handeln erteilt, den man so nicht hätte erteilen dürfen", sagte der Staatsrechtler Professor Joachim Wieland dem ARD-Magazin. Maaßens Vorgehen lasse Zweifel "an der gebotenen politischen Neutralität" des BfV-Präsidenten aufkommen. 

ie/ww (afp, ARD)

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