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Gesundheitsministerium gibt ersten SARS-Fall im fernen Osten Russlands zu

30. Mai 2003

– Behandelnde Ärzte äußern Befremden

Moskau, 30.5.2003, NESAWISSIMAJA GASETA, russ., Dmitrij Simakin

Die Erklärung des Leiters der obersten staatlichen Hygiene-Aufsichtsbehörde Russlands, Gennadij Onischtschenko, dass beim Einwohner der Stadt Blagoweschtschensk, Denis Sojnikow, die Lungenkrankheit SARS diagnostiziert wurde, hat zu einer neuen Panikwelle in den östlichen Regionen des Landes geführt. Die Bevölkerung kauft Mundschutz-Masken, die lokalen Machtorgane stellen die Arbeit der eben erst geöffneten Grenzpassierstellen ein, verstärken die Kontrolle über die Einreisenden und überprüfen, wie die Sonderdienste auf eine Epidemie vorbereitet sind. Denis Sojnikow selbst will gegen Journalisten vor Gericht ziehen.

Anfang der Woche hatte Gennadij Onischtschenko Journalisten vor erklärt, dass der "Verdächtige" aus Blagoweschtschensk tatsächlich an SARS erkrankt sei: "Die Diagnose kann nicht mehr angezweifelt werden. Es ist die gefährliche Lungenentzündung. Heute setze ich in diesem Fall das Tüpfelchen aufs i." Die Diagnose sei nach einer wiederholten Blutuntersuchung des Patienten gestellt worden. (...)

Die Erklärung des Leiters der obersten staatlichen Hygiene-Aufsichtsbehörde hat erneut Befremden bei den behandelnden Ärzten von Denis Sojnikow hervorgerufen. Seit drei Tagen warten sie auf offizielle Dokumente mit der genauen Diagnose aus Moskau. Vorher weigern sie sich, auf den Vorfall einzugehen. Sie sagen lediglich, egal, was ihr Patient hatte, ihm gehe es bereits besser und er solle in den nächsten Tagen entlassen werden.

Wie gut sich der Patient fühlt, kann an folgendem beurteilt werden: er will die staatliche Fernsehgesellschaft "Amur" verklagen. Denis beschuldigt die Korrespondentin Jelena Dubina, die am 5. Mai das Gebietsinfektionskrankenhaus aufsuchte und ihn filmte, des Preisgebens des Ärztegeheimnisses. Die Journalistin hatte in ihrer Reportage sensationelle Einzelheiten über den Aufenthalt von Sojnikow im Krankenhaus veröffentlicht. Es stellte sich heraus, dass die Krankenschwestern, die Angehörigen und Journalisten das Zimmer ohne Mundschutz und andere Schutzmittel aufsuchen, dass der Patient von Anfang an in einem ganz gewöhnlichen Zimmer und nicht in einem Isolationsraum lag.

Die offizielle Bestätigung dessen, dass SARS auf das Territorium Russlands vorgedrungen ist, hat weniger Panik bei der Bevölkerung des Landes als bei den lokalen Ärzten hervorgerufen. Der Flughafen von Omsk wurde gestern für drei Stunden zur außerordentlichen Zone erklärt. Die Ärzte und Sanitäter simulierten den Ernstfall: in einem der Flugzeuge sei ein "Verdächtiger". Alle Terminals wurden geschlossen, das Flugzeug vom Flugfeld gebracht und mit einer speziellen Lösung gereinigt. Die Ärzte untersuchten alle Passagiere. Was diese "Veranstaltung" den Haushalt des Gebietes Omsk kostete, wird nicht preisgegeben. Bekannt ist lediglich, dass für die Einwegschutzanzüge des Personals etwa 30 000 Rubel ausgegeben wurden. (...)

Premierminister Michail Kassjanow unterzeichnete gestern (29.5.) einen Beschluss, gemäß dem ab dem 4. Juni erneut 31 Passierstellen an der Grenze Russlands zur Volksrepublik China und der Mongolei geschlossen werden. Bürgern Chinas und der Mongolei ist die Einreise in die Region Primorje, die Region Chabarowsk, den Jüdischen Autonomen Bezirk, die Gebiete Amur und Tschita sowie nach Burjatien und Tuwa verboten. (lr)