Gewalt bei Protesten in Chile
5. November 2016Allein in der Hauptstadt Santiago de Chile gingen nach Angaben des Innenministeriums rund 10.000 Menschen auf die Straße. Landesweit waren es Zehntausende. Sie alle demonstrierten gegen das privatisierte Rentensystem im Land. Zeitgleich gab es auch einen Streik von Angestellten des öffentlichen Dienstes, mit dem diese ihre Forderungen nach Lohnsteigerungen untermauerten.
Der Protest blieb allerdings nicht friedlich. Sieben Polizisten wurden verletzt und mindestens 87 Personen festgenommen. In der Hauptstadt legten die Demonstranten zunächst den morgendlichen Berufsverkehr mit Straßensperren lahm. Sie griffen Busse mit Molotowcocktails an, mindestens zwei Busse brannten und die Passagiere mussten fliehen. Später versammelten sich Tausende Menschen zu einer Kundgebung auf einem zentralen Platz. Als die Demonstranten zum Regierungssitz marschieren wollten, hinderte die Polizei sie durch den Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern daran.
Regierung verspricht Reformen
Es war bereits der vierte Aktionstag in diesem Jahr. Im August waren nach Angaben der Organisatoren eine halbe Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Die Protestbewegung fordert eine Verstaatlichung der Pensionskassen und eine Erhöhung der Altersbezüge. Präsidentin Michelle Bachelet verurteilte die Gewaltausbrüche und erklärte, eine umfassende Reform des Systems erfordere Zeit und Dialogbereitschaft. Ihre Regierung kündigte eine zehnprozentige Erhöhung der Mindestpension an.
Das private Pensionssystem wurde 1981 von der Militärdiktatur Augusto Pinochets eingeführt. Nach Angaben der staatlichen Aufsichtsbehörde der Pensionskassen beziehen die chilenischen Pensionäre im Schnitt mit umgerechnet 287 Euro knapp 30 Prozent des Durchschnittsgehalts. Die Regierung Pinochets hatte bei der Einführung des Systems versichert, die Arbeitnehmer würden als Pensionäre ein Mindesteinkommen von 70 Prozent ihres jeweiligen Gehalts bekommen.
wo/se (dpa, afp)