Gewalt in Familien und Partnerschaft in Deutschland nimmt zu
11. Juli 2023Der Lagebericht zur häuslichen Gewalt in Deutschland zeigt eine erschreckende Tendenz. Er wurde von Innenministerin Nancy Faeser, Familienministerin Lisa Paus und dem Chef des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, vorgestellt. Demnach stieg die Zahl der erfassten Tatverdächtigen in den vergangenen fünf Jahren um elf Prozent auf 6587 Tatverdächtige im Jahr 2022. Von den Tatverdächtigen waren 91,7 Prozent männlich. Immer mehr Männer müssen ausziehen oder Abstand halten, weil sie ihrer Partnerin Gewalt angetan beziehungsweise angedroht haben.
Hilfen und Ahndung
Opfern häuslicher Gewalt hilft das Gewaltschutzgesetz. So gibt es die Möglichkeit, die eigene Wohnung nutzen zu können, ohne sie mit der gewalttätigen Person teilen zu müssen. Entsprechende Entscheidungen treffen die Familiengerichte auf Antrag der Opfer.
Neben dem Verbot, die Wohnung zu betreten, gibt es noch weitere Schutzmaßnahmen. Dazu zählt beispielsweise auch ein Kontaktverbot. Wer gegen eine entsprechende Anordnung verstößt, riskiert eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Haft. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei 4194 Deutsche und 2393 Ausländer als Tatverdächtige, auf die dieses Gesetz Anwendung fand.
Ein schleichender Prozess
Häusliche Gewalt beginnt nicht erst mit körperlichen Übergriffen. Es ist vielmehr ein schleichender Prozess, der oft etwa mit Kritik, Eifersucht, Bedrohungen, Beschimpfungen und Kontrolle anfängt, wie Petra Söchting, Leiterin des bundesweiten Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen", erklärt. "Ganz typisch ist, dass die Situation dann mehr und mehr eskaliert, dass die Grenzverletzungen stärker werden, und es dann irgendwann tatsächlich auch zu massiven körperlichen Übergriffen kommt."
Hohe Dunkelziffer
Die Zahlen häuslicher Gewalt dürften weit höher liegen als die Zahlen aus den Auswertungen des Bundeskriminalamtes, die nur die bei der Polizei gemeldeten Fälle enthalten. "Dunkelfeld-Studien gehen von 25 Prozent aus, sagt Soziologin Petra Brzank. In den Corona-Jahren habe das Gefährdungspotenzial zugenommen, erklärt die Leiterin des Hilfetelefons: Mehr Frauen hätten angerufen, und Rat und Unterstützung gesucht.
fab/sti (dpa, epd)