Ghana: Ein Land, das niemals schläft?
27. Juli 2025
Ghanas Präsident John Mahama ist ein halbes Jahr im Amt und geht eines seiner zentralen Wahlversprechen an: Er konzentriert sich konsequent auf die Wiederbelebung der Wirtschaft des Landes.
Der neue Staatschef strebt an, die westafrikanische Nation weniger abhängig von traditionellen Wirtschaftszweigen zu machen und eine stärker diversifizierte Wirtschaft aufzubauen. Zu diesem Zweck hat Mahama eine sogenannte 24-Stunden-Wirtschaft ins Leben gerufen. Sie soll nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern Ghana auch von einer importabhängigen zu einer autarken Wirtschaft umwandeln soll.
"Diese Politik ist für Ghana und die Zukunft gemacht", sagte Mahama. "Das 24-Stunden-Plus-Programm wird der Katalysator für das Wirtschaftswachstum Ghanas sein und wir sind sicher, dass es Ghana zu Wohlstand verhelfen wird."
Im Rahmen des Plans werden verschiedene Branchen täglich in drei Acht-Stunden-Schichten arbeiten, wobei der öffentliche und der private Sektor zusammenarbeiten, um die Wirtschaft rund um die Uhr am Laufen zu halten. Die Initiative zielt in erster Linie auf Schlüsselbranchen des Landes wie Landwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe und grundlegende Dienstleistungen ab, könnte aber langfristig auf andere Bereiche ausgeweitet werden.
So vielversprechend das auch erscheinen mag, bleiben doch Fragen hinsichtlich der Durchführbarkeit von Mahamas Lieblingsprojekt.
Ein Land im Dauerbetrieb?
Ghanas Hauptstadt Accra kann in puncto 24-Stunden-Angebote nicht mit Metropolen wie New York, Dubai oder Tokio mithalten. In Afrika bieten nur wenige Städte rund um die Uhr Dienstleistungen an, obwohl Accra und Städte in Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo, Südafrika und Kenia über eine lebendige informelle Nachtwirtschaft verfügen.
Mahamas Plan geht weit darüber hinaus, dass Geschäfte, Restaurants und Bars Tag und Nacht geöffnet sein können. Seine Vision: Die Wirtschaftsleistung Ghanas zu steigern, indem er die Betriebszeiten wichtiger Branchen und Sektoren von acht Stunden pro Tag auf 24 Stunden verdreifacht.
Bis zum Ende des Jahrzehnts könnte diese ehrgeizige Politik landesweit 1,7 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, was die Arbeitslosigkeit um fünf Prozent senken würde.
Wenn die theoretische Idee hinter der neuen Politik praktisch umgesetzt wird, dabei könnten Dinge schiefgehen, warnt der Ökonom Daniel Anim Amarteye. "Um diese 24-Stunden-Politik voranzutreiben, sind etwa vier Milliarden Dollar erforderlich", sagte Amarteye der DW. Derzeit schuldet Ghana dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits drei Milliarden Dollar.
Umsetzung einer ehrgeizigen Vision
Ghanas Ansatz als staatlich geförderte Politik ist auf dem afrikanischen Kontinent einzigartig, stößt jedoch bei seiner Umsetzung auf zahlreiche Hindernisse.
"Auf dem Papier klingt das Programm innovativ und fortschrittlich und hat das Potenzial, die Wirtschaft Ghanas zu transformieren. Theoretisch macht es also Sinn", sagt Amarteye, denn "es ist ein Programm, das darauf abzielt, Arbeitsplätze zu schaffen, die Produktivität zu steigern und Menschen aus der Armut zu befreien." Derzeit seien viele Hochschulabsolventen arbeitslos. "Ein Programm, das dafür sorgt, dass Menschen Arbeit finden und Arbeitsplätze geschaffen werden, würde also auch unser Bruttoinlandsprodukt steigern."
In der Praxis werde jedoch die Finanzierung Grenzen setzen, sagt Amarteye. "Wer genau ist der private Sektor, von dem sie erwarten, dass er das Programm finanziert? Der interne private Sektor verfügt nicht über die finanziellen Mittel, um ein so innovatives Programm voranzutreiben." Und selbst wenn, würde die Umsetzung dauern, denn jedes Unternehmen müsse "zunächst eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen, und das braucht Zeit".
Amarteye schlägt vor, die Regierung soll zuerst die Mittel bereitstellen und damit "das Tempo vorgeben", bevor sich private Unternehmen in ganz Ghana Mahamas 24-Stunden-Wirtschaftsrevolution anschließen könnten.
Kann eine Wirtschaft rund um die Uhr laufen?
DW-Korrespondent Isaac Kaledzi in Accra stimmt zu, dass es bei der Umsetzung des ambitionierten Plans hapern könnte. Ihm zufolge ist die fehlende Infrastruktur ein Hindernis. "Das Land hat Probleme mit der Stromversorgung, wir kämpfen damit, dass das Licht anbleibt. Wir müssen zuerst sicherstellen, dass die Infrastruktur vorhanden ist", sagt Kaledzi. Er gibt auch zu bedenken: Unternehmen könnten finanzielle Verluste erleiden, wenn sie durch eine Rund-um-die-Uhr-Produktion mehr Angebot als Nachfrage schaffen.
Doch insbesondere junge Menschen brauchen laut Kaledzi einen solchen entschlossenen Anstoß von der Regierung, um neue Wege zu finden, ihre finanzielle Zukunft zu sichern: "[Die 24-Stunden-Politik] nimmt niemandem den Arbeitsplatz weg, sondern schafft Platz für andere, die ebenfalls einsteigen können."
Eine öffentlich-private Zusammenarbeit
Mahamas Plan zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht ausschließlich auf einem Top-down-Ansatz basiert. Obwohl er von seiner Regierung angeführt wird, stützt sich der 24-Stunden-Plus-Plan auf einen kooperativen Ansatz, an dem Gewerkschaften, der Privatsektor und internationale Entwicklungspartner beteiligt sind.
In der Praxis könnte das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Interessengruppen nicht so ausgewogen sein, wie es die Regierung derzeit darstellt, befürchtet Ökonom Amarteye. "Die Regierung wird als Vermittler fungieren, um den privaten Sektor bei der Umsetzung dieser Agenda zu unterstützen." Dies könnte dazu führen, dass private Unternehmen - eher die größeren - am Ende zu viel Einfluss auf das Programm haben.
"Eine 24-Stunden-Wirtschaft ist daher nur eine von mehreren Möglichkeiten, um unsere Wirtschaft zu verbessern ... und auf den Errungenschaften der vorherigen Regierung aufzubauen. Wir sollten die 24-Stunden-Wirtschaft nicht als einzigen Heilsbringer betrachten", sagt Amarteye.
Sein Vorschlag: zweigleisig fahren. Die sogenannte "One District One Factory" (1D1F)-Initiative der Vorgängerregierung Ghanas, die sich auf die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentriert, sollte ebenfalls fortgesetzt und ausgeweitet werden. Derzeit ist sie ausgesetzt.
Ein überfälliger Mentalitätswandel
In Ghana, der zehntstärksten Volkswirtschaft Afrikas, sind Arbeitslosigkeit, Armut und Ernährungsunsicherheit wichtige politische Themen.
Laut Amarteye war es die Mentalität der Nation, die Veränderungen bisher verhindert hat: "Viele Menschen arbeiten für die Regierung, aber nur wenige vertrauen ihr." Mahama wolle dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherzustellen, indem er transparente und rechenschaftspflichtige Regierungsbehörden schafft, die die Mittel für den 24-Stunden-Plan verwalten.
Die Einstellung zur Arbeit müssten die Arbeitnehmer schon selbst ändern, damit die 24-Stunden-Wirtschaft funktionieren kann. "Wir folgen immer noch dem kolonialen Erbe, das uns hinterlassen wurde, nämlich die Ausbildung von Verwaltungsangestellten. Die Zahl der Menschen, die eine Berufsausbildung absolvieren, ist begrenzt. Und das muss sich ändern."
Aus dem Englischen adaptiert von Martina Schwikowski.