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Gesellschaft

Ghana: "Was sie tun, ist einzigartig"

Gwendolin Hilse | Isaac Kaledzi
12. Mai 2017

Viele Jugendliche in Ghana sind frustriert und arbeitslos. Die Terrorgruppe "Islamischer Staat" will davon profitieren und versucht, unter ihnen neue Kämpfer anzuwerben. Eine lokale NGO hält dagegen - mit Erfolg.

Sicherheitslage in Südlibyen Tuareg mit Laptop
Bild: DW/V. Stocker

"Seit meinem Abitur waren drei Jahre vergangen und ich hatte weder einen Job gefunden, noch das Geld, um zur Universität zu gehen", sagt der 21-jährige Ghanaer im DW-Gespräch und senkt den Kopf. Zum Schutz seiner Identität möchte er nur Amin genannt werden. "Dann hat dieser Fremde angefangen, mit mir auf Facebook zu chatten und mir Millionen Dollar versprochen, wenn ich für ihn arbeite. Wie konnte ich denn dieses Angebot ablehnen?"

Er ist nur einer von Millionen jungen Afrikanern, die von Werbern des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) mit perfiden Versprechen angelockt werden. Schon längst konzentrieren sich die Islamisten nicht mehr nur auf Jugendliche aus dem Nahen Osten. Übers Internet rekrutieren sie auch in Afrika neue Kämpfer.

'Wahrscheinlich wäre ich jetzt tot'

Jugendliche in Ghana sind ein einfaches Ziel. Laut Weltbank sind 11,5 Prozent der 15 bis 24-jährigen arbeitslos. Vor allem in Ghanas Norden sind Jugendliche anfällig für die IS-Versprechen. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Zugleich ist die Region bitterarm. Hier gibt es keine Häfen und keine Fischindustrie wie im Süden. Auch internationale Unternehmen sind hier kaum ansässig. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung in Nordghana sind Muslime. Der Frust sitzt bei den jungen Leuten tief - vor allem bei jenen, die trotz Abitur und Universitätsabschluss keinen Job finden.

Darunter sind nicht nur junge Leute. "Die Prodagandavideos des Islamischen Staaten und von Al-Kaida üben auf viele Leute einen großen Reiz aus, nicht nur auf Jugendliche", sagt der Sicherheitsexperte Kwesi Anning vom Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre in Accra der DW. Anfällig seien vor allem Menschen, die sich von der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Demokratieprozess des Landes ausgeschlossen fühlen, so Anning.

Vor allem in Ghanas armen Norden ist die Jugendarbeitslosigkeit hochBild: Imago/D. Delimont

Menschen wie Amin. Er kommt aus dem Sissala Distrikt im Nordwesten Ghanas, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Burkina Faso entfernt. Er glaubte den Versprechen, die ihm der Fremde auf Facebook machte. "Ich habe mich schon auf meine Reise nach Burkina Faso vorbereitet. Der Fremde wollte mich dort abholen." Doch dann sah er im Frühstücksfernsehen einen Bericht über die Radikalisierung junger Ghanaer. "Ich weiß nicht, was mit mir passiert wäre, wenn ich diese Sendung nicht gesehen hätte. Wahrscheinlich wäre ich jetzt tot."

Hinter der Aufklärungskampagne steht die Nichtregierungsorganisation West African Center for Counter Extremism (WACCE). Sie hat ihren Sitz in der Hauptstadt Accra. Von hier planen die Mitarbeiter ihren Kampf gegen gewalttätigen Extremismus und die Radikalisierung junger Menschen. WACCE macht nicht nur durch Kampagnen in Ghanas Fernsehen, Radio und den sozialen Netzwerken auf sich aufmerksam. Die Organisation
organisiert regelmäßig Workshops mit jungen Muslimen aus den ärmsten Regionen Ghanas. Dabei geht es vor allem darum, über die Machenschaften des Islamischen Staates aufzuklären.

Erfolg durch Aufklärungsarbeit

Bei WACCE fand auch Amin Hilfe. 22 Jugendliche wie ihn konnte die Organisation in den letzten zwei Jahren erfolgreich aus den Klauen des Islamischen Staats befreien. Die Arbeit sei nicht immer einfach, sagt WACCE-Direktor Mutaru Mumuni Muqthar im DW-Interview. "Wir arbeiten eng mit Jugendgruppen und Gemeindevorstehern zusammen. Gemeinsam versuchen wir, einen öffentlichen Dialog zu schaffen. Zudem wollen wir die Faktoren minimieren, die sie in die Radikalisierung treiben." Vor allem die Zusammenarbeit mit Imamen, die die Gräueltaten und leeren Verspechen der Terrorgruppe auch in ihren Freitagsgebeten zum Thema machen, spielt dabei eine große Rolle. Mutaru Mumuni Muqthar und seine Kollegen suchen auch vermehrt den Dialog mit der ghanaischen Regierung. So wollen sie die Regierung bewegen, die vielen inaktiven Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit weiterzuentwickeln.

Murtaru Mumuni Muqthar klärt ghanaische Jugendliche über die Gefahren der Radikalisierung aufBild: DW/I. Kaledzi

"Was diese Organisation tut, ist einzigartig", sagt Sicherheitsexperte Kwesi Anning vom Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre. "Sie klären die jungen Leute nicht nur darüber auf, dass all diese Versprechen vom Paradies und einem besseren Leben unsinnig sind, sondern geben den Opfern und auch den frustrierten Jugendlichen eine Stimme. Das ist wirklich bemerkenswert." Anning ist Berater von WACCE.

Mutaru Mumuni Muqthar ist zuversichtlich, dass WACCE sein Netzwerk in den kommenden Jahren ausbauen kann. Seine Organisation will künftig auch in den Nachbarländern präsent sein. Vor allem hat sie Nigeria im Blick, in dem die islamistische Terrormiliz Boko Haram nach wie vor erfolgreich junge Leute für ihre Kämpfe rekrutiert.

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