Ghani neuer Präsident Afghanistans
29. September 2014Eigentlich sind es zwei Männer, die künftig das Schicksal des Landes bestimmen. Denn der neue Staatschef Ghani (Artikelbild links) hat sich mit seinem politischen Rivalen Abdullah Abdullah (rechts) auf eine Regierung der nationalen Einheit verständigt. Präsident Ghani ist nun in Kabul vereidigt worden. Der 65-Jährige hat früher als Ökonom bei der Weltbank gearbeitet und tritt die Nachfolge von Hamid Karsai an, der 13 Jahre als Staatschef amtierte und nicht erneut kandidieren durfte.
Alles andere als Freunde
Drei Monate lang war über das Ergebnis der Stichwahl zwischen Ghani und dem früheren Außenminister Abdullah (54) bitter gestritten worden. Die politische Hängepartie führte zu einer schweren politischen Krise und drohte das Land ethnisch zu spalten. Wie weit das von den USA vermittelte Bündnis zwischen den politischen Gegnern Bestand haben wird, ist unsicher. Ghani und Abdullah gehören nicht nur unterschiedlichen Volksstämmen an, auch ihr persönliches Verhältnis gilt als schlecht.
Abdullah hatte die erste Runde der Präsidentenwahl am 5. April klar gewonnen, jedoch die erforderliche Mehrheit von 50 Prozent der Stimmen knapp verfehlt und musste daher in einer Stichwahl gegen den zweitplazierten Ghani antreten. In der Stichwahl am 14. Juni siegte Ghani mit 56 Prozent der Stimmen, während Abdullah nur auf 44 Prozent kam. Die Wahlkommission räumte ein, dass Tausende Wahlzettel gefälscht waren.
Die Vereidigung des neuen Mannes an der Spitze findet somit in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit statt: Am Sonntag gab es einen Bombenanschlag im Diplomatenviertel der Hauptstadt Kabul. Zuvor hatten die aufständischen Taliban eine komplette Provinz im Osten des Landes übernommen.
"Ich habe immer für einen dauerhaften Frieden im Land gearbeitet, aber mein Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen", sagte Karsai zum Abschied von seinem Amt, das er seit dem Sturz des radikalislamischen Taliban-Regimes inne hatte. Den NATO-Einsatz in seinem Land beurteilte Karsai zunehmend kritisch. Den USA warf er vor, nie ernsthaft am Frieden in Afghanistan interessiert gewesen zu sein.
Dazu passt, dass die NATO ungeduldig auf die Ablösung Karsais wartet. Denn ihr Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus. Der geplante kleinere Folgeeinsatz hängt ohne die Zustimmung des neuen Präsidenten in der Schwebe. Ohne die Abkommen, die ausländischen Soldaten Immunität vor afghanischer Strafverfolgung zusichern, droht ein Abzug aller ausländischen Truppen. Karsai hatte seine Unterschrift verweigert. Ghani sieht das anders.
Die Sicherheitsinteressen Washingtons
Die USA verfolgen ihrerseits eigene Interessen in Afghanistan. Washington hofft auf die Unterzeichnung eines Sicherheitsabkommens zwischen Kabul und Washington. Es soll ermöglichen, dass Amerika nach dem Abzug der NATO-Truppen Ende 2014 weiterhin Militärbasen in Afghanistan behält. Auch hier scheint die Zustimmung der neuen Führung nur noch eine Formsache.
ml/qu (dpa, epd, rtr)