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SportGlobal

FIFA-Chef mit dem Gespür für Gelegenheiten

16. März 2023

Ein Blick auf den Werdegang von FIFA-Präsident Gianni Infantino zeigt: Der Schweizer war immer zur Stelle, wenn sich für ihn eine Tür öffnete. Heute öffnet der mächtigste Mann im Fußball die Türen selbst.

FIFA-Chef Gianni Infantino bei einem Treffen mit dem russischen Treffen Wladimir Putin im Kreml im Jahr 2016
FIFA-Chef Gianni Infantino bei einem Treffen mit dem russischen Treffen Wladimir Putin im Kreml im Jahr 2016Bild: Mikhail Metzel/dpa/picture alliance

23. März 1970: Gianni Infantino wird in Brig im Südschweizer Kanton Wallis geboren. Er ist das dritte Kind von Maria und Vincenzo Infantino, die als italienische Gastarbeiter in die Schweiz gekommen sind. Infantino besitzt die Schweizer und die italienische Staatsbürgerschaft.

August 2000: Nach dem Abitur, einem Jura-Studium an der Universität Fribourg im Westen der Schweiz und ersten Berufsstationen als Anwalt beginnt Infantino, für den europäischen Fußballverband UEFA zu arbeiten.

Januar 2004: Infantino wird zum Direktor der Abteilung Recht und Klublizenzierung befördert.

Oktober 2009: Infantino, der als Protegé des damalige UEFA-Präsidenten Michel Platini gilt, wird Generalsekretär und damit zweitmächtigster Mann im Verband. Dem breiten Fußballpublikum wird Infantino, der sechs Sprachen spricht, durch die eloquente Moderation der Europapokal- und EM-Auslosungen bekannt.

Einst ziemlich beste Freunde, heute zerstritten: Michel Platini (l.) und Gianni InfantinoBild: Fabian Simons/augenklick/firo Sportphoto/picture alliance

Juli 2015: Infantino wird im Zuge des FIFA-Korruptionsskandals Mitglied einer 13-köpfigen Kommission, die Reformen im Weltverband auf den Weg bringen soll.

Oktober 2015: UEFA-Präsident Platini und Joseph Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbands FIFA werden wegen einer ominösen Millionenzahlung Blatters an Platini im Jahr 2011 von ihren Posten suspendiert und später für mehrere Jahre gesperrt. Kurz vor Abschluss der Frist bewirbt sich Infantino am 25. Oktober für die Nachfolge Blatters als FIFA-Chef. "Ich kann nicht einfach nur dasitzen und zuschauen, wie sich die FIFA selbst zerstört", sagt der UEFA-Generalsekretär. Eigentlich hatte Platini Blatter beerben wollen, Infantino galt nur als Notlösung

26. Februar 2016: Beim FIFA-Kongress in Zürich wird Infantino zum neuen Präsidenten des Weltverbands gewählt. Im zweiten Wahlgang erhält er die nötige absolute Mehrheit der Stimmen und setzt sich gegen den eigentlich favorisierten Scheich Salman bin Ebrahim al-Khalifa aus Bahrain durch. "Ich will mit ihnen allen daran arbeiten, die Fifa wiederherzustellen und wieder aufzubauen", verspricht Infantino den Delegierten des Kongresses.

Infantino nach seiner Wahl zum FIFA-PräsidentenBild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

August 2016: Die FIFA-Ethikkommission stellt Ermittlungen gegen Infantino ein. Kritiker hatten ihm unter anderem vorgeworfen, FIFA-Gelder verschwendet zu haben.

Januar 2017: Das neu gegründete FIFA-Council beschließt die von Infantino befürwortete Vergrößerung der Fußball-Weltmeisterschaft von 32 auf 48 Teams ab der WM 2026.

Mai 2017: Im Vorfeld des FIFA-Kongresses in Bahrain setzt das FIFA-Councils unter Vorsitz von FIFA-Präsident Gianni Infantino die beiden Vorsitzenden der FIFA-Ethikkommission, Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbély, und weitere Mitglieder ohne Angaben von Gründen ab.

März 2018: Infantino informiert das FIFA-Council über ein Angebot eines Finanzkonsortiums aus dem Nahen Osten und Asien. Angeblich wollen die Investoren für rund 25 Milliarden US-Dollar (gut 20 Milliarden Euro) zwei FIFA-Wettbewerbe kaufen: zum einen die Klub-WM, die vorher reformiert werden soll, zum anderen eine globale Nations League. Dieser Plan Infantinos verläuft später im Sande.

August 2018: Ein neuer FIFA-Ethikkodex wird verabschiedet. Darin fehlt das Wort "Korruption", für entsprechende Delikte wird eine Verjährungsfrist eingeführt.

Juni 2019: Beim FIFA-Kongress in Paris wird Infantino per Akklamation, also ohne Wahl, für weitere vier Jahre als Präsident der Organisation bestätigt. 197 von 211 Verbänden hatten diesem Verfahren zuvor zugestimmt.

Januar 2020: Infantino wird ins Internationale Olympische Komitee (IOC) gewählt.

Juli 2020: Die Schweizer Staatsanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren gegen Infantino. Sie wirft ihm Anstiftung zum Amtsmissbrauch vor, weil er sich geheim mit dem Leiter der Bundesanwaltschaft, Michael Lauber, getroffen habe. Im August 2020 stellt die FIFA-Ethikkommission ihre Ermittlungen in der Sache ein. Begründung: Es lägen keine glaubhaften Beweise vor.

September 2021: Infantinos Plan wird bekannt, künftig Weltmeisterschaften nicht mehr nur alle vier Jahre, sondern alle zwei Jahre zu veranstalten.

Inzwischen wohnt Infantino im Katar Bild: FRANCK FIFE/AFP

November 2021: Der frühere UEFA-Präsident Platini zeigt Infantino bei der französischen Justiz an. Er wirft seinem früheren Intimus vor, vor der Wahl des FIFA-Präsidenten im Februar 2016 ein Komplott gegen ihn angezettelt zu haben.

Januar 2022: Die FIFA bestätigt Presseberichte, nach denen Infantino seit Herbst 2021 einen Zweitwohnsitz im WM-Gastgeberland hat. Der Präsident verbringe die Hälfte seiner Arbeitszeit in Doha, teilt die FIFA mit, Steuern zahle er weiterhin in der Schweiz.

März 2022: Infantino kündigt für 2023 seine Kandidatur für eine dritte Amtszeit an.

November 2022: Die Bewerbungsfrist für den Posten an der Spitze der FIFA läuft ab, ohne dass sich jemand findet, der gegen Infantino antritt. Damit gilt seine Wiederwahl beim FIFA-Kongress im März in Ruandas Hauptstadt Kigali als sicher.

Vor dem Auftakt der Fußball-WM in Katar gibt Infantino eine bizarr anmutende Pressekonferenz. "Heute fühle ich mich katarisch, heute fühle ich mich arabisch, heute fühle ich mich afrikanisch, heute fühle ich mich schwul, heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Gastarbeiter", sagt der Schweizer. "Ich fühle so, weil ich all das gesehen habe."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (r.) trägt beim WM-Spiel Deutschland gegen Japan die "One Love"-BindeBild: Moritz Müller/IMAGO

Bei der WM untersagt die FIFA Deutschland und weiteren Teilnehmern das Tragen der "One Love"-Kapitänsbinde. "Auf dem Fußballplatz wird Fußball gespielt. Jeder kann seine Meinung ausdrücken, aber wenn man den Platz betritt, müssen wir den Fußball respektieren", sagt Infantino später.

März 2023: Die Schweizer Bundesanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen Infantino ein. Dabei ging es um die Nutzung eines Privatflugzeugs 2017, um von Suriname nach Genf zu gelangen. Dabei sei alles korrekt zugegangen, teilt die Behörde mit. Die Ermittlungen wegen der Geheimtreffen mit dem Ex-Bundesanwalt Lauber gingen aber weiter, so die Bundesanwaltschaft.

Beim FIFA-Kongress in Ruandas Hauptstadt Kigali wird Infantino per Akklamation bis 2027 im Amt bestätigt. "Alle, die mich lieben, alle die mich hassen, ich weiß, es gibt da ein paar - ich liebe euch alle", sagt Infantino hinterher. Der DFB unterstützte die Wiederwahl nicht.