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Malaria-Impfung in Sicht

Gudrun Heise
20. August 2021

Die Anopheles-Mücke ist winzig. Sie überträgt aber die gefährliche Tropenkrankheit Malaria. Eine weltweit zugelassene Impfung gibt es bislang nicht - dafür einige vielversprechende Ansätze.

Anopheles Mücke
Diese Stechmücke ist das gefährlichste Tier der Welt Bild: David Spears/Ardea/imago images

Jährlich sterben weltweit mehr als 400.000 Menschen an Malaria. Die meisten sind Kinder von nicht einmal fünf Jahren. Die Tropenkrankheit gilt als eine der wichtigsten Ursachen für Kindersterblichkeit in Afrika.  Alle zwei Minuten stirbt dort ein Kind an der Tropenkrankheit, bei der es zu Kopf- und Gliederschmerzen kommt, zu Fieber und Schüttelfrost, Krämpfen und Magen-Darm-Beschwerden. 

Parasiten der Gattung Plasmodium machen sich dafür die Anophelesmücke zunutze. Sie brütet in stehenden Gewässern wie etwa Pfützen. Die Weibchen ernähren sich durch Blutsaugen. Gelangen sie dabei an einen Menschen, der mit Malaria infiziert ist, können sie als Vektor dienen und die Malaria weiterverbreiten. So kann ein Stich zum Tod führen. 

Eine entsprechende Impfung könnte viele Leben retten.  Rund 70 Impfstoff-Kandidaten gibt es zurzeit.  Eine hundertprozentige Sicherheit bietet davon keiner, aber mit einigen konnten Forscher bereits Erfolge verzeichnen. 

Kinder sind am schlimmsten von Malaria betroffen. Bild: Brian ONGORO/AFP

Ein Impfstoff aus Tübingen

Eine Forschergruppe in Tübingen hat zusammen mit dem US-Biotechnologieunternehmen Sanaria den Impfstoff PfSPZ-CVac entwickelt. "Es sind lebendige Parasiten, die zusammen mit einem Chemotherapeutikum verabreicht werden. Dadurch werden sie abgeschwächt", erklärt Peter Kremsner vom Institut für Tropenmedizin der Universität Tübingen. "Die Parasiten können sich nicht mehr so stark vermehren und sich nicht mehr planlos und ohne Hindernis ausweiten. Sie sterben ab, bevor sie den infizierten Menschen krank machen können." Studien hätten gezeigt, dass der Impfstoff eine sehr wirksame Immunisierung erreiche. 

Sie liegt bei 77 Prozent. Damit liegen die Forscher sogar über der von der WHO geforderten Wirksamkeit von 75 Prozent für einen Malaria-Impfstoff. Bei der Tübinger Studie haben die Forscher einen Parasitenstamm verwendet, der aus West-Afrika kommt und als anschließende Kontrollinfektion einen Parasitenstamm aus Südamerika. Im Mai 2021 war die Studie in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht worden. 

Verlauf der Studie 

Das Team aus Tübingen hat seine Studie an gesunden Menschen im Alter von 18 bis 40 Jahren durchgeführt. "Wir haben dreimal innerhalb von vier Wochen immunisiert", sagt Kremsner. "Das neue dabei ist also auch das verkürzte, verdichtete Regime."

Bei ersten Versuchen mit dem Impfstoff, mussten die Probanden insgesamt 13 Mal zu Visiten kommen, um sie vollständig und sicher zu immunisieren.

Ab dem fünften Tag nach der ersten Immunisierung wurde den Teilnehmern jeden Tag eine Blutprobe entnommen und über einen Zeitraum von 28 Tagen engmaschig beobachtet. Ein kurzer Therapieplan wie bei der jetzt durchgeführten Tübinger Studie ist hingegen in afrikanischen Gebieten äußerst wichtig, da die wenigsten Patienten etliche Male zur Immunisierung kommen würden. 

Wirksamkeit vor Ort

Die meisten erwachsenen Menschen in hochendemischen Gebieten verfügen über eine natürliche Semiimmunität, die sie aufgrund mehrfacher Infektionen entwickelt haben. "In früheren Versuchen haben wir gesehen, dass ungefähr 20 bis 25 Prozent der Personen eine sterile Immunität haben, sich also nicht mehr mit diesen Parasiten infizieren können", sagt Kremsner.

"Bei 40 Prozent sind die Parasiten noch nachweisbar, aber die Menschen werden nicht krank. Das heißt, sie halten die Infektion selbst in Schach. Bei etwa einem Drittel können die Parasiten erst sehr spät nachgewiesen werden, die Infizierten haben einen milden Krankheitsverlauf", erläutert der Arzt die Semiimmunität. 

Ein Impfstoff aus Oxford

Eine weitere vielversprechende Studie kommt aus Oxford. Es ist der Malaria-Impfstoffkandidat R21 / Matrix-M. Auch dieser erzielt einen Schutz von 77 Prozent. Seine hohe Wirksamkeit haben die Forscher über einen Zeitraum von 12 Monaten nach der entsprechenden Nachuntersuchung zeigen können. Durchgeführt wurde die Studie in Burkina Faso. Die rund 450 Teilnehmer waren Säuglinge und Kleinkinder zwischen fünf und siebzehn Monaten. Sie stammten aus dem Gebiet von Nanoro.

Sie wurden in drei Gruppen aufgeteilt: Die Kinder erhielten entweder den neu entwickelten Impfstoff mit verschieden hoch dosierten Zusatzstoffen (Adjuvantien) oder, soweit sie in der dritten Gruppe, der Kontrollgruppe, waren, eine Tollwut-Vakzine. Die Forscher haben sie vor der Malaria-Saison zwischen Mai und August 2019 dreimal geimpft, ein Jahr später dann ein viertes Mal. 

Der Impfstoff R21/Matrix-M zielt darauf ab, eine Immunität gegen die Sporozoiten aufzubauen. Das ist die infektiöse Form der Plasmodien. Dabei zeigte die höher dosierte Adjuvansgruppe eine Wirksamkeit von 77 Prozent, die niedriger dosierte eine Schutzwirkung von 71 Prozent. Schwerwiegende Nebenwirkungen konnten die Wissenschaftler dabei nicht feststellen. 

Gut ist nicht gut genug

Ein dritter Kandidat, der bereits seit 2015 eine Zulassung erhielt, ist der Malaria-Impfstoff 'RTS,S', der auch unter der Bezeichnung Mosquirix bekannt ist. Entwickelt wurde das Vakzin vom Londoner Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline in Zusammenarbeit mit der PATH Malaria Vaccine Initiative.

Anopheles-Mücken vermehren sich vor allem in stehenden GewässernBild: imago/blickwinkel

Seit 2019 wird der Impfstoff in den drei afrikanischen Regionen Ghana, Kenia und Malawi eingesetzt. Studien zufolge verhindert er allerdings lediglich ein Drittel der Malaria-Erkrankungen. Außerdem haben die Forscher festgestellt, dass der Impfstoff innerhalb von vier Jahren erheblich an Wirkung verliert. 

Ein solcher Impfstoff kann die Malaria lediglich im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen eindämmen. Dazu gehören Expositionsprophylaxe mit imprägnierten Moskitonetzen, der Einsatz von Insektiziden oder auch die Vernichtung von Moskitobrutplätzen.

Der Impfstoff verwendet lediglich ein Protein des Malaria-Erregers Plasmodium falciparum. Dieser kommt in Afrika am häufigsten vor, ist allerdings nur einer von Hunderten von Erregern. 

mRNA-Impfstoff

Neue Hoffnung in der Malaria-Forschung könnte jetzt auch ein mRNA-basierter Impfstoff bringen. Die deutsche Firma BioNTech, die auch den Corona-Impfstoff BNT162b2 entwickelt hat, plant bis Ende 2022 eine erste klinische Studie durchzuführen.

Vorrangiges Ziel ist es, einen mRNA-Impfstoff zur Vorbeugung der Malaria zu erforschen und eine länger anhaltende Immunität gegen Malaria zu erzielen und damit auch Malaria-Sterblichkeit deutlich zu senken. 

Während ein möglicher Impfstoff von Biontech noch in der Anfangsphase steckt, planen die Tübinger Forscher bereits eine Zulassungsstudie in den nächsten Monaten gemeinsam mit Sanaria.

Dabei ist Kremsner zuversichtlich, dass diese Studie gute Ergebnisse liefern wird. Im besten Fall könnte ein entsprechender Impfstoff schon in naher Zukunft auf den Markt kommen. 

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