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Gibt London den Parthenon-Fries an Griechenland zurück?

Sarah Hucal
26. März 2025

Bewegung im Rückgabestreit um den antiken Akropolis-Fries: Nachdem konservative britische Politiker sich geweigert hatten ihn an Griechenland auszuhändigen, zeigt sich die neue Regierung offen für Verhandlungen.

Marmorskulpturen des Parthenon-Frieses im British Museum in London.
Blick auf Marmorskulpturen des Parthenon-Frieses im British Museum in LondonBild: Nicolas Economou/NurPhoto/IMAGO

Seit Jahrzehnten kämpfen griechische Behörden um die dauerhafte Rückgabe des antiken Frieses. Ursprünglich zierte es die obere Außenwand des 2500 Jahre alten Parthenon-Tempels auf der Akropolis in Athen. Die Marmorskulpturen stellen Szenen aus der griechischen Mythologie dar, mit Figuren und Opfergaben an die Göttin Athene anlässlich einer Prozession. Heute befindet sich ein Teil des Frieses im Akropolis-Museum in Athen und ein größerer Teil im British Museum in London. 

In Großbritannien tragen die 56 Teile des Parthenon-Frieses den Beinamen "Elgin Marbles", benannt nach Lord Elgin, dem britischen Botschafter im Osmanischen Reich in Konstantinopel. Es war Elgin, der die Figuren Anfang des 19. Jahrhunderts von der Außenseite des Parthenon-Tempels auf der Akropolis in Athen schlagen ließ. Im Einvernehmen mit dem Osmanischen Reich, das damals über Griechenland herrschte, wurden sie nach Großbritannien geschafft. 

Die "Elgin Marbels" - ein Raub? 

In Großbritannien hält man sie für legal erworben. Griechenland hingegen ist der Ansicht, sie seien gestohlen worden. Der Streit darüber war lange Zeit festgefahren. Die ehemaligen britischen Premierminister Boris Johnson und Rishi Sunak lehnten eine Rückgabe vehement ab. "Das Vereinigte Königreich hat sich seit Generationen um die Elgin-Marbles gekümmert", sagte Sunak im Jahr 2023. "Unsere Galerien und Museen werden von den Steuerzahlern finanziert, weil sie ein großer Gewinn für unser Land sind."

Nun aber könnte Bewegung in die Sache kommen: Im Dezember 2024 empfing der neue britische Premierminister Keir Starmer den griechischen Präsidenten Kyriakos Mitsotakis in London. Das Britische Museum hatte zuvor bekanntgegeben, es habe mit Athen "konstruktive" Verhandlungen über die Rückgabe der Marmorstatuen geführt.

Im British Museum gelten die griechischen Marmorskulpturen als kulturelles Erbe Großbritanniens Bild: Nicolas Economou/NurPhoto/IMAGO

George Osborne, ehemaliger britischer Finanzminister und jetzt Chef des British Museum, räumte ein, dass irgendwann "einige der Skulpturen" nach Griechenland geschickt werden könnten, im Gegenzug für "Schätze" aus Athen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP sagte die griechische Kulturministerin Lina Mendoni, eine Einigung benötige noch "Zeit und Arbeit", aber auf beiden Seiten sei "das Eis gebrochen". Die 2024 gewählte britische Labour-Regierung habe "nicht die Negativität früherer Regierungen".

Die Hoffnung auf ein Tauschgeschäft erhielt weiteren Auftrieb, als Konstantin Tasoulas, ein vehementer Befürworter der Rückgabe der Parthenon-Skulpturen, im Februar griechischer Staatspräsident wurde.

Als Kulturminister hatte sich Tasoulas vor einem Jahrzehnt dafür stark gemacht, die griechische Kampagne zur Rückgabe der Parthenon-Antiquitäten wiederzubeleben. Die Anwältin Amal Clooney, die Ehefrau des Schauspielers George Clooney, trug dazu bei, die Rückgabeforderung international bekannt zu machen: Ihre Londoner Kanzlei vertrat die Griechen zwischen 2011 und 2015. 

Rechtliche Hindernisse für die Rückgabe?

Im Gegensatz zu Großbritannien hat die Restitutionsdebatte in vielen Ländern Europas und selbst in den USA längst an Fahrt aufgenommen. So muss sich das British Museum dafür kritisieren lassen, dass es sich bisher sämtlichen Rückgabewünschen verweigert. Währenddessen hat Deutschland etwa mit der Rückgabe von Benin-Bronzen an Nigeria begonnen. In Deutschland wie in Frankreich ist die Restitution von Objekten aus kolonialen Zusammenhängen inzwischen ein großes kulturpolitisches Thema. London gerät unter Zugzwang.

Doch selbst wenn das British Museum beschließen sollte, die Fries-Stücke an Griechenland zurückzugeben, müsste zuvor ein nationales Gesetz gekippt werden. Bisher hindert der "British Museum Act" von 1963 das Britische Museum daran, Objekte aus seinen Sammlungen abzugeben, denn er definiert den Museumsbestand als "Nationales Erbe". Somit könnte das Parthenon-Fries am Ende wohl lediglich als Leihgabe nach Griechenland gelangen. Athen ist das zu wenig.

Kürzlich wurde Tiffany Jenkins ins Kuratorium des British Museum berufen. Sie ist die Autorin des 2016 erschienenen Buches  "Keeping Their Marbles: How the Treasures of the Past Ended up in Museums and Why They Should Keep Them' (etwa: "Seine Skulpturen bewahren: Wie die Schätze der Vergangenheit in den Museen landeten und warum sie sie behalten sollten"). Jenkins hält wenig von der Rückgabe von Antiquitäten, wie die britische Zeitung "The Guardian" berichtet. 

Kulturpolitisches Thema seit über 200 Jahren

Wurden die Marmorskulpturen vom Vereinigten Königreich rechtmäßig erworben? "Diese Frage steht im Mittelpunkt der Restitutionsdebatte", glaubt Alexander Herman, Direktor des Instituts für Kunst und Recht und Autor des 2021 erschienenen Buches "Restitution: The Return of Cultural Artefacts" (Restitution: Die Rückkehr von Kulturschätzen). "Seit über 200 Jahren steht das Thema in Großbritannien und natürlich auch in Griechenland auf der kulturellen Agenda", so Herman 2021 gegenüber der Deutschen Welle.

Im British Museum haben die Parthenon-Figuren einen eigenen RaumBild: Nicolas Economou/NurPhoto/IMAGO

Zwar war Griechenland zu der Zeit, als Lord Elgin die Skulpturen wegschaffte, von der Türkei besetzt. Doch bereits kurz nachdem Griechenland 1832 seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erlangte, kamen Forderungen nach der Rückgabe verschiedener Artefakte auf, weiß Herman. 

Professor Nikolaos Stampolidis, Generaldirektor des Akropolis-Museums, sprach auf einer Konferenz in der Schweiz im März über die verbindende Kraft der Restitution. "Heute sollten die Demokratien der gesamten freien Welt die Rückkehr und Wiedervereinigung der Parthenon-Skulpturen nach Athen, der Mutter der westlichen Zivilisation, der Wiege aller Demokratien, unterstützen, damit ihre Bedeutung erneut gefeiert und vereint werden kann", so Stampolidis. "Griechenland erbittet dies nicht nur für sich selbst. Es bittet darum für die gesamte Menschheit, als ein Beispiel für die Wiedervereinigung." 

Vatikan restituierte bereits Fries-Fragmente an Griechenland

Ein deutliches Signal im Rückgabestreit Griechenlands mit Großbritannien setzte 2022 der Vatikan. Damals beschloss Papst Franziskus, drei Teile des Frieses an den orthodoxen Athener Erzbischof Hieronymos II. zu übergeben. Am 7. März 2023 kehrten sie schließlich nach Athen zurück, so der Vatikan. Es handelte sich u.a. um den Kopf eines Pferdes, das im Fries den Wagen der Athene zog, und den Kopf eines Jungen, der vermutlich an einer Prozession zum Gedenken an die Gründung Athens teilnimmt.  Die Fragmente wurden seit dem 19. Jahrhundert in den Vatikanischen Museen gezeigt. Die Übergabe sei ein "konkretes Zeichen des Wunsches, auf dem ökumenischen Weg weiter voranzuschreiten", hieß es in der Vatikan-Erklärung. 

Papst Franziskus übergab dem Erzbischof von Athen einige Parthenon-Skulpturen, darunter dieseBild: Vatican Museum/REUTERS

Auch Italien gab im Januar 2023 ein weiteres Fragment der Parthenon-Skulpturen zurück: den Fuß einer Göttin, der lange im Archäologischen Regionalmuseum Antonino Salinas in Palermo, Sizilien, zu sehen war. 

Dieser Artikel wurde am 7. Januar 2023 von Stefan Dege aus dem Englischen adaptiert und am 25. März 2025 aktualisiert.

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