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Politik

Gipfel-Konkurrenz zwischen China und G7

Hans Spross
8. Juni 2018

In Kanada beginnt der zweitägige G7-Gipfel. Nur einen Tag später ist China Gastgeber des Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Hinweis auf rivalisierende Weltordnungsmodelle oder purer Zufall?

China Qingdao
Bild: picture-alliance/Photoshot/Guo Xulei

An diesem Freitag treffen sich im kanadischen La Malbaie nahe Québec die Staats- und Regierungschefs von Kanada, den USA, Frankreich, Großbritannien,
Japan, Italien und Deutschland. Zwei Tage dauert der Gipfel, dessen Termin zuerst fest stand. Noch während in Kanada beraten wird, beginnt am 9. Juni in der ostchinesischen Küstenstadt Qingdao (Artikelbild) das 18. Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Will Gastgeber China ein Zeichen setzen, dass der Shanghaier Klub, dem inzwischen neben den Gründungsmitgliedern Russland, China und vier zentralasiatischen Staaten auch Pakistan und Indien als Vollmitglieder angehören, eine Konkurrenzveranstaltung zum G7-Gipfel werden könnte?

"Als politische Symbolik sendet der SCO-Gipfel sicherlich die Botschaft aus, dass es sich um eine mit der G7 konkurrierende Organisation handelt", sagt Mathieu Duchatel, stellvertretender Direktor des Asien- und China-Programms des Think Tanks European Council of Foreign Relations, gegenüber der DW. "Insbesondere, da China und Russland auf der einen Seite und der Westen auf der anderen Seite unterschiedliche Standpunkte in Bezug auf die Spielregeln der internationalen Ordnung haben", fügt Duchatel hinzu.

Allerdings sei die SCO in ihrer Zielsetzung begrenzter als die G7. Der zentrale Fokus liege weiterhin auf der Bekämpfung der "drei bösen Kräfte Separatismus, Extremismus, Terrorismus". Diese nannte auch Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua an erster Stelle der Tagesordnung.

Das trans-atlantische Bündnis macht derzeit einen arg zerzausten Eindruck Bild: picture-alliance/empics/The Canadian Press/J. Hayward

G7-Tagesordnung "erfrischend und verwunderlich"

Der Politikwissenschaftler Pang Zhongying von der China Ocean University in Qingdao schrieb in einem Beitrag auf der Internetseite www.thepaper.cn über das Verhältnis von G7 und SCO anlässlich der fast gleichzeitigen Durchführung der beiden "sehr wichtigen Gipfeltreffen".

China gehe es vor allem darum, die von Xi Jinping propagierte "neue Art internationaler Beziehungen" in die Arbeit der SCO zu integrieren. Was die Tagesordnung des G7-Gipfels in Kanada betreffe, so sei sie einerseits "erfrischend", aber auch "verwunderlich", denn Kanadas Premier Trudeau habe auf progressive Themen wie Gleichstellung sowie Frauen- und Kinderrechte gesetzt.

Dabei verstünden sich die G7 doch immer noch als ein Forum für traditionelle geopolitische Themen. Angesichts der "stark angespannten transatlantischen Beziehungen" - als Stichworte nennt der Autor Klimaschutz, Freihandel, NATO und der Iran-Deal - sei es jedoch verständlich, dass Kanada auf solche Themen setze, bei denen ein breiter Konsens bestehe, wobei selbst bei diesen Politikfeldern die Regierungen in den USA und in der EU unter dem Druck von populistischen und nationalistischen Strömungen stünden.

Expandierendes Bündnis von China gesteuert

G7 und SCO zwei verschiedene Paar Schuhe?

Trotz dieser vielen internen Spannungen stünden die G7 aus westlicher Perspektive immer noch für die geltende Weltordnung, schreibt Pang weiter. Eine interessante Frage für die Zukunft sei, welche Richtung die Beziehungen zwischen den beiden Organisationen G7 und SCO nehmen werde, insbesondere wenn - was der Autor offen lässt - die SCO tatsächlich eine von der G7 verschiedene Weltordnung repräsentiere.

Im Prinzip keine Vergleichbarkeit zwischen SCO und G7 sieht hingegen Zhu Yongbiao vom Zentralasien-Institut der chinesischen Universität Lanzhou. Die G7 sei ein Klub der wirtschaftlich stärksten Länder des Westens, die SOC eine Regionalorganisation von Ländern, die gemeinsame Grenzen teilen und vor allem über die "Kooperation bei nicht-traditionellen Sicherheitsfragen" diskutieren. 

Zwar gebe es seit einigen Jahren Bestrebungen, die Kooperation auf Wirtschaft und Handel auszuweiten, das sei aber bisher nicht umgesetzt worden, sagt Zhu Yongbiao gegenüber der DW. Zusammenarbeit zwischen China und den SCO-Mitgliedstaaten im wirtschaftlichen Bereich spiele sich hauptsächlich bilateral ab. Einen multilateralen Ansatz gebe es nicht.

Die Nachrichtenagentur Xinhua schreibt in diesem Zusammenhang, dass der SCO-Gipfel nicht zuletzt der Förderung der "Belt and Road"-Initiative (BRI, sogenannte neue Seidenstraße) und damit der regionalen Wirtschaftskooperation dienen solle. Allerdings steht Indien in Opposition zu dieser von Chinas Präsident Xi Jinping ins Leben gerufenen Strategie. Jüngstes Zeichen dafür war die Abschlusserklärung der SCO-Außenminister im April in Peking, in der diese ihre Unterstützung für BRI bekundeten - außer Indien, das in der Veröffentlichung nicht erwähnt wurde.

Irans Präsident Rohani (l.) wird am SCO-Gipfel in Qingdao teilnehmen, denn die Zukunft des iranischen Atomdeals dürfte eine wichtige Rolle spielenBild: picture-alliance/Photoshot/W. Ye

Innere Konflikte auch bei der SCO

Nicht nur der indische Vorbehalt gegenüber der von China dominierten "neuen Seidenstraße" birgt Konfliktpotential innerhalb der SCO. "Es gibt Hinweise darauf, dass China mit der gegenwärtigen Anti-Terror-Zusammenarbeit innerhalb der SCO unzufrieden ist", sagt Mathieu Duchatel vom European Council of Foreign Relations. 

So habe China eine separate Initiative zur Grenzsicherung mit Afghanistan, Pakistan und Tadschikistan forciert. "China ist wegen Risiken im Zusammenhang mit der sich verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan sehr besorgt, insbesondere angesichts der komplexen Lage, mit der es in Xinjiang konfrontiert ist", erklärt Asien-Experte Duchatel. In der chinesischen Autonomen Region Xinjiang, die muslimisch geprägt ist und an Afghanistan und Pakistan grenzt, fürchtet Peking eine zunehmende Radikalisierung. Laut einer aktuellen Reportage der Zeitschrift The Economist hat China in Xinjiang ein allumfassendes Überwachungs- und Unterdrückungssystem installiert.

Dieser Uigure vermutet, dass die chinesischen Behörden in Xinjiang seine Eltern wie Tausende andere in ein Umerziehungslager gesteckt haben - im Namen des Kampfes gegen die drei bösen Kräfte Separatismus, Extremismus, Terrorismus.Bild: picture-alliance/AP Photo/N. H. Guan

Bündnis zwischen China und Russland?

Ebenso wie die G7 ist also auch die SCO ein Zusammenschluss von Staaten mit teilweise divergierenden oder sogar konträren Interessen. Russland war eine Zeit lang in beiden Klubs vertreten, seit der Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 nur noch in der SCO. Könnten Russland und China im Rahmen der SCO eine Verstärkung ihrer Beziehungen anstreben, nicht zuletzt als Reaktion auf den Druck, den die USA auf beide Länder ausüben?

Aus chinesischer Sicht ist Russland jetzt vor allem im Zusammenhang mit der durch Trumps Vertragsbruch ausgelösten Iran-Krise gefragt. Man will auf dem SCO-Gipfel die Initiative ergreifen, wie Pang Zhongying schreibt. "Die Anwesenheit des iranischen Präsident Ruhani in Qingdao schafft die Voraussetzung dafür, dass China und Russland ihre Positionen abstimmen werden. Es wird damit gerechnet, dass die SCO in der Abschlusserklärung über die Zukunft des iranischen Atomabkommens Stellung beziehen wird."

Wladimir Putin (l.) und Xi Jinping: keine Allianz, aber ideologisch vereint gegen den Westen Bild: picture-alliance/dpa/K.Zavrajin

Russland als "Juniorpartner"

Für eine über den konkreten Anlass hinausgehende russisch-chinesische Allianz sieht Mathieu Duchatel dagegen keine Anzeichen. "Russland und China haben ihre Beziehungen bereits vor dem Beginn der Ära Trump vertieft, vor allem als Resultat der Spannungen zwischen Russland und dem Westen. Diese Partnerschaft spiegelt auch eine tiefe gemeinsame ideologische Abwehrhaltung gegen die Ausbreitung liberaler Werte wider." China befinde sich im ideologischen Kampf mit dem Modell der liberalen Demokratie. Dabei sei Russland Chinas wichtigster Verbündeter. 

China sei allerdings nicht an einer formellen Allianz mit Moskau interessiert. Es habe seine Lehren aus der Geschichte gezogen. Dreimal sei es Bündnis- und Freundschaftsverträge mit Russland eingegangen, die sich für China nachteilig ausgewirkt hätten: unter der letzten Kaiserdynastie Qing 1896 nach der Niederlage im ersten chinesisch-japanischen Krieg, als Republik China 1945 kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in Asien, und als das kommunistische China im Jahr 1950.

Heute sei Russland wirtschaftlich für China ein Juniorpartner von begrenztem Interesse, mit einer geringeren Wirtschaftsleistung als die der südchinesischen Provinz Guangdong, allerdings auch als Lieferant von Erdgas und Öl sowie von Militärtechnologie.

Mitarbeit: Miao Tian

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