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Politik

Jeder zweite Einsatz in einer Krisenregion

Richard A. Fuchs
17. Juli 2017

Mehr Krisen bedeuten auch mehr Arbeit für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Bei der GIZ wuchs das Geschäftsvolumen im vergangenen Jahr um 12 Prozent. Die Arbeit in Krisenregionen wird dabei der neue Normalfall.

Irak IT-Hilfe für Flüchtlinge
IT-Hilfe für Geflüchtete im NordirakBild: DW/A. Dongus

Die Krise ist zur neuen Normalität geworden. Dieser Eindruck drängt sich den Verantwortlichen bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auf. Der Grund: Mehr als die Hälfte aller Einsätze der Organisation findet inzwischen in fragilen Staaten oder gar in Konfliktregionen statt, sagte GIZ-Vorstandssprecherin Tanja Gönner bei der Vorstellung der Jahresbilanz am Montag in Berlin. "Krisenprävention und Stabilisierung werden in unserer Arbeit immer wichtiger", so Gönner. Dass inzwischen laut UN-Angaben mehr als 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht seien, verändere die Arbeit der GIZ massiv. Es gelte, Flüchtlinge und die sie aufnehmenden Gemeinden zu unterstützen. "Die Menschen brauchen Zugang zu funktionierenden staatlichen Dienstleistungen, zu Nahrung und Gesundheitsversorgung, zu Bildung und Arbeit, zu einem vertrauenswürdigen Rechtssystem und politischer Mitbestimmung", so Gönner weiter.

Neue Perspektiven für Geflüchtete schaffen

BMZ-Staatssekretär Kitschelt und GIZ-Vorsitzende GönnerBild: GIZ/Thomas Imo

84 Prozent der Geflüchteten haben in Entwicklungsländern Schutz gesucht, weshalb der Fokus der GIZ auf der Unterstützung dieser Länder bei der Bewältigung der Situation liegt. "Wir stärken die Fähigkeit der Länder, selbst angemessen auf Krisen zu reagieren", sagt Tanja Gönner. Hauptaufnahmeländer für Geflüchtete sind nach Angaben des UNHCR in Afrika vor allem Äthiopien und Uganda und, rund um das Bürgerkriegsland Syrien, die Türkei, Jordanien, der Libanon und der Nordirak. Entsprechend habe sich auch die Arbeit der GIZ ausgerichtet und ziele darauf ab, die Aufnahmeregion Nahost zu stabilisieren.

Nach eigenen Berechnungen konnte die GIZ zwischen 2010 und 2015 rund 4,4 Millionen Flüchtlinge und 3,8 Millionen Bewohner in aufnehmenden Kommunen mit ihren Programmen erreichen. Allein 2016 seien 61.000 Jobs für Geflüchtete rund um Syrien durch das "Cash for work"-Programm entstanden. Im Nordirak hätten jetzt eine Millionen mehr Menschen Zugang zu sauberem Wasser, rund 20.000 Kinder könnten wieder zur Schule gehen. In Jordanien investierte die GIZ im vergangenen Jahr in Wasserprojekte ebenso wie in Bildungsprojekte für Einheimische und Geflüchtete. In der Türkei konnten durch deutsche Gelder vor allem Angebote wie Rechtsberatung und psychosoziale Betreuung von Geflüchteten ausgebaut werden. Rund 100.000 Menschen sollen so in der Türkei erreicht worden sein.

Zugang zu Wasser: In Jordanien für Geflüchtete wie Einheimische eine Frage der ExistenzBild: GIZ

"Entwicklungspolitik ist heute zu einer Art Welt-Innenpolitik geworden", sagte Staatssekretär Friedrich Kitschelt aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bei der Vorstellung des Jahresberichts. Kitschelt, der auch Vorsitzender des GIZ-Aufsichtsrats ist, erläuterte zudem, dass durch die Arbeit der maßgeblich vom BMZ finanzierten Organisation zwischen 2010 und 2015 mehr als elf Millionen Menschen aus der absoluten Armut befreit werden konnten. Sie hätten nun Zugang zu Nahrung und Wasser. Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld der GIZ stelle der Kampf gegen den Klimawandel dar. Rund ein Drittel der 1600 laufenden GIZ-Projekte haben einen entsprechenden Fokus. Dabei geht es um die Minderung klimaschädlicher Emissionen, aber auch um die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

GIZ Geschäftsvolumen wächst um 12 Prozent

Hunger, Armut und Flucht spiegeln sich auch in der Bilanz des Bundesunternehmens wider. Im zurückliegenden Geschäftsjahr konnte die GIZ rund 2,4 Milliarden Euro in ihre Projekte investieren. Damit steigerte sich das Geschäftsvolumen im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent. Beauftragt wurde die Organisation vor allem von der Bundesregierung und der Europäischen Union. Aber auch Regierungen anderer Länder oder die Vereinten Nationen griffen vermehrt auf die GIZ zurück. 

Äthiopien: Mit Steinterrassen gegen ErosionBild: GIZ/Thomas Imo

Die verstärkte Nachfrage nach Krisenprävention und Stabilisierung erfordert auch mehr qualifiziertes Personal. Rund 18.300 Menschen arbeiten inzwischen weltweit für die GIZ, rund 1000 Mitarbeiter mehr als vor einem Jahr. 70 Prozent des Personals stammt direkt aus den Einsatzländern - damit soll die Nachhaltigkeit des deutschen Engagements gestärkt werden. Bei der GIZ wie beim BMZ gehen die Verantwortlichen davon aus, dass der Stellenaufbau weitergehen muss - nicht zuletzt, weil die Krisen nicht abnehmen. "Wir gehen in der Bundesregierung nicht davon aus, dass sich die Lage kurzfristig entspannen wird", sagte Staatssekretär Kitschelt. Weitere Rekordjahre für die GIZ dürften also folgen.    

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