1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Beten, Feiern, Politik

Stefan Dege2. Mai 2013

Beim Kirchentag in Hamburg treffen sich tausende Protestanten. Auch in diesem Jahr wird wieder gebetet, aber auch diskutiert - etwa über soziale Gerechtigkeit, die Energiewende oder die Grenzen des Wachstums.

Kirchentagsbesucher verfolgen den Abendsegen mit Kerzen in den Händen (Foto: Bodo Marks/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Petrus ist gnädig mit den Gläubigen, schon am Morgen lacht die Sonne über Hamburg und begrüßt die Gäste des 34. Evangelischen Kirchentags. Von überall in Deutschland sind sie angereist, manche sogar aus dem Ausland.

Fernando Amalia ist Kolumbier. Er freut sich "auf die wunderschöne Möglichkeit, mit anderen Christen zusammenzukommen". Christiane Kemmerer-Maus ist mit Mann und vier Kindern nach Hamburg aufgebrochen. Was sie hier erwartet? "Viele neue Ideen, viele nette Leute kennenlernen, einfach feiern mit Christinnen und Christen." Für Rentnerin Gisela Ewald Scheune, die aus Stuttgart da ist, ist "Kirchentag etwas ganz Besonderes - mit allem, was Kirche sein kann".

Der Kolumbianer Fernando Amalia freut sich auch auf den Dialog mit Christen und MuslimenBild: DW/Dege

Im Schnitt 500 Veranstaltungen am Tag

Fünf Tage dauert das Glaubensfest. Die Hansestadt ist zum vierten Mal Gastgeberin. Sozialer Zusammenhalt, Energiewende, die Grenzen des Wachstums - es soll wieder einmal politisch werden. Viele aktuelle gesellschaftliche Themen stehen auf der Agenda. "Soviel Du brauchst" - unter diesem, der Bibel entlehnten Motto wollen die Menschen diskutieren, beten und feiern. Rund 2500 Veranstaltungen machen die Wahl zur süßen Qual: Vorträge, Diskussionsrunden und Bibelarbeiten stehen an, außerdem Ausstellungen, Musik- und Kulturveranstaltungen. Das Programmheft ist 600 Seiten stark.

34. Evangelischer Kirchentag in Hamburg

01:42

This browser does not support the video element.

Am Nachmittag dann versammeln sich die Gläubigen zu Tausenden in den Kirchen der Stadt. "Lobet den Herrn" singen die Menschen. Selbst katholische Gemeinden haben dem Kirchentag ihre Gotteshäuser geöffnet. Moscheen und Synagogen werden in den nächsten Tagen folgen.

Wegen Überfüllung geschlossen

Der größte von vier Eröffnungsgottesdiensten unter freiem Himmel findet in der neuen Hafen-City statt. Elbfähren lassen ihr Horn ertönen. Im Hintergrund ragt die Großbaustelle der Elbphilharmonie auf. Wegen Überfüllung sperren Pfadfinder das Gelände ab. Das Blau der Kirchentagsschals, mit denen die Besucher sich vor Sonnenbrand schützen, spiegelt sich in den modernen Gebäudefassaden.

Bischöfin Fehrs geißelt den Mißbrauch von ReligionBild: DW/Dege

Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs erläutert in ihrer Predigt das Kirchentagsmotto "Soviel Du brauchst": "Das, was Du wirklich brauchst, gibt Gott täglich neu", sagt sie. "Es geht um Güte, um Freundlichkeit, um Sinn und Segen." Das Motto stammt aus dem 2. Buch Mose. Es bezieht sich auf die Geschichte vom "Manna", das vom Himmel fällt, als die Israeliten durch die Wüste ziehen.

"Gesellschaft braucht Religion"

Tausend Blechbläser, Bands und Chöre sorgen für die Begleitmusik beim Gottesdienst. Kirchentagspräsident Gerhard Robbers spricht die offiziellen Eröffnungsworte. Von dem protestantischen Laientreffen, sagt er, solle ein Zeichen des Dialogs mit anderen Religionen ausgehen. In einem kurzen Grußwort betont Bundespräsident Joachim Gauck, der selbst einmal als evangelischer Pfarrer tätig war, die Bedeutung von Religion. Der Politik legt er ans Herz, die Themen, Forderungen und Impulse des Kirchentages aufzunehmen: "Das sollte die Gesellschaft zur Kenntnis nehmen und ernsthaft prüfen".

Am Donnerstag will Gauck über eine "Starke Gesellschaft" diskutieren. Knapp fünf Monate vor der Bundestagswahl haben sich auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), ihr SPD-Herausforderer Peer Steinbrück und andere Spitzenpolitiker angesagt. Doch neben Politik und Kultur soll auch das Kirchliche nicht zu kurz kommen auf dem Kirchentag. In Gottesdiensten, bei Bibelarbeit und in Foren erhoffen sich die Gläubigen neue Impulse für ihr Gemeindeleben. Auch kontroverse Themen werden nicht ausgespart, etwa der ökumenische Dialog mit der katholischen Kirche, bei dem sich Christen beider Konfessionen mehr Fortschritte wünschen.

Gespräch zwischen den Religionen

Bundespräsident Gauck: "Die Anregungen der evangelischen Christen ernst nehmen"Bild: DW/Dege

Der Dialog mit Juden oder Muslimen ist den Protestanten nicht weniger wichtig: "Es braucht eine Verbindung aller Religionen", sagt Bischöfin Fehrs, "auf dass die Friedensliebe, die in unseren Religionen enthalten ist, nicht verloren geht!" Allerdings müsse klar sein: "Bei Intoleranz hört die Toleranz auf!" Sie geißelt einen "faschistoiden, fundamentalistischen, gewaltorientierten Missbrauch von Religion".

Vielleicht ist Fernando Amalia deshalb so neugierig auf die Begegnung mit Juden und Moslems. Das Gespräch zwischen den Religionen findet auch er "wichtig". Am Donnerstag will er sich gleich ins Getümmel stürzen. Doch erstmal ist Feiern angesagt: 300.000 Gläubige - Gäste wie Gastgeber - drängen sich auf den Straßen des Hamburger Zentrums. Ein Lichtermeer erhellt die Binnenalster, farbige Wasserspiele geben die prächtige Kulisse für den traditionellen Abend der Begegnung.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen