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Unglaubwürdig

10. Mai 2007

Paul Wolfowitz hat eine Woche Zeit erhalten, sich zum Vorwurf der Vetternwirtschaft zu äußern. Seine Glaubwürdigkeit als Korruptionsbekämpfer ist jedoch bereits zerstört, meint Daniel Scheschkewitz.

Themenbild Kommentar
Bild: DW

Wer Paul Wolfowitz kennt, weiß, was für ein kluger und wohlbedachter Mann der noch amtierende Chef der Weltbank ist. Umso erstaunter musste man sein, als man nach Ostern las, welche kolossale Steilvorlage der frühere Penatgon-Politiker seinen Gegnern in der Weltbank und auf dem internationalen Parkett geliefert hat. Mit der Beförderung seiner ehemaligen Lebensgefährtin und Weltbank-Mitarbeiterin Shaha Ali Raza auf einen lukrativen Posten im US–Außenministerium hat Wolfowitz seinen Intimfeinden den perfekten Anlass geboten, um seinen Rücktritt zu fordern. Wer sich wie Wolfowitz die Korruptionsbekämpfung auf die Fahnen geschrieben hat, muss auch an sein eigenes Verhalten entsprechend kritische Maßstäbe anlegen lassen.

Stratege des Irak-Kriegs

Der Sohn jüdischer Einwanderer in die USA befindet sich seit Beginn seiner politischen Karriere auf einem persönlichen Kreuzzug für Demokratie und Menschrechte. So wurde der brilliante Analytiker im Pentagon zu einem der wichtigsten ideologischen Vordenker des Irakkriegs. Er war es, der den Falken in der Bush-Regierung die Theorie vom Befreiungskrieg im Irak lieferte und der sich vom Sturz des Saddam-Regimes einen politischen Dominoeffekt für den gesamten Nahen Osten versprach. Von Präsident George W. Bush wurde er für sein Engagement im Jahr 2005 mit dem Posten des Weltbankchefs belohnt. Ähnlich wie einst vor ihm Robert McNamara im Anschluss an den Vietnamkrieg. Doch anders als McNamara, der sich als Weltbankchef den Fehler des Vietnamkriegs eingestand und sich politisch-moralisch rein zu waschen versuchte, hat Wolfowitz seinen Feldzug gegen autoritäre und korrupte Regime auf der Ebene der Weltbank fortgeführt. Rigoros strich er Entwicklungsprogramme für Länder mit korruptionsverdächtigen oder politischen ungeliebten Regierungen, ohne zu fragen, ob das die Leiden und Not der Bevölkerung vergrößerte.

Auch vom Irakkrieg hat sich Wolfwitz niemals distanziert, wie auch – sehen viele in ihm doch noch immer den Erfüllungsgehilfen der Bush-Regierung auf dem wichtigen Parkett der internationalen Entwicklungshilfe. Kein Wunder, dass ihm das Weiße Haus in diesen Tagen wiederholt den Rücken zu stärken versuchte, und das, obwohl ein Untersuchungssauschuss der Weltbank den Vorwurf der Vetternwirtschaft bestätigt hat.

Ansehen der Weltbank gefährdet

Seit seinem Amtsantritt in der Weltbank haben etwa ein Dutzend Manager in der "Bretton Woods Institution" den Dienst quittiert, darunter ein Geschäftsführer und sechs Vizepräsidenten. Den Gouverneursrat, in dem das Konsensprinzip gilt und der alle wichtigen Projekte der Bank absegnen muss, hat Wolfowitz nachweislich zu umgehen versucht.

Zum schlechten Management und der politischen Altlast Irak gesellt sich nun ein handfester Begünstigungsskandal, der Wolfowitz als Chef der Weltbank untragbar macht. Seine Glaubwürdigkeit als Korruptionsbekämpfer ist zerstört, seine moralische Integrität erneut in Frage gestellt.

Das Ansehen der Weltbank, das sich diese auch bei Globalisierungskritikern unter ihrem letzten Präsidenten James Wolfensohn erworben hat, steht auf dem Spiel. Das wissen auch die Mitarbeiter, deren Vertreter schon vor einiger Zeit seinen Rücktritt gefordert haben. Paul Wolfowitz wollte nach dem verlorenen Feldzug im Irak, den Kampf gegen die Armut zu seinem nächsten Kreuzzug machen. Auf dem Weg dorthin ist Wolfowitz nun über eine persönlich zu verantwortende Affäre gestolpert, auch wenn er mit dem Ballast des Irakkriegs wahrscheinlich nur fallen konnte.

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