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Gleichberechtigung will geübt sein

30. November 2010

Es ist die einzige Partnerschaft zwischen zwei Kontinenten. Auf dem EU-Afrika-Gipfel sollte sie vertieft werden. Eine Mammutaufgabe, die nur gemeinsam und auf Augenhöhe bewältigt werden kann, meint Ute Schaeffer.

Symbolbild Kommentar (Grafik: dw)
Bild: DW

Wofür eigentlich sind Gipfel gut? Sehen und gesehen werden. Interviews auf roten Teppichen. Diplomatische Gesten und viel Symbolik. Gut und schön – aber wohl kaum genug, um komplexe politische Aufgaben zu bewältigen. So weit stimmt der Vorwurf. Doch Gipfel können doch mehr: sie schaffen - wenn sie regelmäßig stattfinden – Vertrauen. Und: sie setzen die Agenda und benennen, was der eine vom anderen bis zum nächsten Treffen erwartet.

Ute SchaefferBild: DW

Afrika kam lange nicht in den Genuss so großer Gipfeltreffen. Nach der Unabhängigkeit kümmerten sich bestenfalls die alten Kolonialherren um "ihre" jeweiligen Ex-Kolonien. Kalte Krieger statteten ihnen genehme afrikanische Eliten aus – manchmal mit Geld, manchmal mit Waffen. Nach Ende des Kalten Kriegs wurde die Lage noch komplizierter: Allianzen zerbrachen. Europas Interesse an Afrika tendierte gegen Null. Afrika wurde sich selbst überlassen und den Entwicklungskonzepten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank – mit einer verheerenden Wirkungen auf seine Entwicklung.

Ende der achtziger Jahre gingen afrikanische Interessen einfach unter. Der Kontinent hatte keine gemeinsame Stimme, denn die Organisation für Afrikanische Einheit existierte überwiegend auf dem Papier. Deutschland reduzierte seine Präsenz in Afrika, schloss sogar Botschaften - Wiedervereinigung und EU-Osterweiterung waren wichtiger. Europa und Afrika verloren sich aus den Augen – aus Abschätzigkeit und falscher Arroganz. Und schlimmer noch: weil man zukünftige Herausforderungen und Entwicklungen völlig unterschätzte.

Wissen übereinander ist wichtig

Erst die Auswirkungen der Globalisierung verbinden nun Afrika und Europa wieder. Weltumspannende Probleme wie der Klimawandel oder Migration lassen sich weder von Europa noch von Afrika im Alleingang lösen. Die 'lesson learned' dieser verlorenen Jahrzehnte sind für Europäer und Afrikaner die gleiche: Wer sich nicht kennt, hat keine Gemeinsamkeiten. Wer sich nicht kennt, der kann auch Interessensgegensätze nicht überwinden.

Eben wegen dieser Defizite im europäisch-afrikanischen Verhältnis ist es wichtig, dass es den europäisch-afrikanischen Gipfel gibt. Und entscheidender noch als die politischen Absichtserklärungen, die an seinem Ende stehen, ist die Antwort auf die Frage: Wer hat daran teilgenommen, wie wichtig wurde er von beiden Seiten genommen?

Europa wie Afrika haben durch hochrangige politische Besetzung deutlich gemacht, wie wichtig ihnen das Verhältnis zum jeweiligen Nachbarkontinent ist. Auch die Präsenz des deutschen Außenministers und Vizekanzlers war wichtig, denn Deutschland gilt in Europa inzwischen als neutraler und langfristig interessierter politischer Partner mit einer hohen Glaubwürdigkeit.

Treffen auf Augenhöhe

Warum ist aus afrikanischer Perspektive ist die Frage, w e r teilnimmt so entscheidend? Über Jahrzehnte wurden afrikanische Politiker nicht von Gleichrangigen begrüßt, bekamen kein Gehör geschenkt, globale Ordnungspolitik wurde über ihre Köpfe gemacht. Diese Zeit ist endgültig vorbei, auch das hat der Gipfel gezeigt: Wenige diplomatische Floskeln, keine falsche Unterwürfigkeit, kein Versteckspiel. Es wurde Klartext geredet.

Beide Seiten wissen: Gute Nachbarschaft wird einen langen Atem brauchen! Es braucht aber auch die Kontinuität regelmäßiger diplomatischer Foren. Hier haben Europa und Afrika Jahrzehnte aufzuholen. Politische und persönliche Verbindungen müssen überhaupt erst hergestellt werden, während sie zwischen Europa und Asien, Lateinamerika oder Osteuropa bereits gut ausgebaut sind. Dafür ist der afrikanisch-europäische Gipfel gut. Ein afrikanisches Sprichwort bringt es auf den Punkt: wer sein Ziel schnell erreichen will, geht allein. Doch wer wirklich weiter kommen will, der geht gemeinsam.

Autorin: Ute Schaeffer

Redaktion: Sabine Faber

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