1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteChina

Görlach Global: Chinas Blick auf die US-Wahl 2024

Alexander Görlach
9. Oktober 2024

Peking und die US-Wahl: Wer wäre besser für China? Kamala Harris oder Donald Trump? Beide haben Vor- und Nachteile in Bezug auf die Taiwan-Frage und die bilateralen Beziehungen, meint Alexander Görlach.

Donald Trump und Kamala Harris
Donald Trump und Kamala Harris Bild: Brian Snyder/REUTERS

Zum Jahrestag der Gründung der Volksrepublik am 1. Oktober hielt Xi Jinping wie jedes Jahr eine Rede. Wie auch schon in den Jahren zuvor sprach der Machthaber Chinas dabei auch von Taiwan. Xi behauptet, dass die Inselrepublik ein Teil der Volksrepublik sei, was nicht stimmt, denn die Kommunistische Partei Chinas hat niemals über die Insel geherrscht. Das demokratisch regierte Eiland ist Xi ein Dorn im Auge, weil er fürchtet, dass das freiheitliche Beispiel, das die 23,5 Millionen Taiwanerinnen und Taiwaner setzen, die Menschen in der Volksrepublik zur Nachahmung anspornen könnte.

Militärexperten sehen 2027 als mögliches Jahr für einen Überfall auf Taiwan. Dann, so heißt es, soll die Modernisierung der chinesischen Armee abgeschlossen sein. Entscheidend für das Kalkül Pekings dürfte sein, ob die Vereinigten Staaten von Amerika dem Verbündeten Taiwan zur Hilfe eilen würden. Dazu haben sich die USA für den Fall eine chinesischen Angriffs gesetzlich verpflichtet. Präsident Biden hat mehrfach betont, im Bündnisfall Taipei zu Hilfe zu kommen, ohne jedoch preiszugeben, wie diese Unterstützung letztlich genau aussehen würde.

DW-Kolumnist Alexander GörlachBild: Privat

Für Peking kommt es bei der Kalibrierung nicht nur dieser Frage darauf an, wer im November die US-Präsidentschaftswahl gewinnt. Sollte dies Donald Trump sein, könnte sich das Verhältnis zwischen den beiden Ländern noch weiter verschlechtern. Gleichzeitig hat sich Trump während seiner Amtszeit als Präsident als angreifbar gezeigt, was Peking ausnutzen könnte. Trump wurde von Xi hofiert und in einem Saal mit üppiger goldener Verzierung reichlich bewirtet. Zudem sagte Trump mehrfach und fälschlich, dass es Taiwaner seien, die US-Amerikanern ihre Jobs in der Chip-Industrie, in der die Inselnation seit Jahrzehnten globaler Vorreiter ist, wegnähmen. Alles in allem, so dürfte das Fazit Pekings lauten, könnte eine zweite Trump-Administration die Möglichkeit eines "Deals” über Taiwan bedeuten. Gleichzeitig aber wäre eine solche Amtszeit mit Unordnung und Chaos verbunden, was man in Peking überhaupt nicht schätzt.

Ziel: Spaltung des Westens

Chaos und Unordnung wird es, das weiß man in Peking, unter Kamala Harris nicht geben. Allerdings bedeutet eine Präsidentschaft Harris auch eine Fortsetzung der China-Politik der Biden-Administration, die in China einen Wettbewerber und Rivalen sieht. Auch in der Taiwan-Frage dürfte Kamala Harris den Kurs Bidens fortsetzen und alle Allianzen in Asien weiter festigen und ausbauen.

Es ist ein wesentlicher Bestandteil von Xi Jinpings Strategie, die westlichen Alliierten zu spalten und zu unterschiedlichen Positionen zu bewegen. Unter Präsidentin Harris würde das atlantische Bündnis gestärkt und eine erfolgreiche Spaltung schwierig sein. Europäische Sanktionen, zusätzlich zu US-amerikanischen, die nach einer Invasion sicher kommen würden, könnte Chinas Wirtschaft nicht verkraften.

All das spricht dafür, dass ein mögliches Datum eines chinesischen Angriffskriegs auf das demokratische Taiwan nicht so sehr von internen, sondern externen Faktoren abhängt. Auf einen Krieg gegen die USA und ihre europäischen NATO-Verbündeten will sich Peking nicht einlassen. Sollte Trump gewählt werden, könnte Xi zwar die Spaltung der westlichen Allianz gelingen. Allerdings liegt es im Bereich des Möglichen, dass sich unter Präsident Trump das Verhältnis Washingtons zur Volksrepublik noch weiter verschlechtern könnte. China stünde mit Kamala Harris als US-Präsidentin deutlich besser da als unter Donald Trump.

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Adjunct Professor an der Gallatin School der New York University, wo er Demokratietheorie unterrichtet. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die Demokratien in Asien bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und den Universitäten von Cambridge und Oxford inne. Alexander Görlach lebt in New York und in Berlin.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen