Global Media Forum 2025: Brücken bauen gegen den Populismus
6. Juli 2025
Weltweit gewinnen autoritäre Regime mit lautem Populismus und der Einschränkung freier Medien an Macht. Das Global Media Forum der Deutschen Welle will deshalb in diesem Jahr "Barrieren überwinden und Brücken bauen", um den populistischen Tönen etwas entgegenzusetzen. So lautet jedenfalls das Motto des zweitägigen Medien-Kongresses, der am Montag wieder im westdeutschen Bonn beginnt.
Kein Geld mehr von Trump: US-Auslandssender vor dem Aus?
Wie sehr mittlerweile freie Medien wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk selbst in den Staaten des Westens unter Druck sind, zeigt der Besuch von Steve Capus, dem Präsidenten des US-Senders Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL). Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will der im tschechischen Prag ansässigen Rundfunkanstalt den Geldhahn abdrehen. Der Sender ist seit Jahrzehnten eine Säule der transatlantischen Partnerschaft zwischen Europa und den USA.
Wie die Deutsche Welle sendet auch RFE/RL unzensiert in Länder mit von Propaganda dominierten Medienmärkten. "Wir müssen überleben, sonst wäre das ein großes Geschenk für Russland und China", sagte RFE-Chef Capus vorab. Capus wird gemeinsam mit dem Leiter des polnischen Auslandsrundfunks TVP World, Michał Broniatowski, dem Intendanten der Deutschen Welle, Peter Limbourg, und Jonathan Munro, dem Global Director der BBC in Bonn diskutieren.
"In vielen Teilen der Welt nimmt die politische Instabilität zu, und die Folgen für alle unsere Zuschauer sind enorm", so BBC-Direktor Munro. Gleichzeitig seien Kollegen aus den Vereinigten Staaten gezwungen, ihre freien Medien entweder zu schließen oder einzuschränken. "Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, insbesondere da Falschinformationen und Desinformation weltweit aggressiv zunehmen."
DW-Preis für georgische Journalistin
Daran erinnert auch die diesjährige Preisträgerin des Freedom of Speech Awards, eines jährlich vergebenen Preises der DW für besondere Leistungen im Sinne der Pressefreiheit. 2025 geht diese Auszeichnung an Tamar Kinzuraschwili aus Georgien. "Unter der Ägide der Sowjetunion hatten wir kein Mitspracherecht und waren von einem totalitären System abhängig", sagt sie der DW.
"Aber in einem demokratischen Staat müssen alle Bürger die Regierung in Schach halten, um unsere Freiheit zu bewahren. Die Medien haben eine besondere Verantwortung, die Gewaltenteilung zu sichern." Wie, das zeigt die Journalistin mit ihrer regierungsunabhängigen Stiftung für Medienentwicklung in der Hauptstadt Tiflis. Sie unterrichtet Journalistinnen und Journalisten in Faktenchecks und sensibilisiert gegen Hassrede.
Digitalsperren autoritärer Regime überwinden
Zahlreiche Gesprächsrunden im diesjährigen GMF-Programm wollen ganz praktische Arbeitshilfen für Medienschaffende diskutieren: "Wie autoritäre Regime digitale Mauern errichten – und wie man sie überwinden kann", ist der Titel einer Diskussionsrunde. Nach einer ersten Veranstaltung zum Thema generativer künstlicher Intelligenz im Journalismus im vergangenen Jahr werden beim GMF 2025 auch Fragen der Ethik von KI im Journalismus im Zentrum stehen. Wie weit ist es zulässig, dass auch Journalistinnen und Journalisten KI für ihre Arbeit nutzen?
Eine Antwort Europas gegen Spaltung und Populismus ist die Erweiterung um weitere Mitgliedsstaaten. Mit der Ukraine steckt der jüngste EU-Erweiterungskandidat mitten im russischen Angriffskrieg. Mit Spannung wird deshalb die Keynote-Rede der EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos erwartet: Hält die europäische Staatengemeinschaft Wort gegenüber dem von Putins Truppen angegriffenen Land?
Syrischer Informationsminister Almustafa zu Gast
Als weiteren Gast begrüßt das GMF in diesem Jahr den syrischen Informationsminister Hamza Almustafa. Nach dem Sturz des von Russlands Präsidenten Wladimir Putin unterstützten Machthabers Baschar al-Assad ist die Zukunft des multiethnischen Syrien offen. Almustafa will sich zur Rolle von Medien beim Wiederaufbau in Syrien äußern.
Wie können Medien helfen, Barrieren zu überwinden, wenn viele Menschen gerade im Nahen Osten unter Krieg leiden, der die Spaltung zwischen Menschen zementiert? Ein von der DW co-produzierter Dokumentarfilm über das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg geht auf die Suche nach Antworten. "Das Srebrenica Tape – von Papa für Alisa" heißt der Film von Autorin Chiara Sambuchi, der während des GMF DW-Premiere feiert.
Die Protagonistin Alisa war neun Jahre alt, als ihr Vater als einer von 8000 Jungen und Männern aus der UN-Schutzzone Srebrenica im Osten Bosniens von serbischen Streitkräften in dem mehrere Tage dauernden Massaker vor 30 Jahren getötet wurde.
VHS-Kassette aus Srebrenica heraus geschmuggelt
Alisa lebt heute mit ihrer Tochter und ihrer Mutter in der Stadt Saint Petersburg im US-Bundesstaat Florida. Während des Krieges in Bosnien und Herzegowina 1992-1995 war sie von ihren Eltern auf die andere Seite der Grenze zu den Großeltern mütterlicherseits in Serbien in Sicherheit gebracht worden. Ihre serbische Mutter und der Vater blieben in Srebrenica.
Ihr Vater hatte als Hobbyfilmer und Cineast während der mehr als drei Jahre andauernden Blockade der UN-Schutzzone Srebrenica den Alltag in der belagerten Kleinstadt gedreht. Auf den Filmaufnahmen spricht er seine Tochter immer wieder direkt an. Er schafft es, ihr eine VHS-Kassette zu schicken, bevor Srebrenica von den serbischen Truppen unter dem bosnisch-serbischen General Ratko Mladic überrannt wurde.
Für Alisa als Tochter einer Serbin und eines von Serben getöteten muslimischen Bosniaken ist das Brücken bauen, das Überwinden von Barrieren existentiell. "Alisa hat sich entschieden, keine Partei zu ergreifen", sagt Filmautorin Sambuchi gegenüber der DW. Entscheidend sei für Alisa, so Sambuchi, dass sie sich "gegen diesen schrecklichen religiösen, ethnisch-religiösen Hass" stellt, "und gegen alles, was er mit sich bringt."