1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Umweltschützer in Lebensgefahr

Irene Banos Ruiz GR
13. Juli 2017

Für immer mehr Menschen wird der Einsatz für den Umweltschutz und den Erhalt ihrer Lebensräume höchst bedrohlich. Noch nie wurden so viele Umweltschützer umgebracht. Eine große Mitschuld trägt auch das Finanzsystem.

Kongo Maloma Tuka Grab
Bild: Greenpeace DRC

Die Nichtregierungsorganisation Global Witness hat in ihrem aktuellen Bericht weltweit 200 Morde an Umweltschützern im Jahr 2016 dokumentiert, mehr als je zuvor. 2015 waren es 185 Mordfälle und 2013 mit 93 Fällen noch weniger als die Hälfte.

Lateinamerika bleibt nach Angaben von Global Witness weiterhin der gefährlichste Teil der Welt für Umweltschützer. 122 Menschen wurden wegen ihres Engagements in dieser Region getötet, davon allein 49 Menschen in Brasilien, weil sie sich dort für Schutz des Amazonas und der Savannen in Zentral Brasilien, der Cerrado, engagierten. Damit standen sie den Interessen von Großbauern, Holzfällern und Energieunternehmen, die einen Staudamm bauen, im Wege.

Mord und Gewalt im Kontext von Investitionen

Gewalttaten und Morde gegen Umweltschützer passieren nach Angaben von Global Witness jedoch nicht nur in abgelegenen Teilen der Welt, wo sich die Politik nicht für den Schutz der Bevölkerung einsetzt. Es gibt auch Fälle, in denen renommierte internationale Investoren hinter den umstrittenen Großprojekten stehen. 

"Die meisten Umweltschützer, die ermordet wurden, sind gegen große Projekte und diese Großprojekte könnten ohne finanzielle Unterstützung internationaler Investoren nicht existieren", sagt Ben Leather, ein Mitautor des Berichts, gegenüber der DW.

Entwicklungsbanken wie die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) stellen den nationalen Banken Kapital zur Verfügung und diese nutzen es wiederum für Investitionen in Kohleminen oder Kraftwerke, erklärt Jaybee Garganera aus den Philippinen. Er engagiert sich gegen missbräuchliche Bergbau-Praktiken auf den Philippinen. Dann würde zum Beispiel Druck gegen diejenigen ausgeübt, die die Projekte ablehnen "und es kommt auch zu Gewalt gegen die einheimische Bevölkerung", so Garganera.

Wer ist verantwortlich?

Die Entwicklungsbanken bekennen sich zu hohen Umwelt- und Sozialstandards. Nach Angaben von Garganera sind sie aber nicht verpflichtet, sich um die Einhaltung von Standards bei Projekten zu kümmern, die sie nicht direkt finanzieren. Die Geldgeber argumentierten deshalb oft, dass sie nicht für die konkrete Situation vor Ort verantwortlich gemacht werden könnten, über die sie zu wenig wüssten.

Global Witness hält das für eine Ausrede. Ignoranz sei keine Entschuldigung. "Es ist nicht entschuldbar zu sagen, dass sie es nicht wissen. Die Banken müssen sicherstellen, dass sie es wissen", sagte Leather.

Da die Regierungen der meisten Industrieländer an den Entwicklungsbanken beteiligt sind und Geld zur Verfügung stellen, tragen auch diese eine Verantwortung betont Leather. "Das Vereinigte Königreich, die Regierungen in Deutschland und den USA, sie sind Aktionäre der Weltbank". Und hier sieht er auch die Bürger und Wähler mit in der Verantwortung. "Sie könnten ihre Politiker fragen: was macht ihr um sicherzustellen, dass unser Geld nicht mit dieser Gewalt gegen Menschen verbunden ist?"

Protest in Honduras: Aktivistin Berta Cáceres wurde in ihrem Haus von maskierten Tätern im Morgengrauen erschossen.Bild: picture alliance/AP Photo/F. Antonio

Weniger Gewalt und Mord durch Partizipation

Der Mord an der Umweltpreisträgerin Berta Cáceres von der indigenen Menschrechtsorganisation (COPINH) in Honduras im vergangenen Jahr erzeugte international viel Aufmerksamkeit. Danach zogen einige Investoren Konsequenzen: Die Entwicklungsbanken aus Finnland (Finnfund), den Niederlanden (FMO) und Zentralamerika (CABEI) zogen sich aus dem Staudamm-Projekt Agua Zarca in Honduras  zurück. Das Projekt bedroht den Lebensraum der indigenen Lenca-Bevölkerung.

Diejenigen, die seit Jahren Drohungen und Angriffe gegen Lenca-Aktivisten verurteilt hatten, sind dennoch wütend, dass die Banken erst so spät ihre Konsequenzen gezogen haben. Vielleicht wäre Cáceres noch am Leben, hätten sie früher gehandelt, meinen sie. 

Dennoch zeigte der Tod von Cáceres Wirkung in der Finanzwelt. Er war eine Warnung zugleich: Nicht nur Umweltschützer wurden getötet, auch investiertes Geld war nun verloren und die Reputationen der Banken litten unter der Affäre. 

"Jetzt müssen andere Institutionen zeigen, dass sie die Lektion gelernt haben und die Politik muss sich um die Regeln kümmern, dass Menschen geschützt werden, die sich gegen die Zerstörung von Umwelt und ihres Lebensraum wehren", sagt Leather. Der erste Schritt sei die lokalen Gemeinschaften vor der Umsetzung der Projekte zu konsultieren, empfiehlt der Bericht. 

Felipe Benitez, Präsident der indigenen Bewegung von Honduras (MILPAH), sagte der DW, dass das Hauptproblem der indigenen Gemeinschaften sei, dass sie nicht an den Entscheidungsprozessen für Projekte in ihren Territorien beteiligt würden. Drei Indigene wurden in Honduras getötet, weil sie sich gegen das Staudammprojekt  einsetzten. Einer von ihnen ist Benitezs Neffe.

Auch nach dem Mord an Berta Cáceres bleibt die Gefahr für Umweltschützer in Honduras. Viele fürchten um ihr Leben. Bild: Giles Clarke/Getty Images Reportage

Straflosigkeit und lockere Regeln fördern Gewalt

Trotz international zunehmenden Bewusstseins nimmt die Anzahl der Angriffe weiter zu. Ein Grund sei, dass die Täter meist ungestraft bleiben. "Bei der überwiegenden Mehrheit der Mordfälle gab es keine Verurteilungen", erklärt Leather. "Und das ist ein Signal für andere Täter und gibt ihnen grünes Licht." 

Als eine weitere Gefahr sieht der philippinische Umweltschützer Garganera, dass trotz des Bewusstseins bei der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) die Regeln für den Schutz der Umwelt und Menschenrechte gelockert würden. 

Ein Grund dafür sei, dass die beiden Banken nun im Wettbewerb mit der Asiatischen Infrastrukturinvestmenbank (AIIB) stehen. Diese war auf Chinas Initiative im Juni 2015 gegründet worden. "Wir haben Angst, dass dieser Zyklus von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zunehmen wird, wenn die Regeln noch mehr gelockert werden. Das ist ein Wettlauf nach unten", so Garganera. 

Rinder statt Regenwald

01:06

This browser does not support the video element.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen