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Glück: Was Menschen wirklich zufrieden macht

30. April 2025

Spaß und Reichtum sind nicht alles: Eine neue globale Studie zeigt, wer in welchen Ländern besonders glücklich ist. Die beunruhigende Botschaft: Junge Menschen sind durchweg unzufriedener.

Paar am Königssee in Bayern
Partnerschaften, sicheres Einkommen und religiöse Gemeinschaften fördern laut neuer Studie ein erfülltes LebenBild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

Bin ich zufrieden? Was macht mich glücklich? Meine Partnerschaft? Meine Familie? Meine Arbeit? Das Bruttosozialprodukt eines Landes sagt nichts darüber aus, wie es den Menschen dort geht. Geld allein macht also nicht glücklich. Auch in reichen Ländern können Menschen einsam und unzufrieden sein.

Gleichzeitig braucht es einen gewissen Wohlstand und Sicherheit, damit Menschen hoffnungsvoll sind und sich wohlfühlen. Ob und wann wir zufrieden sind, hängt dabei von unseren subjektiven Einschätzungen, von unserem persönlichen Wohlbefinden ab.

Was ein glückliches Leben ausmacht und in welchen Ländern Menschen besonders zufrieden sind, hat ein internationales Team mittels neuer Umfragedaten im Rahmen einer "Global Flourishing Study" (GFS) erforscht. "Flourishing" bedeutet, nach einem Leben zu streben, das mit Bedeutung, Freude und persönlichem Fortkommen erfüllt ist.

Wissenschaftliche Suche nach einem erfüllten Leben

Die im Fachjournal "Nature Mental Health" veröffentlichten Ergebnisse unterscheiden sich je nach Land ganz erheblich. Es geht dabei nicht um ein Länderranking, schreiben die Forschenden. Denn es muss nicht nur am Land, sondern auch an den Antworten der Befragten aus den Ländern liegen. Und Ergebnisse aus 22 Ländern bilden auch nicht die ganze Welt ab.

Aber einige generelle Aussagen gelten dennoch fast überall: Personen, die eine Arbeit haben, die in einer Partnerschaft leben oder die regelmäßig an religiösen Veranstaltungen teilnehmen, haben zumeist ein erfüllteres Leben.

"Geschlechterunterschiede sind gering; Verheiratete berichten durchweg von höherem Flourishing als Personen anderer Familienstände; Erwerbstätige und Personen im Ruhestand schneiden besser ab als Nichterwerbstätige; ein höherer Bildungsstand sowie häufigere Teilnahme an religiösen Veranstaltungen - zum Beispiel Gottesdiensten - gehen mit höherem Flourishing einher", erklärt die nicht an der Studie beteiligte Leonie Steckermeier, Juniorprofessorin für Angewandte Soziologie an der Universität Kaiserslautern-Landau. 

Was macht die Menschen in Finnland so glücklich?

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Globale Umfrage widerspricht dem World Happiness Report

Neben demografischen Angaben und Fragen zur Kindheit wurden unterschiedliche Bereiche des Lebens abgeklopft: Die Gesundheit, das subjektive Wohlbefinden, der Lebenssinn, der Charakter, Beziehungen und finanzielle Sicherheit.

Daraus ergibt sich ein "Flourishing"-Index. Das "Flourishing"-Konzept soll übergreifend die Qualität aller Lebensbereiche einer Person erfassen. Dazu wurden weltweit mehr als 200.000 Personen befragt - unter anderem auch in Deutschland. Diese Befragungen werden mit denselben Personen in den kommenden Jahren jeweils jährlich wiederholt, um Veränderungen im Zeitverlauf analysieren zu können.

Forschende würdigen vor allem den umfangreichen Datensatz der neuen Studie, dessen Resultate sich zum Teil auch erheblich von dem jährlich erscheinenden World-Happiness Report unterscheiden, so Prof. Dr. Hilke Brockmann, Assoziierte Professorin für Soziologie an der Constructor University Bremen: "So deckt sich das Ranking der Länder nicht mit dem des diesjährigen World Happiness Reports (WHP), der die reichen skandinavischen Nationen (immer) ganz oben sieht. Und umgekehrt rangiert Indonesien auf Platz 1 in der GFS, beim WHP 2025 jedoch auf Platz 83." 

Glück im Alter, Sorgen in der Jugend

Besonders überraschend sind auch die Befunde zum "Flourishing" im Lebensverlauf: Viele Glücksforscher gehen von einem U-förmigen Verlauf der Lebenszufriedenheit aus.

Allerdings variiert das subjektive Wohlbefinden im Lebensverlauf je nach Land deutlich: So steigt das "Flourishing" mit dem Alter zum Beispiel in Australien, Brasilien, Japan, Schweden und den USA an. In Indonesien, Kenia und der Türkei bleibt es im Lebensverlauf gleich, während es in Indien oder Tansania im Laufe des Lebens sinkt.

"Das ist spannend und rätselhaft. Eine Erklärung jenseits der Vermutung, dass sich hier eine neue Entwicklung abzeichnet, können die Autoren nicht geben.

Überhaupt hält die neue Studie wenig Erklärungen über mögliche Ursachen bereit. Sie liefert auch keine Empfehlungen. "Rätselhaft bleiben auch die verschiedenen länderspezifischen Unterschiede. Das liegt daran, dass das 'Flourishing'-Konzept sehr allgemein von Kontexten spricht, ohne diese genauer auszubuchstabieren", so Steckenmeier. Die erhobenen Daten können aber dabei helfen, die nationalen Unterschiede "dezidiert aufzuschlüsseln und kausal zu erklären".

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Jugend ist prägend fürs ganze Leben

Besonders traurig und auch besorgniserregend ist, dass jüngere Generationen "sowohl in ihrem subjektiven als auch in ihrem mentalen Wohlbefinden deutlich hinter dem Niveau früherer Generationen zurückbleiben", so die Juniorprofessorin für Angewandte Soziologie an der Universität Kaiserslautern-Landau.

Insgesamt "findet sich ein überraschend niedriges Flourishingniveau in den jüngeren Altersgruppen. Dies ist, wie die Autor:innen auch selbst anmerken, aus wissenschaftlicher Perspektive überraschend und aus Policy-Perspektive beunruhigend."

Die neue Studie zeigt anschaulich, wie stark die Zufriedenheit von einer psychischen und physischen Gesundheit, von engen sozialen Beziehungen und der finanziellen und materiellen Stabilität anhängig ist.

Und dass "belastende Lebensumstände in der Kindheit mit einem geringeren 'Flourishing' im Erwachsenenalter verbunden sind", so Steckenmeier, wie etwa die Beziehung zu den Eltern, die finanzielle Situation im Haushalt oder die eigenen Gesundheit im frühen Jugendalter. "Dabei wird auch der lange Schatten früherer Kindheitsereignisse - wie etwas Kindesmissbrauch - sichtbar", so die Soziologin Hilke Brockmann.

 

Quelle:

The Global Flourishing Study: Study Profile and Initial Results on Flourishing. Nature Mental Health. DOI: 10.1038/s44220-025-00423-5.

Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit