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'Babel' fürs Kino

27. Dezember 2006

Für "Babel" wurde der mexikanische Regisseur Alejandro Gonzalez Inarritubei in Cannes ausgezeichnet. Er erzählt von der Schwierigkeiten in einer globalisierten Welt, einander zu verstehen und zueinander zu finden.

Hauptdarsteller Brad PittBild: TOBIS Film

In Marokko erhalten die zwei Hirtenjungen Ahmed und Yussuf ein Jagdgewehr, um ihre Schafe vor Schakalen zu beschützen. Um die Feuerkraft zu demonstrieren, schießt Yussuf von einem Berg auf einen weit entfernten Reisebus. Der hält wenige Sekunden später abrupt an, die Insassen laufen panisch heraus.

Bild: TOBIS Film

Nach "Amores Perros" und "21 Gramm" bringt Alejandro González Inarritu seinen dritten Film in die Kinos. Wie bei seinen Vorgängern entwickeln sich auch in "Babel" durch Zufälle schicksalhafte Kausalitäten zwischen einander scheinbar fremden Menschen.

Kreuzten sich die Pfade der Figuren zuvor noch in den jeweiligen Städten, so sind die Lebenswege verschiedener Menschen nun auf drei Kontinenten miteinander verflochten. Im Zentrum des in Cannes mit dem Regiepreis prämierten Filmes stehen diesmal sprachliche Barrieren, die den zwischenmenschlichen Umgang behindern.

Drei Kontinente

Cate Blanchett (Susan) und Brad Pitt (Richard) überzeugenBild: TOBIS Film

Das Projektil des Gewehrs hat die Amerikanerin Susan (Cate Blanchett) am Hals verwundet. Mit ihrem Mann Richard (Brad Pitt) macht sie in Marokko Urlaub, um den frühen Tod des gemeinsamen Kindes zu verarbeiten. Zu Hause in San Diego sind ihre anderen zwei Kinder in der Obhut des illegal in den USA arbeitenden mexikanischen Kindermädchens Amelia. Die wartet ungeduldig auf die Rückkehr des wohlhabenden Paares, weil sie am Abend in Mexiko der Hochzeit ihres Sohnes beiwohnen will. Nun kann Richards Schwester nicht zum Babysitten einspringen, da sie alle Hebel der Bürokratie für Susans Rettung in Bewegung setzt. Amelia nimmt kurzerhand ihre Schützlinge mit ins Auto und macht sich mit ihrem Neffen Santiago (Gael Garcia Bernal) auf zur Grenze nach Mexiko.

In Japan versucht die junge taubstumme Chieko den Selbstmord ihrer Mutter zu überwinden. Doch ihre verzweifelte Suche nach Nähe und Zärtlichkeit scheitert immer wieder; ihr Vater war der Vorbesitzer des Gewehres.

Zufall und Schuld

Regisseur Iñárritu spannt zwischen seinen Figuren einen weltumfassenden Bogen. Die Anspielung im Titel auf die biblische Stadt, in der Gott die gesamte Menschheit zur Strafe für ihre Kühnheit mit der Sprachverwirrung belegte, verweist auf den universellen Anspruch des Films. Kunstvoll und in eindringlichen Bildern gelingt dem mexikanischen Regisseur das Wagnis, von Verständigungsschwierigkeiten, aber auch vom feinen Grat zwischen Zufall und Schuld zu erzählen.

Obgleich sich der japanische Handlungsstrang ein wenig aus dem sonst dichten Teppich des Plots herauslöst, zeigt sich in "Babel" die Virtuosität Iñárritus. In seiner Darstellung einzelner Schicksale prangert der Film die gestörte Kommunikation zwischen den Menschen in einer Welt an, die trotz Globalisierung und Internet das Zuhören verlernt habe, betonte der Regisseur in einem Interview.

Zu realistisch für ein Melodram

Denn der Film macht vor allem den Verständnismangel für das Leid verantwortlich: Die Leichtsinnigkeit der Hirtenjungen wird in den Medien zum Terroranschlag aufgebauscht. Susans Verletzung muss für politische Machtspiele herhalten. Amelia trifft auf die harten Einwanderungsbestimmungen der USA. Und die halbwüchsige Chieko ist aufgrund ihrer angeborenen Behinderung ohnehin von der Außenwelt isoliert.

Cate Blanchett, Brad Pitt und Gael Garcia Bernal vollbringen eine verstörende und nachhaltige Schauspielleistung, die sich dem Melodrama näherte, wäre sie nicht derart realistisch. Wie bei seinen vorangegangenen Filmen vertraut Iñárritu wieder auf seinen Kameramann Rodrigo Prieto, dessen Bilder lange im Gedächtnis bleiben. Die gedämpften Farbtöne der menschenleeren, rauen Landschaft Marokkos kontrastiert er mit den sterilen, ebenso unwirtlichen Neonlichtern Tokios. (kas)

Babel (USA 2006) Regie: Alejandro Gonzalez Iñárritu. Buch: Guillermo Arriaga. Mit: Cate Blanchett, Brad Pitt, Adriana Barraza, Gael Garcia Bernal. Länge: 142 Minuten

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