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Europas neuer Krieg?

28. Januar 2007

Die Globalisierung schreitet voran. Auch der Terrorismus hat sich mittlerweile vom nationalen Terrain verabschiedet und Einzug in die Zentren der westlichen Welt gehalten. Damit wird er zu einem transantionalen Problem.

Bild einer Überwachungskamera der Londoner U-Bahn während der Terroranschläge 2005(Foto: AP)
Terroranschlag auf die Londoner U-Bahn 2005Bild: AP
Die meisten modernen Kriege sind durch eine offensichtliche Asymmetrie gekennzeichnet: Zwei ungleich starke Gegner kämpfen gegeneinander. Mit dem Terrorismus haben diese Neuen Kriege Einzug in die Zentren der westlichen Welt gehalten, in die Mitte ihrer Metropolen oder ihrer Urlaubsgebiete. Spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist der Terrorismus zu einem wahrhaft globalen Phänomen geworden.

Geänderte Zielsetzung terroristischer Aktivitäten

Die Terroranschläge von London hinterlassen Zerstörung und Schrecken.Bild: AP
Globaler Terrorismus ist ein Schauplatz von Kriegshandlungen, die nicht direkt mit militärischen Mitteln, sondern viel subtiler, durch Verbreitung von Angst und Schrecken Wirkung zeigen sollen. Entstanden ist er aus lokal begrenzten Bewegungen, die einen Machtwechsel bestehender Strukturen anstrebten, wie im Falle der nordirischen IRA, aus Unabhängigkeitsbewegungen wie der baskischen ETA, oder aus Bewegungen, die mit spektakulären Aktionen auf regionale Missstände aufmerksam machen wollten, wie im Falle der palästinensischen Attentate zum Beispiel bei den Olympischen Spielen von München im Jahr 1972.

Doch der islamistische Terror der letzten Jahre hat diese Beschränkungen längst hinter sich gelassen. Inzwischen ist die gesamte westliche Welt zum Feind erklärt worden. Ein lokaler Bezugspunkt ist nicht mehr ausschlaggebend. Im Zeitalter des Internets steht die soziale und symbolische Bindung im Vordergrund.

Die Psychologie der Akteure

Marc Sagemann, Terrorismusexperte an der University of Pennsylvania, stellte Nachforschungen über hunderte von Terroristen an, die in direktem oder indirektem Kontakt zu Osama bin Laden stehen. Dabei stellte er fest, dass die Mehrheit der Al-Qaida-Mitglieder aus gutbürgerlichen oder wohlhabenden Familien stammt. Fast die Hälfte hat studiert.

Das Durchschnittsalter der Terroristen liege bei 26 Jahren und die meisten radikalisierten sich erst im Ausland, wenn sie von ihrer Heimat getrennt seien und ohne Familie und Freunde leben müssten. Die Attentäter seien in dem Land, in dem sie leben, einsam und fühlten sich gesellschaftlich ausgeschlossen. Sie gingen in Moscheen, um Freundschaften zu schließen. Dort gerieten sie unter den Einfluss extremistischer Moslems, die ihnen eine einfache Deutung anbieten: Schuld an ihrem Leid seien der Werteverfall der westlichen Gesellschaft, Korruption, Materialismus und die Dekadenz des Westens.

Prävention und Ursachenforschung

Auch wenn also die politischen Motive bei den radikalisierten Islamisten nicht mehr so unmittelbar nachvollziehbar sind wie bei früheren Terroristen-Generationen, sehen Experten den Schlüssel zur Bekämpfung des Übels im Politischen.

Für Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik im Deutschen Institut für internationale Politik und Sicherheit liegt der Schlüssel zu dem Problem in der arabischen Welt: "Die Menschen in diesen Staaten fordern politische Partizipation, mit dem Ziel, ihre sozialen und wirtschaftlichen Probleme anschließend selbst zu lösen. Dahin gehende Reformen in Saudi-Arabien, Ägypten und allen anderen Staaten der arabischen Welt sind der erste notwendige Schritt, will man Al Qaida und ihren Verbündeten die Argumentationsgrundlage und damit auch die Rekrutierungsbasis entziehen."

Der Anstoß hierzu müsse aus den Ländern selbst kommen, die dortigen Zivilgesellschaften seien jedoch zu schwach, um sich gegen ihre Regierungen durchzusetzen: "Hier muss der Westen eingreifen."

Der Publizist Jürgen Roth sieht im Kampf gegen den Terror allerdings auch die Gefahr einer Instrumentalisierung des Begriffs. Unter dem Deckmantel der Terrorprävention bestünde das Risiko, dass Grundrechte von Bürgern zugunsten der Sicherheit dauerhaft eingeschränkt werden könnten. Zu bedenken sei, dass der Antrieb und die Motivation von Terroristen auch in diesem Zeitalter auf ursprünglichen Problematiken wie soziale Ungerechtigkeit und der Unterdrückung von Bevölkerungsgruppen beruhe.

Silke Bauer, Ute Köhler und Patricia Ogon, Studiengang Online-Journalismus, Hochschule Darmstadt
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