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MeinungsfreiheitLateinamerika

GMF: Óscar Martínez erhält "Freedom of Speech Award"

Silja Thoms
19. Juni 2023

Der Journalist Óscar Martinez aus El Salvador ist beim Global Media Forum der Deutschen Welle in Bonn mit dem "Freedom of Speech"-Award ausgezeichnet worden. Trotz Repressionen berichtet er über Gewalt und Korruption.

0scar Martinez am Rednerpult beim Global Media Forum
Óscar Martínez erhält den "Freedom of Speech Award" in BonnBild: Bjorn Kietzmann/DW

"Schweigen ist keine Option", lautet die Überzeugung von Óscar Martínez aus El Salvador. Für seine Unerschrockenheit und seine Recherchen ist der Investigativjournalist aus El Salvador am Montag beim Global Media Forum (GMF) der Deutschen Welle in Bonn mit dem diesjährigen Preis für Presse- und Meinungsfreiheit "Freedom of Speech Award" ausgezeichnet worden.

Der Journalist hat in der Vergangenheit bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten - darunter den Fernando Benítez National Journalism Prize in Mexiko oder den Maria Moors Cabot Prize, mit dem Journalisten für ihre herausragende Berichterstattung über den amerikanischen Kontinent geehrt werden.

Der "Freedom of Speech Award" wird in diesem Jahr zum neunten Mal verliehen. Ziel ist es, auf die eingeschränkte Pressefreiheit in vielen Regionen der Welt aufmerksam zu machen und Menschen für ihre herausragende journalistische Art zu würdigen.

"Spaltungen überwinden" ist das diesjährige Motto des Global Media Forums der Deutschen WelleBild: Ronka Oberhammer/DW

Der 1983 in El Salvador geborene Martínez ist in ganz Lateinamerika für seine investigativen Recherchen bekannt, begründete die Deutsche Welle die Auszeichnung. Seit dem Amtsantritt  von El Salvadors Präsidenten Nayib Bukele im Juni 2019 wurden  im Land zahlreiche regierungskritische Journalisten angegriffen und bedroht. 

"Hybrides Regime"

Journalisten, die über kriminelle Banden berichten, werden oft kriminalisiert und die Medien schikaniert. 2022 verhängte die Regierung wegen der ausufernden Kriminalität einen Ausnahmezustand. Dadurch werden verfassungsmäßige Rechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in El Salvador außer Kraft gesetzt. 

Das Land in Mittelamerika belegt auf der Rangliste  für Pressefreiheitweltweit Platz 115 von insgesamt 118 Ländern. Laut der Organisation “Reporter ohne Grenzen” gehören die Medien “zu den Opfern der weit verbreiteten Gewalt in El Salvador.”

Mehr als 150 Journalisten mussten bereits das Land verlassen, erklärte Martínez während der Preisverleihung. Von internationalen Beobachtern werde El Salvador als "hybrides Regime" bezeichnet, sagte Martínez.

Auch Martínez selbst hat wegen Morddrohungen oder aus Angst, verhaftet zu werden, bereits mehrfach das Land verlassen müssen. Exil, Repression, politische Verfolgung, Folter, Haft und Willkür - all diese Gefahren würden weder ihn noch seine Kollegen davon abhalten, weiterhin kritisch zu berichten und Missstände aufzudecken, versicherte der Preisträger. 

"Der Journalismus ist mittendrin: verfolgt von der Macht, und verachtet von einem guten Teil der Gesellschaft, die er informiert", so Martínez. "Je mehr Dunkelheit, desto mehr Bedarf an Journalismus haben wir".

Der salvadorianische Journalismus habe in diesem Jahrhundert noch nie so viele Fälle von Korruption, Straflosigkeit und staatlicher Gewalt aufgedeckt - trotz des ständigen Risikos, verhaftet und eingesperrt  zu werden.

"Ich komme daher voller Bedauern, aber auch voller Stolz hierher, weil ich eine Gruppe von Menschen vertrete, die ihren journalistischen Auftrag erfüllt haben, dazu gehört auch die zentralamerikanische Journalistengilde, der ich angehöre, obwohl es ihnen manchmal das Leben schwer gemacht hat", sagte er in Bonn.  

Ein Leuchtturm im Journalismus 

Martínez leitet die regierungskritische Online-Plattform El Faro (übersetzt: Der Leuchtturm). Er stieß im Jahr 2008 zum ersten Online-Magazins Lateinamerikas, um zunächst über die zentralamerikanische Migration durch Mexiko zu berichten. Zweieinhalb Jahre lang verfolgte er Migranten auf ihrem Weg nach Norden, dokumentierte dort Misshandlungen, denen die Menschen ausgesetzt waren - darunter Massenentführungen, Vergewaltigungen, Menschenhandel und Massaker. 

Im Jahr 2018 veröffentlichte er als Co-Autor "El Niño de Hollywood", ein Buch, das sich der gefürchteten Gang "Mara Salvatrucha 13" widmet. Er veröffentlichte insgesamt mehrere Bücher rund um die Themen organisierte Kriminalität und Migration. 

Óscar Martínez berichtet unter anderem über organisiertes Verbrechen und DrogenhandelBild: Moises Castillo/AP/picture alliance

Seit seiner Gründung im Jahr 1998 ist das Magazin El Faro  von einem kleinen Projekt zu einem international prämierten und in Lateinamerika führenden Investigativ-Medium für unabhängigen Journalismus geworden. Unter seiner Leitung wurde es in den vergangenen Jahren zunehmend zur Zielscheibe der Regierung.

Auch seien, so Martínez, 22 Journalisten über mehrere Monate mit der Spähsoftware "Pegasus" ausspioniert worden - unter anderem, als sie für das Magazin Beweise über einen geheimen Pakt des Präsidenten mit kriminellen Banden sammelten. Aus Sicherheitsgründen ist ein Teil des Unternehmens vor Kurzem bereits nach Costa Rica umgezogen. 

Beim Global Media Forum appellierte Martinez an die Teilnehmenden, Solidarität für Journalisten in Mittel- und Lateinamerika zu zeigen, die “tapfer” und “unbestechlich” weiterhin Missstände aufdecken. "Lassen Sie uns nicht im Stich, wir werden Sie weiter informieren", sagte er. 

Auf dem Weg in die Diktatur 

El Salvador bewege sich stetig auf eine Diktatur zu, so Martínez über sein Herkunftsland. Auch der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, erklärte vor Beginn des Global Media Forums: "Nie zuvor wurden die Medien in El Salvador stärker kontrolliert" . Zentralamerika erlebe eine neue Welle des Autoritarismus, mit dem eine zunehmend eingeschränkte Pressefreiheit einhergehe.

"Oscar Martínez und die Redaktion von El Faro stellen sich couragiert gegen den enormen Druck, dem Journalisten in El Salvador, aber auch in anderen Ländern Zentralamerikas bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind." Ihre Arbeit sei mit einem hohen persönlichen Risiko verbunden, würdigte Limbourg die Arbeit der Investigativ-Plattform. 

Spaltungen der Gesellschaft überwinden

Wie lassen sich Spaltungen in der Gesellschaft überwinden? Dieser Frage geht das 16. Global Media Forum der Deutschen Welle in diesem Jahr nach, bei dem Martinez ausgezeichnet wurde. 

Über 2.000 Menschen werden zum Global Media Forum erwartet

 

Ehemalige Preisträger und Preisträgerinnen waren unter anderen die nigerianische Enthüllungsjournalistin Tobore Ovuorie (2021) und die ukrainischen Kriegsreporter Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka (2022). Zu dem zweitägigen Treffen an diesem Montag und Dienstag werden rund 2.200 Menschen aus aller Welt in Bonn erwartet.

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