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Corona beschleunigt den digitalen Wandel

6. Oktober 2020

Homeoffice, Homeschooling, Unternehmenskommunikation – mit digitalen Mitteln können wir die Einschränkungen durch die Pandemie teilweise ausgleichen. Der Schlüssel für alles: die Medienkompetenz.

Symbolbild Homeoffice
Bild: Imago Images/Westend61

Zum Glück gibt es das Internet. Das hat sich vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich gezeigt: Angestellte arbeiten von zuhause aus. Unternehmensbesprechungen finden online statt, der Schulunterricht am Bildschirm im Kinderzimmer.

Viele menschliche Kontakte haben sich ins Netz verlegt. Und die neuesten Informationen über das Virus bekommt man natürlich auch digital, oft über die sozialen Medien.

Innerhalb weniger Wochen haben sich viele Millionen Menschen digital weiterentwickelt. Sie halten Kommunikationssysteme und Arbeitsabläufe aufrecht, die ohne das Internet zusammengebrochen wären.

Homeschooling: Corona hat der Digitalisierung in allen Bereichen einen Schub versetztBild: Imago/O. Müller

Doch es lauern Gefahren in dieser schönen, neuen Online-Welt: Nicht immer sind die verfügbaren Informationen verlässlich, gerade die über Corona. Daten könnten ungewolltem Zugriff ausgeliefert sein, Computer gehackt werden. Nicht zu vergessen: Der Digitalisierungsschub verschafft autoritären Regierungen ganz neue Möglichkeiten der Zensur und der Steuerung von Informationen.

Beim Global Media Forum in Zusammenarbeit mit der DW Akademie diskutierten darüber Koliwe Majama aus Simbabwe, Osama Manzar aus Indien und Michael Tecklenburg vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. 

Einig sind sich alle drei, dass es entscheidend darauf ankommt, die Medienkompetenz der Menschen zu stärken. Der englische Ausdruck Media and Information Literacy, kurz MIL, bedeutet die Fähigkeit, Inhalte kritisch zu bewerten und einzuordnen, Quellen prüfen zu können.

Digitale Welt "betrifft jeden Lebensbereich"

Osama Manzar, Mitgründer der Digital Empowerment Foundation in IndienBild: DW/P. Böll

Osama Manzar verdeutlicht das am Beispiel der anstehenden Präsidentschaftswahl in den USA: Eine "Lawine an Informationen" stürze über die digitalen Medien auf die Menschen ein, angepasst an die Daten des Nutzers. Es gehe um Gefühle, um Zugehörigkeit und ähnliche Dinge, aber "nichts daran ist Fakt".

Wirklich mehr Zuschauer bei der Amtseinführung? Donald Trump 2017 im Vergleich zu Barack Obama 2009Bild: Reuters/L. Jackson (L) & S. Varias

Michael Tecklenburg spricht von einer "weltweiten Medienkrise". Er glaubt, dass die Corona-Pandemie eine wahre Flut von Falschinformationen ausgelöst hat. Daher die Dringlichkeit der Aufgabe.

Allerdings weist Osama Manzar darauf hin, dass etwa die Hälfte der Menschheit noch gar keinen Zugang zum Internet hat, in Indien seien es noch weniger. Doch selbst diejenigen ohne Internet-Zugang seien mindestens indirekt durch die Entwicklung betroffen. Die digitale Welt "betrifft unsere Kultur, unsere Traditionen, Bildung, unser Wirtschaftsleben, alles! Es betrifft jeden Lebensbereich."

In den meisten afrikanischen Ländern, so Koliwe Majama, seien Information häufig sehr stark von staatlicher Seite gesteuert. Aber es fehlten oft auch die Voraussetzungen für eine breite Digitalisierung. Eine gute Internet-Infrastruktur gehe Hand in Hand mit einem günstigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld.

Journalistin, Kommunikations- und Technologieberaterin aus Simbabwe: Koliwe MajamaBild: Privat

In vielen Gegenden ihrer Heimat Simbabwe fehle mit Elektrizität bereits eine Grundvoraussetzung für einen Netzzugang. Wegen dieser Infrastrukturprobleme und weil Internetzugang, wo es ihn gibt, für viele zu teuer ist, setzt Majama auf sogenannte "community networks", bei denen eine lokale Gruppe einen gemeinsamen Online-Zugang hat.

Medienkompetenz als Entwicklungsziel

Die Bedeutung der Medien für eine nachhaltige Entwicklung hätten die staatlichen und privaten Entwicklungsorganisationen erkannt, meint Tecklenburg. Dazu gehöre der Zugang zu vertrauenswürdigen, wahren Informationen. Das deutsche Entwicklungshilfeministerium fördert in vielen Ländern gerade diesen Bereich, auch über die DW-Akademie.

Michael Tecklenburg vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZBild: Per Henriksen/DW

Gerade für die Corona-Bekämpfung habe das Ministerium ein Extra-Programm aufgelegt, das vor allem lokale Medien fördere. Ziel sei dabei immer auch die Medienkompetenz. Neben Schweden, den USA und Großbritannien ist Deutschland mit 30 Millionen Euro einer der größten Geldgeber, wenn es um die Herausbildung von Medienkompetenz geht.

Osama Manzar arbeitet selbst an einem lokalen Train-the-trainer-Modell auf dem indischen Subkontinent, das zeigt, wie man mit wenig finanziellem Aufwand viel erreichen kann: Eine Person in einer Dorfgemeinschaft bildet andere aus, die wiederum weitere Menschen ausbilden.

Manzar betont, Medienkompetenz sei kein Luxus: Da unserer aller Leben, auch in Entwicklungsländern, so stark vom Internet abhänge, müsse die Herausbildung von Medienkompetenz überall oben auf der Prioritätenliste stehen.

Digitalisierung in einem Entwicklungsland – in vielen Ländern ist Internetzugang ein LuxusBild: DW/S. Olukoya

Koliwe Majama ergänzt mit ihrer Erfahrung aus Simbabwe, dass es in vielen afrikanischen Ländern auch kein vielfältiges Nachrichtenangebot gebe. Doch oft fehle nicht nur die Vielfalt: "Wir können noch so viel über Media and Information Literacy reden, aber Internetzugang und Bezahlbarkeit bleiben die wichtigsten Fragen."

Hier zeigt sich, wie unterschiedlich die Welt nach wie vor ist: Die Probleme mangelnder Verlässlichkeit der Informationen bestehen zwar überall, doch in vielen Regionen fehlt sogar der Internetzugang selbst.