"God save the Queen"
3. Juni 2002Die brüske Zurückweisung aller Abdankungsgerüchte verband die Monarchin mit dem Versprechen des Wandels. Zeitlose Werte, so sagte sie, müssten Hand in Hand gehen mit Entwicklung. Das weitere Bestehen der britischen Monarchie dürfte zu einem guten Teil davon abhängen, ob und wie es ihr gelingt, Tradition und Wandel zu vereinbaren.
Öffentlicher Schlagabtausch
Die Diskussion über das Fortbestehen der 1000 Jahre alten Monarchie wird mit Härte geführt. Linke Kommentatoren sehen in den jubelnden Menschenmengen "Opfer eines emotionalen Faschismus" (Independent), während Traditionalisten triumphieren: "Die Republikaner sind eines Besseren belehrt worden" (Daily Mail). Wie schnell sich das ändern kann, haben die Ereignisse nach dem Tod von Prinzessin Diana 1997 gezeigt.
Das Volk kennt keine Gnade
Ein schockiertes Volk fühlte sich in der Trauer von denjenigen allein gelassen, die nach seiner Ansicht eine Mitverantwortung für den tragischen Tod der Prinzessin trugen.
Ihre Wut verwandelte sich in immer weiter sinkende Zustimmungsquoten für die Monarchie. Nur langsam hat sich das Königshaus von diesem Schlag erholt. Neben der ständigen Gefahr einer erneuten Fehleinschätzung der öffentlichen Stimmung, so schrieb der Guardian, müsse eine wachsende Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber der Monarchie dem Königshaus zu denken geben.
Während Anfang der 1990er Jahre noch 70 Prozent der Briten glaubten, sie stünden ohne die Monarchie schlechter da, sind es heute nach Umfragen nur noch knapp über 50 Prozent. Nur ein Viertel der Befragten sind der Meinung, dass das Königshaus "so bleiben soll, wie es ist". Fast 60 Prozent wünschen sich dagegen eine Auflockerung nach dem Muster weniger formeller Königshäuser wie in den Niederlanden.
Langsamer Wandel?
Auch wenn die britische Monarchie von solch einer Veränderung noch weit entfernt ist, sehen maßgebliche Historiker Chancen und Ansätze des Wandels. So wird inzwischen in aller Offenheit nicht mehr über das "Ob", sondern nur noch über das "Wann" einer Heirat zwischen Thronfolger Prinz Charles und seiner Geliebten Camilla Parker Bowles diskutiert. Außerdem soll Charles künftig mehr offizielle Verpflichtungen übernehmen.
Um der öffentlichen Forderung nach mehr Transparenz und weniger Verschwendungssucht gerecht zu werden, muss die Queen nach dem Urteil der Hofbeobachter auch konsequent die Privilegien und Zuwendungen an die Mitglieder ihrer Familie streichen, die als "minor royals" - entfernte Verwandte - auf ihre Kosten in Luxus leben.
Die Queen als "Integrationsfaktor"
Einen wichtigen Fürsprecher hat die Queen - zum Erstaunen vieler politischer Anhänger - in Tony Blair. Ausgerechnet der Premierminister, der die "bisher am meisten republikanisch gesinnte Regierung führt" (Times), kommt mit der Queen ausgezeichnet zurecht. "Sie hat den Finger näher am nationalen Puls, als viele es vielleicht wahrhaben mögen", sagte er in einem TV-Interview zum Jubiläum. Und im Einklang mit den konservativsten Kommentatoren fügte er hinzu: "Sie ist ein wichtiger Einigungsfaktor für unser Land." (dpa/arn)