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Europa durch die Hintertür?

Jochen Faget (Lissabon)12. März 2015

Reiche Ausländer kaufen sich in Portugal die Aufenthaltserlaubnis für Europa. Die Opposition warnt vor undurchsichtigen Geschäften und Schwarzgeld. Doch die Regierung senkt die "Eintrittspreise" noch.

Portugal Lissabon Moderne Architektur (Foto: Picture alliance)
Bild: picture-alliance/Arco Images/J. Moreno

Portugals Vize-Ministerpräsident Paulo Portas zumindest hat klar gesagt, worum es ihm geht: "Die Golden Visa haben Portugal in zwei Jahren 1,27 Milliarden Euro Investitionen gebracht. Da wäre es doch dumm, wenn wir unseren Laden dicht machten und andere Länder dieses Geld verdienen würden." Mögen die speziellen Aufenthaltsgenehmigungen für millionenschwere Nicht-EU-Bürger schon den Chef der Fremdenpolizei den Job gekostet haben, mögen die Kritiken an der "Visavergabe nach Geldbeutel" immer lauter werden: Portugal wird weiterhin reichen Chinesen, Brasilianern, Angolanern und Russen die Erlaubnis in den Pass stempeln, im westlichsten EU-Land und damit im gesamten Schengen-Raum zu leben. Wenn sie nur genug dafür bezahlen.

Wer für sich und seine Familie die begehrte EU-Aufenthaltserlaubnis will, muss 500.000 Euro in Immobilien anlegen. Das ist im teuren Lissabon fast schon ein Schnäppchen. Doch vor allem viele Chinesen sind in ihrer Heimat noch höhere Preise für Apartments gewohnt und greifen begeistert zu. Ein Großteil der Luxuswohnungen in Portugals Hauptstadt oder an den Stränden des exklusiven Vororts Estoril sind inzwischen fest in chinesischer Hand. Dass sich nicht alle dieser Luxus-Einwanderer ihr Geld ehrlich verdient haben, bewies die Verhaftung eines Golden-Visa-Inhabers, der in China wegen Betrugs und anderer schwerer Verbrechen gesucht wird und jetzt auf seine Abschiebung wartet.

Kriminelle Geldquellen und Banden

"Wir erteilen Menschen eine Aufenthaltserlaubnis, bei denen wir nicht wissen, wo ihr Vermögen herkommt", warnt auch João Semedo, Parlamentsabgeordneter des Linksblocks "Bloco da Esquerda", der ebenso wie die Sozialistische Partei gegen die freizügige Visapolitik der Regierung ist. Die sozialistische Europaabgeordnete Ana Gomes sieht gar kriminellen Organisationen und internationalen Geldwäschern Europas Tore durch die portugiesischen "Goldenen Visa" geöffnet und fordert deren Einstellung.

Zeitweise unterbrochen waren die goldenen Visa bereits: Nachdem der Direktor der für ihre Ausstellung verantwortlichen Fremdenpolizei und ein Dutzend zum Teil sehr hoher Staatsdiener Ende vergangenen Jahres verhaftet wurden - wegen des Verdachts auf Korruption. Noch ist nicht bekannt, wie viele wen für den begehrten Stempel im Pass bestochen haben. Doch der Skandal hat sogar den damaligen Innenminister Miguel Macedo zum Rücktritt gezwungen.

Hauptkunden aus China

Insgesamt wurden 2014 mehr als 1500 Gold-Visa vergeben. Mit Abstand die meisten an Chinesen, auf Platz zwei und drei folgen abgeschlagen Brasilianer und Russen. Die meisten von ihnen investierten jedoch nicht, wie ursprünglich erhofft, die geforderte Million in den Aufbau von Unternehmen. Statt dessen kauften sie Luxusapartments, weiß Sérgio Alves, Generalsekretär der Portugiesisch-Chinesischen Handelskammer: "Die Gold-Visa haben zu keinerlei Investitionen in die Wirtschaft geführt, es wird ausschließlich für Immobilien verwendet. Die meisten Chinesen, die kaufen, leben nicht einmal dauerhaft hier."

Immobilienprojekte im ganzen Land locken Gold-Visa-AntragstellerBild: DW/J. Faget

Und der Luxusimmobilienmarkt blüht. Portugiesische und chinesische Firmen haben sich auf die reichen Kunden spezialisiert, bieten Komplett-Pakete einschließlich Visumsantrag und portugiesischer Putzfrau. Nuno Durão, Immobilienmakler mit teurem Büro gleich neben dem mondänen Casino von Estoril, freut sich: "Das Gold-Visa-Gesetz der Regierung war eines der besten, die jemals gemacht wurden, Portugal zu helfen. Es ist unkompliziert und hat sofort Investitionen gebracht." Durão verkauft vom Palast bis zum Penthouse so ziemlich alles, was teuer ist. Portugal sei sowieso kein Industrieland, doziert er, sondern auf den Tourismus ausgerichtet. Da habe der Immobilienboom erstens das Land für reiche Touristen ins Gespräch gebracht und zweitens die wegen der Krise darniedergelegene Bauindustrie wieder in Schwung gebracht.

Regierung erleichtert Visavergabe trotz Proteste

Weil es um viel schnelles Geld gehe, bleibe die Moral wieder einmal auf der Strecke, kritisiert die Europaabgeordnete Ana Gomes und bleibt trotzdem bei ihrer Forderung nach einem Ende der Gold-Visa. Der Parlamentsabgeordnete João Semedo gibt zu bedenken, dass diese Visa eine Hintertür seien, Geld zweifelhaften Ursprungs in die Europäische Union zu schleusen. Darum fordere sein Linksblock das Ende des Programms und eine genaue Überprüfung der geflossenen Gelder: "Die könnten ja von Wirtschaftsverbrechen kommen, oder aus internationalen Geldschieberzentren."

Den Vize-Ministerpräsidenten Paulo Portas ficht das alles nicht an. Er will sogar den "Eintrittspreis" für neue Gold-Visa senken: Demnächst soll es reichen, 350.000 Euro in die Altstadtsanierung, Kunst- oder Wissenschaftsprojekte zu stecken, um die Luxus-Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Wer sein Geld in unterentwickelte Regionen steckt, darf ebenfalls mit einem Rabatt in Höhe von 20 Prozent rechnen. Der Kampf um reiche Ausländer sei härter geworden, so Paulo Portas: "Schließlich stehen wir in Konkurrenz mit 13 anderen Ländern."

Da will der Vizeregierungschef lieber zweifelhafte Gastgeschenke an mögliche Visum-Antragsteller verteilen, als die Reichen mit harten Auflagen abzuschrecken. Was die Korruptionsvorwürfe und mögliche andere Verbrechen im Zusammenhang mit den Golden Visa betrifft, hat Paulo Portas nur eines zu sagen: "Wer sich schuldig gemacht hat, den möge die Härte des Gesetzes treffen." Dass Portugals Kriminalpolizisten, Staatsanwälte und Richter wegen der von seiner Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen hoffnungslos überlastet sind, verschweigt der Vize-Ministerpräsident geflissentlich.

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