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Politik

Griechische Neonazis vor dem Aus

Jannis Papadimitriou
25. Juli 2019

Die rechtsextreme Partei "Goldene Morgenröte" verpasste den Einzug ins griechische Parlament. Nun droht interner Streit - und Ärger vor Gericht.

Nikolaos Michaloliakos, Parteichef der "Goldenen Morgenröte"
Nikolaos Michaloliakos, Parteichef der "Goldenen Morgenröte"Bild: picture-alliance/dpa

Es war ein enttäuschendes Wahlergebnis: Mit 2,93 Prozent der Stimmen scheiterten die Rechtsextremen von der "Goldenen Morgenröte" knapp an der Drei-Prozent-Hürde. Nach der Parlamentswahl am 7. Juli müssen sie vermutlich ihre politischen Ambitionen für die nächsten vier Jahre begraben. Dafür schaffte eine neue rechte Gruppierung, die sogenannte "Griechische Lösung", den Einzug ins Athener Parlament. Der Parteivorsitzende Kyriakos Velopoulos gilt als unberechenbarer Populist, militant ist er jedoch nicht. Anscheinend haben sich die rechten Wähler für eine weniger radikale Lösung entschieden und der "Goldenen Morgenröte" diesmal den Rücken gekehrt.        

Nach den Wahlen berichtet Nikolaos Michaloliakos in einer TV-Ansprache von dem angeblichen Verrat seiner einstigen Mitstreiter. Der Anfang vom Ende für die einst gefürchtete Schlägertruppe? Gut möglich, glaubt die Politikwissenschaftlerin Vassiliki Georgiadou, die über Rechtsextremismus forscht und mehrere Bücher dazu verfasst hat. "Nicht nur der Erfolg, auch die organisatorische Kraft der 'Goldenen Morgenröte' hat sichtbar nachgelassen", sagt Georgiadou der DW. In früheren Jahren habe die Partei praktisch wie eine Miliz funktioniert, ihre Leute mobilisiert und vor allem in der Hauptstadt Athen ihre Hochburgen erkämpft. Doch wenn der politische Erfolg ausbleibe, sei die Neonazi-Partei eben nicht mehr attraktiv für ihre Anhänger, meint die Expertin. Eine weitere Folge: "Das sogenannte Führerprinzip scheint nicht mehr zu funktionieren, Parteichef Michaloliakos ist nicht unumstritten."  

Der Strafprozess geht weiter 

Unterdessen geht der Prozess gegen Michaloliakos und weitere Führungsmitglieder wegen "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung" weiter. Dieses Delikt kann zehn Jahre Haft und in Tateinheit mit weiteren Straftaten sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Folge haben. Zum Prozess kam es nach dem Mord an dem Linksaktivisten Pavlos Fyssas in der Hafenstadt Piräus vor sechs Jahren. Damals waren die griechischen Neonazis von der "Goldenen Morgenröte" mit 18 Abgeordneten im Parlament vertreten. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Mord auf Anweisung von Michaloliakos oder anderen Führungspersonen ausgeführt worden sei. Längst hat Parteimitglied Jorgos Roupakias gestanden, Pavlos Fyssas erstochen zu haben. Am vergangenen Donnerstag stand er den Richtern Rede und Antwort. Wer auf ein Wort der Reue gehofft hat, wurde enttäuscht: "Es war ein einfacher Totschlag und daraus habt ihr ein Riesenthema gemacht", protestierte Roupakias vor Gericht. "Eine Schande", titelte die Athener Zeitung "Ethnos". 

2014 begann im Hochsicherheitsgefängnis von Korydallos der Prozess gegen insgesamt 69 Parteimitglieder oder Anhänger der "Goldenen Morgenröte". Im Gespräch mit der DW beschwerte sich damals Kostas Papadakis, einer der Opfer-Anwälte, über mangelhafte Sicherheitsmaßnahmen und die engen Räumlichkeiten in der Strafanstalt. Dennoch hegte er die Hoffnung, dass der Prozess innerhalb von anderthalb Jahren zu Ende geht. Seitdem sind fünf Jahre vergangen, das Urteil wird erst in diesem Herbst erwartet. Dass die Mühlen der Justiz ohnehin langsam mahlen, sei nicht der eigentliche Grund für die besonders lange Verfahrensdauer, meint die Rechtsextermismus-Expertin Georgiadou. Die Beweislage sei kompliziert, es gehe hier nicht nur um den Mord am Linksaktivisten Fyssas, sondern auch um weitere Straftaten mit mehreren Angeklagten. Außerdem hätten die Verteidiger immer wieder versucht, den Prozess durch Verfahrenstricks zu verzögern - in der Hoffnung, die Neonazis würden bei der nächsten Wahl gut abschneiden. Diese Erwartung hat sich jedoch nicht erfüllt. "Politisch stehen die Angeklagten nun als Verlierer da, und sie dürfen auch keine Immunität beanspruchen", sagt die Politikwissenschaftlerin.          

"Pavlos Fyssas lebt": Ein Plakat in Athen, das an den ermordeten Rapper und Aktivisten erinnert Bild: DW/I. Anastassopoulou

Streit um EU-Mandate     

Immerhin konnte die "Goldene Morgenröte" bei der Europawahl im Mai einen Erfolg feiern und zwei Parlamentarier nach Brüssel schicken. Der prominenteste Neuzugang ist Ioannis Lagos, einst für die Gewerkschaftsarbeit zuständig und nach Auffassung der Athener Staatsanwaltschaft zumindest mitverantwortlich für den Mord am Linksaktivisten Fyssas im September 2013. Kaum angekommen in Brüssel, erklärte Lagos überraschend seinen Austritt aus der Partei. Einstige Mitstreiter fordern ihn auf, sein Mandat zurückzugeben. Noch mehr Ärger für Parteichef Michaloliakos: Sein ehemaliger Europapolitiker Eleftherios Synadinos wirft ihm in aller Öffentlichkeit Nepotismus und unlautere Finanzpraktiken vor.  

Zunehmende parteiinterne Streitigkeiten deuten ebenfalls auf ein Ende der "Goldenen Morgenröte" hin, meint Politikwissenschaftlerin Georgiadou. Allerdings dürfe man die Partei nicht völlig unterschätzen: "In Griechenland haben die Rechtsextremen ein Stammpublikum, so um die sieben Prozent. Ob diese Wähler der 'Goldenen Morgenröte' endgültig den Rücken kehren oder nicht, hängt nicht zuletzt davon ab, wie überzeugend die Volksparteien auftreten."   

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