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Goldrausch in Ghana jenseits offizieller Strukturen

Cai Nebe
8. November 2025

Der Goldabbau hat in Westafrika eine lange Tradition, und das Edelmetall ist für viele Länder wie Ghana wichtig. Doch derzeit boomt vor allem das Geschäft illegaler Minen - und wird von kriminellen Akteuren unterwandert.

Ghana 2024 | Bergarbeiter suchen Gold im wässrigen Sand einer Mine
Bergarbeiter suchen Gold in einer aktiven Mine in GhanaBild: Michael Oti/DW

Im Mittelalter bedeutete der Name Ghana "Herrscher des Ghana-Reiches" oder "König des Goldes". Zur Kolonialzeit wurde das Land "Goldküste" genannt - ebenfalls eine Referenz an die Bedeutung des Edelmetalls für das Land und die Region.

Wie und für wen Gold heute abgebaut wird, ist jedoch umstritten. Rekordhohe Rohstoffpreise und der Klimawandel haben teilweise zu einer explosionsartigen Zunahme von Galamsey geführt, einem Synonym für illegalen Kleinbergbau. Schätzungen zufolge sind eine Million der 34 Millionen Einwohner Ghanas damit beschäftigt, was eine Vielzahl von Umwelt-, Landwirtschafts- und Gesundheitsproblemen nach sich zieht. 

"In Ghana sind wir mit einer existenziellen Bedrohung konfrontiert. Unser eigenes Überleben wird durch die Vergiftung unserer Gewässer, die Zerstörung unserer Waldreservate und Ackerflächen gefährdet. Unser Wasser und unsere Lebensmittel sind nicht sicher", sagt Awula Serwaa, Mitbegründer von Eco-Conscious Citizens, einer Organisation, die sich gegen Galamsey einsetzt. 

Früher durchkämmten Goldsucher hauptsächlich verlassene Abbaugebiete auf der Suche nach Überresten. Heute hingegen kommen auch im illegalen Bergbau schwere Maschinen zum Einsatz - und durchlöchern nicht selten ganze Gebiete. "Wir hatten so viele Menschen, Kinder und sogar Erwachsene, die in offene Gruben gefallen sind, die von verantwortungslosen Bergleuten zurückgelassen wurden, und ertrunken sind", sagt Serwaa.

Ghanas Kakaoindustrie hat darunter gelitten, obwohl Ghana nach der benachbarten Elfenbeinküste der zweitgrößte Exporteur von Kakaobohnen ist. Ghanas Regierung legt die Preise fest, um die Bauern zu unterstützen – tatsächlich hat sie den Preis pro Tonne Kakao Mitte 2025 um mehr als 60 Prozent in Dollar erhöht. Aber das hat nicht ausgereicht, um einige Bauern davon abzuhalten, sich dem Goldrausch anzuschließen und ihre Felder zu verkaufen.

Ghana ist mit der benachbarten Elfenbeinküste der zweitgrößte Exporteur von Kakaobohnen - doch sieht mancher Bauer mehr wirtschaftliche Möglichkeiten im GoldsektorBild: Xu Zheng/Xinhua/picture alliance

"Der Klimawandel führt dazu, dass in vielen dieser Regionen, darunter auch im Norden Ghanas, die Erträge in der Landwirtschaft zurückgehen", sagt Lucia Bird von der Global Initiative Against Transnational Organized Crime (GI-TOC). In ihrem kürzlich veröffentlichten Bericht beschreibt die Organisation die Auswirkungen des illegalen Goldhandels in Westafrika.

Goldsektor anfällig für Unterwanderung

Die GI-TOC-Studie zeigt eine neue Dimension auf: Das Dreiländereck zwischen Ghana, der Elfenbeinküste und Burkina Faso entwickelt sich zu einem wichtigen Versorgungszentrum für die mitAl-Qaida verbündete Jama'at Nasr al-Islam wal-Muslimin (JNIM). Die JNIM scheint "Ressourcen" aus dem Goldabbau im Dreiländereck zu beziehen: Kraftstoff, Motorräder und andere Waren werden von den ghanaischen Häfen in die Sahelzone geschmuggelt. In ghanaischen Grenzstädten gibt es Märkte, auf denen in den Konfliktgebieten der Sahelzone gestohlenes Vieh verkauft wird. 

Ein Goldfund - die Ausbeute in einer Goldmine in GhanaBild: Michael Oti/DW

In einigen dieser Goldminen im Sahel arbeiten mehr als 1000 Bergleute. "Aufgrund der Struktur der Goldminenwirtschaft ist das Ganze anfällig für eine Unterwanderung durch die JNIM", sagte Bird der DW. "Wir haben keine schlüssigen Beweise dafür gefunden, dass die JNIM Finanzmittel aus dem Goldsektor im Norden Ghanas bezieht." Stattdessen profitieren die Islamisten offenbar indirekt:  Der Bericht zeichnet nach, dass bewaffnete Gruppen "häufiger Einnahmen durch die Besteuerung von Bergbauaktivitäten erzielen, manchmal als Gegenleistung für die Gewährleistung von Sicherheit oder zumindest dafür, dass sie die Bergbaugemeinde selbst nicht angreifen".

Bird zufolge werden neuer Abbaugebiete oft mit Kapital aus dem Ausland erschlossen: "Aus unseren Untersuchungen wissen wir, dass ein Großteil der Goldkäufer in dieser Region im Norden Ghanas Vorfinanzierungen von größeren Käufern aus Burkina Faso erhält."

Laut Solomon Kusi Ampofo, der sich auf die Verwaltung natürlicher Ressourcen spezialisiert hat, ist Bergbau ohne Lizenz in Ghana weitgehend illegal.

"In Ghana darf man ohne die Zustimmung derjenigen, die Rechte an diesem Land haben, keinen Bergbau betreiben", erklärte er gegenüber der DW. "Und wenn es uns gelingt, Personen strafrechtlich zu verfolgen, die Land frei oder bereitwillig für illegale Aktivitäten zur Verfügung stellen, können wir das Problem lösen."

Illegaler Bergbau beeinträchtigt legale Aktivitäten, staatliche Einnahmen und die Umwelt. "Kleine Goldminenbetreiber müssen eigentlich fünf Prozent Lizenzgebühren auf die Bruttogoldproduktion zahlen, was sie jedoch nicht tun. Bei der Ausfuhr müssen die Bergleute 1,5 Prozent des Wertes des exportierten Goldes zahlen", sagte Ampofo. "Was die Einnahmen angeht, erhält die Regierung nur sehr wenig aus dem Kleinbergbau, aber die Umweltbelastungen sind eklatant."

"Stabilisierender Effekt"

Die GI-TOC-Studie legt nahe, dass der Goldabbau auch einen stabilisierenden Effekt haben kann. Kämpfer widmen sich dem Goldabbau, anstatt sich direkt an Viehdiebstahl oder Entführungen zu erpresserischen Zwecken zu beteiligen. Allerdings sind einige Goldabbaugebiete zu Zentren für illegale Aktivitäten wie Drogen- und Waffenhandel geworden.

Ghana hat versucht, den handwerklichen Goldabbau, der den Gemeinden Vorteile bringt, zu kontrollieren, ohne die Gemeinden zu entfremden.

Die DW interviewte Goldgräber im Talensi-Distrikt in der Upper-East-Region Ghanas, die an Burkina Faso grenzt. Braune Erdhügel prägen die Landschaft, mit wassergefüllten Kratern, die von Metallwaschpfannen und Handschaufeln unterbrochen werden. 

In der Sahelzone - hier eine Goldmine im Norden Ghanas an der Grenze zu Burkina Faso - arbeiten mitunter mehr als 1000 Menschen in einer MineBild: Maxwell Suuk/DW

"Es gibt so viel Arbeitslosigkeit in der Gemeinde", sagte Richard Kplemisor, einer der Bergleute. Sein Kollege Joseph Mbasakiya sagte: "Die meisten meiner Freunde sind weggegangen. Aber ich möchte nicht anderen Gemeinschaften zur Last fallen. Hier kann ich Gold finden."

Ein älterer Mann, Michael Asaah Seidu, spricht über die Frustrationen, mit denen seine Gemeinde bei der Erlangung legaler Bergbaugenehmigungen konfrontiert ist. "Der Prozess ist so langwierig. Wir haben einige unserer älteren Brüder im Bezirk Talensi, die über legale Lizenzen verfügen, die abgelaufen sind. Sie haben sich erfolglos an alle zuständigen Behörden, Vertreter und Ministerien gewandt, um sie zu verlängern", sagte er gegenüber der DW.

Laut Seidu wurden stattdessen Konzessionen an ein chinesisches Bergbauunternehmen vergeben. "Die Chinesen beschäftigen nicht einmal Menschen aus Talensi, sondern aus dem Süden. Wir können nicht tatenlos zusehen - wir haben Familien und Schulgebühren zu bezahlen."

Aktivisten: Regierung verliert die Kontrolle

Viele Goldgräber hoffen, angesichts hoher Rohstoffpreisen reich zu werden oder zumindest genug zu verdienen, um ihre Familien zu ernähren. Kritiker sagen jedoch, das Thema entgleite der Regierung in Ghana. Awula Serwaa von Eco-Conscious Citizens fordert mehr Präsenz von Sicherheitskräften, um illegalen Goldsuchern das Handwerk zu legen: "Ich nenne sie Terroristen, denn selbst in Kriegszeiten ist es ein Kriegsverbrechen, Wasser zu vergiften", sagte Serwaa. Sie glaubt, dass es nicht genug "politischen Willen" gibt, um den Boom des handwerklichen Bergbaus unter Kontrolle zu bringen, und dass die politischen Behörden und Strafverfolgungsbehörden "mitschuldig" sind.

Die Verwaltungsexpertin fordert zudem, bei der Lizenzvergabe strenger auf geologische Untersuchungen und Wirtschaftlichkeitspläne zu achten. Aus ihrer Sicht läuft die Zeit davon: "Wenn die Regierung jetzt entschlossen und schnell handelt, werden wir das Problem in den Griff bekommen. Aber wenn wir zu lange warten, dann wird es nur noch schwieriger werden."

Dieser Artikel ist im Original auf Englisch erschienen.