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Google-Doodle: Wer war Anna May Wong?

Bettina Baumann
22. Januar 2020

Immer wieder verändert Google sein Logo und erinnert so an ein besonderes Ereignis. Am 22. Januar 2020 stand Anna May Wong im Fokus. Wer war sie und woher stammt die Idee der "Doodles" eigentlich?

Screenshot Anna May Wong - Google Doodle

An manchen Tagen stechen sie einem ins Auge, an anderen übersieht oder ignoriert man sie einfach. An diesem 22. Januar 2020 jedoch schienen sich Zigtausende von Internetnutzerinnen und -nutzern für das Google-Logo zu interessieren - besonders in den USA und Kanada, wie aus Googles Reichweiten-Messung hervorgeht. Und das hatte seinen Grund: 

Das Google-Doodle - was so viel wie Kritzelei bedeutet - war dem ersten Hollywood-Star mit chinesischen Wurzeln gewidmet: Anna May Wong. Vor genau 97 Jahren kam der Film "The Toll of the See" in die Kinos, in dem sie ihre erste Hauptrolle spielte. Die sieben Slides des Doodles zeichneten ihre Karriere nach. 

Erste Hauptrolle für chinesisch-stämmige Amerikanerin

Wong, mit bürgerlichem Namen Wong Liu Tsong, war von Kindesbeinen an fasziniert von der Filmwelt. In ihrer Heimatstadt Los Angeles, wo sie 1905 als Tochter chinesischer Einwanderer aus zweiter Generation zur Welt kam, besuchte sie zahlreiche Kinovorstellungen und spielte die gesehenen Szenen zuhause vor ihrem Spiegel nach.

Mit 14 ergatterte sie ihre erste kleine Filmrolle in dem Stummfilm-Drama "The Red Lantern". Drei Jahre später folgte der große Durchbruch mit "The Toll of the Sea", dessen Plot an Puccinis Oper "Madame Butterfly" angelehnt ist. Für Wong war es ein Durchbruch in doppelter Hinsicht. Die Schauspielerin besetzte mit dem Film nicht nur die erste Hauptrolle ihrer Karriere, sondern brach mit bis dato vorherrschenden Konventionen des Filmgeschäfts. So war es im damals stark rassistischen Hollywood üblich, dass Asiatinnen lediglich stereotype Rollen erhielten und keine Liebesszenen mit Weißen spielten. 

Umzug nach Europa 

Eine der sieben Doodle-Slides illustriert auch Wongs Umzug nach Europa

Weil sie aufgrund dieser bestehenden Rassenschranken kaum Engagements angeboten bekam, stagnierte Wongs Karriere. Stereotype Rollen verweigerte sie, stattdessen wanderte sie Ende der 1920er nach Europa aus. Denn dort erhoffte sie sich bessere Angebote als Schauspielerin.

In Berlin und London, wo Wong lebte, nahm ihre Karriere wieder Fahrt auf. Sie spielte in den britischen Streifen "Piccadilly - Nachtwelt" (1929) oder "The Flame of Love" (1930) mit sowie in der deutschen Produktion "Hai-Tang. Der Weg zur Schande" (1930) - Wongs erster Tonfilm. Die verschiedenen Sprachversionen wurden mit jeweils unterschiedlichen männlichen Hauptdarstellern gedreht. Wong, die gut Deutsch und Französisch sprach, wirkte in allen drei Sprachversionen mit.

In "The Flame of Love" verliebt sich Tänzerin Hai-Tang (Wong) in einen russischen Militär-OffizierBild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Seite an Seite mit Marlene Dietrich 

Dank ihres Erfolgs in Europa wurden Anna May Wong auch wieder Hauptrollen in den USA zugesagt. 1930 kehrte sie in ihre Heimat zurück und spielte 1932 in der Literaturverfilmung "Shanghai-Express" an der Seite von Marlene Dietrich ihre berühmteste Rolle. In den 1950er Jahren erhielt sie als erste asiatisch-stämmige Amerikanerin die Hauptrolle in einer US-Fernsehserie: "The Gallery of Madame Liu Tsong". Zahlreiche weitere Serienauftritte folgten. 

1960 stand Anna May Wong das letzte Mal vor der Kamera. Sie war alkoholkrank, bekam Leberzirrhose. Mit gerade mal 56 Jahren verstarb sie in Santa Monica und hinterließ mehr als 50 Filme.

Wong als Chinesin Hu Fei in "Shanghai-Express"Bild: picture-alliance/akg-images

1960 wurden Wongs Verdienste mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame gewürdigt - und am 22. Januar 2020 mit einem Google-Doodle. 

Wie Doodles entstehen 

Die teils lustigen, teils animierten Änderungen am Google-Logo gibt es bereits seit dem Jahr 2000. Das erste entstand anlässlich des Französischen Nationalfeiertags. Seither sind schon über 4000 Doodles entstanden. Die Ideen für die optische Veränderung am Logo bringen Google-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter ein, aber auch Internetnutzer. Die Umsetzung übernimmt dann ein Team aus Entwicklern und Illustratoren, die Google "Doodler" nennt. 

Rassismus bis heute ein Thema 

Doodlerin für Anna May Wong war die Zeichnerin Sophie Diao. Auch sie entdeckte die Frau, die Filmgeschichte schrieb, erst durch ihre Arbeit an dem Projekt. "Sie ist großartig! Ich wünschte, ich hätte schon als Kind von ihr gewusst. Ich war immer auf der Suche nach chinesisch-amerikanischen Vorbildern in Filmen und Fernsehsendungen."

Bis heute sind asiatisch-stämmige Schauspielerinnen und Schauspieler unterrepräsentiert. 2016 veröffentlichte die Soziologin und Filmproduzentin Nancy Wang Yuen ihr Buch "Reel Inequality: Hollywood Actors and Racism" zu dem Thema und startete im Jahr darauf die Social Media-Kampagne #ExpressiveAsians. Der Hashtag bezieht sich auf die Aussage eines namentlich unbekannten Regisseurs, der zufolge es eine Herausforderung sei, asiatische Schauspieler zu finden, weil diese als nicht sehr "ausdrucksstark" angesehen würden. Yuen macht nach wie vor mit Tweets auf das Problem aufmerksam.

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