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Politik

Google droht: 5 Fragen und Antworten

Rahel Klein
23. Januar 2021

Australien will, dass Google und Facebook zahlen, wenn sie Artikel lokaler Medien verbreiten. Google antwortet mit einer Drohung. Hat der Streit Auswirkungen auf Europa? Wir erklären, was auf uns zukommen kann.

UK Google Büro London
Google-Logo an einem Londoner Büro des SuchmaschinenbetreibersBild: Hannah McKay/REUTERS

Was droht in Australien?

Google droht damit, seine Suchmaschine in Australien abzuschalten. Der Grund: ein geplantes Mediengesetz. Das soll Google und Facebook dazu zwingen, australischen Medienhäusern Nutzungsgebühren zu zahlen, wenn die Internetgiganten deren journalistische Inhalte verbreiten. Bei Verstößen drohen Strafen in Millionenhöhe.

In einer Anhörung vor dem australischen Senat sagte Mel Silva, Google-Managerin für Australien und Neuseeland, dass man "wirklich keine andere Wahl habe", als die Google-Suchfunktion in Australien "nicht mehr zugänglich zu machen", sollte das Gesetz in der aktuellen Form verabschiedet werden. Auch wenn es das letzte sei, was Google wolle.

"Keine andere Wahl" - Mel Silva, Google Australien, per Video-Schalte vor der Befragung im SenatBild: Mick Tsikas/AAP/dpa/picture alliance

Australiens Ministerpräsident Scott Morrison erklärte daraufhin, man lasse sich nicht einschüchtern: "Wir reagieren nicht auf Drohungen." Das Parlament lege fest, welche Regeln im Land gelten.

Warum eskaliert der Streit so?

Google ist nach eigenen Angaben zwar offen für Verhandlungen mit Verlagen und bereit, Geld zu zahlen. Dem US-amerikanischen Internetriesen geht das geplante Gesetz aber zu weit. Die in Australien vorgesehene Regelung namens News Media Bargaining Code sieht nämlich vor, dass Google auch schon für die Verbreitung von Links zahlen soll - und nicht erst bei längeren Artikelvorschauen. Das breche mit der Funktionsweise von Suchmaschinen, erklärte Google-Managerin Silva.

Umstritten ist außerdem ein im Gesetz geplantes Schlichtungsverfahren: Schaffen Google und die einzelnen Verlage es nicht, sich auf Gebühren zu einigen, soll ein staatlich bestellter Schiedsrichter die Summe festlegen. Für Google nach eigenen Angaben ein zu großes und unkalkulierbares finanzielles Risiko.

Was steht auf dem Spiel - und für wen?

"Suchmaschinen verdienen mit den Inhalten von Presseverlagen viel Geld, nicht aber die Verlage selbst", sagt Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Medien- und Internetrecht in Köln. Google argumentiert dagegen, dass Presseverlage durch die Verlinkung in der Suchmaschine, zum Beispiel im Google Newsfeed, zahlreiche Klicks generieren. Das reicht den Verlagen aber nicht, sie wollen durch Lizenzgebühren am Gewinn beteiligt werden. "Für Google geht es insofern um nicht weniger als Milliarden", so Solmecke. Dass Google seine Drohung ernst macht und die Suchfunktion in Australien abschaltet, glaubt er aber nicht. "Ich bezweifle stark, dass das am Ende so kommen wird. Schließlich ist die Suchfunktion ein elementarer Bestandteil der digitalen Welt."

Trotzdem lässt das Scharmützel in Australien ein globales Dilemma erkennen. Vor kurzem hatte Google in Australien die Probe aufs Exempel gemacht und einem Teil der Bevölkerung die Inhalte lokaler Medien nicht mehr angezeigt. Das Unternehmen selbst erklärte, es habe sich nur um einen Testlauf gehandelt, verstanden wurde der aber als Machtdemonstration: Wer sich Google nicht fügt, verschwindet aus der Suchanzeige - und wer auf Google nicht gefunden wird, hat auf Dauer kaum eine Überlebenschance auf dem Markt, sagt Solmecke: "Google die Möglichkeit zu entziehen, die eigenen Inhalte zu nutzen, kann daher nur eine theoretische Überlegung sein."

Plant die EU ein Gesetz wie in Australien?

Die EU hat im Frühjahr 2019 eine Urheberrechtsrichtlinie verabschiedet, die ein europäisches Leistungsschutzrecht vorsieht. Ähnlich wie in Australien sollen Presseverlage dabei Anteile an den Einnahmen erhalten, die Internetdienstleister wie Google durch die Verbreitung von Nachrichtenartikeln erwirtschaften - etwa durch geschaltete Werbung. Jedes EU-Mitgliedsland muss diese Richtlinie in nationales Recht umsetzen und im vorgegebenen Rahmen ein eigenes Leistungsschutzrecht verabschieden.

Allerdings werden Konzerne wie Google und Facebook in der Richtlinie nicht so stark in die Pflicht genommen wie im australischen Gesetzentwurf. "Unser europäisches Leistungsschutzrecht ist und wird auch in Deutschland begrenzter sein als das australische", sagt Stephan Dirks, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Hamburg. Im Gegensatz zum australischen Gesetzentwurf sind innerhalb der EU-Verordnung beispielsweise einzelne Wörter oder kurze Textauszüge aus Artikeln zur Verbreitung erlaubt. Auch ein automatisches Schlichtungsverfahren ist nicht vorgesehen.

Könnte in Europa ein ähnlicher Streit drohen?

Auch wenn die Gesetze auf europäischer Ebene nicht so weitgehend sein werden wie in Australien: Experten halten Auseinandersetzungen zwischen Google und EU-Staaten für nicht ausgeschlossen. "Es gibt uns sicherlich einen Ausblick darauf, wie Google auf die Umsetzung des Leistungsschutzrechts in Europa reagiert", sagt Stephan Dirks und verweist auf vergangene Erfahrungen. Deutschland hatte 2013 schon mal ein Leistungsschutzrecht eingeführt. Damals hatte Google verkündet, der Konzern werde Artikel von Verlagen nicht mehr in seinen Suchergebnissen anzeigen, sollte das Gesetz in Kraft treten. "Das wird auch hier sicherlich wieder drohen, wenn die Urheberrechtsreform umgesetzt ist", prophezeit Dirks.

Auch Christian Solmecke warnt, Europa müsse die Auseinandersetzung zwischen Google und Australien genau beobachten. "Die Reaktion der Big-Tech-Unternehmen darf als Fingerzeig für künftiges Verhalten auch gegenüber uns in Europa verstanden werden."

Frankreich hat die EU-Richtlinie bereits in nationales Recht umgesetzt. Dort einigten sich Verleger und Google auf eine Vergütung. Auf Basis dieses Abkommens soll Google nun einzelne Verträge mit Verlegern aushandeln.

Die meisten EU-Mitgliedsstaaten haben allerdings noch kein eigenes Leistungsschutzrecht verabschiedet. Es ist also nicht ausgeschlossen, glaubt Stephan Dirks, dass Googles Drohgebärden sich auf die Gesetzgebung einzelner EU-Staaten auswirken.

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