Google zahlt Verlagen eine Milliarde Dollar
1. Oktober 2020Google startet zusammen mit 20 Medienhäusern aus Deutschland ein Nachrichtenangebot mit Inhalten, für die der US-Konzern erstmals in seiner Geschichte Lizenzgebühren bezahlt. Für Angebote in dem "Google News Showcase" werde man in den ersten drei Jahren weltweit mehr als eine Milliarde Dollar - umgerechnet 855 Millionen Euro - bereitstellen, kündigte das Unternehmen in einem Blogeintrag an. "Es ist Googles bislang weitreichendster Schritt, um die Zukunft des Journalismus zu unterstützen", schrieb Philipp Justus, Chef von Google in Zentraleuropa.
Zunächst Deutschland und Brasilien
Der Dienst soll an diesem Donnerstag zunächst in der bestehenden Google News App für Android für Anwender in Deutschland und Brasilien beginnen. Es folgt dann die Google News App für das iPhone. Danach sollen die Inhalte auch auf dem Smartphone in Google Discover sowie in der Google-Suche erscheinen. Anschließen soll das Angebot auf die Länder Australien, Großbritannien, Kanada, Belgien, die Niederlande und Indien ausgeweitet werden. Anwender müssen sich dafür keine neue App installieren. Sie bekommen künftig über das Angebot auch kostenlos Zugriff auf einige Artikel, die die Verlage hinter eine Bezahlschranke gestellt haben.
Die Initiative war im Juni angekündigt worden. Neben bereits bekannten Partnern wie dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", der Wochenzeitung "Die Zeit" sowie den Tageszeitungen "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Rheinische Post" und "Tagesspiegel" sind in Deutschland nun 15 weitere Medienunternehmen mit an Bord. Dazu zählen Burda (Focus Online), Berliner Verlag ("Berliner Zeitung"), Funke Mediengruppe ("WAZ"), Gruner + Jahr ("Stern"), Handelsblatt-Gruppe ("Handelsblatt" und "Wirtschaftswoche"), Ippen Media Group ("Münchner Merkur"), Lensing Media ("Ruhr Nachrichten"), Mediengruppe Oberfranken ("inFranken"), Mediengruppe Pressedruck ("Augsburger Allgemeine", "Südkurier"), "Neue Osnabrücker Zeitung", Ströer (t-online), VRM ("Allgemeine Zeitung") sowie Computec Media ("Golem") und Netzwelt.
Das Angebot soll weiter ausgebaut werden. "Wir sind mit weiteren Verlagen im Gespräch", sagte Justus. Im Rahmen des Deals erwirbt Google zum einen das Recht, bestimmte Inhalte anzuzeigen, die auf den Verlagsseiten frei zugänglich sind. Google erwirbt aber auch Artikel aus kostenpflichtigen Angeboten einzelner Verlage, um sie dann kostenlos anzubieten.
Google hatte Zahlungen bisher abgelehnt
Googles Schritt gilt für viele in der Branche als Kehrtwende. Denn der größte Suchmaschinenbetreiber liegt seit längerem im Clinch mit einigen Verlagen. Medienhäuser wie der "Bild"-Herausgeber, der Springer Verlag, hatten sich in den vergangenen Jahren vor Gericht um einen finanziellen Gegenwert für die Veröffentlichung von Pressetexten im Internet durch Google gestritten. Google hat Zahlungen bisher abgelehnt und argumentiert, dass die Verlage letztlich dank Google durch höhere Nutzerzahlen auf ihren Seiten mehr Werbeerlöse erzielen. Die Verlage hatten zudem vor Gericht einen Rückschlag erlitten, weil das deutsche Leistungsschutzrecht gekippt wurde. Allerdings muss das neue europäische Urheber- und Leistungsschutzrecht in Deutschland bis Mitte 2021 in nationales Recht umgesetzt werden.
Carsten Knop, Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", begrüßte denn auch das Konzept von Google: "Das neue Produkt gibt uns die Möglichkeit, unseren Qualitätsjournalismus noch mehr Lesern vorzustellen, die eventuell zu treuen Lesern und Abonnenten werden." Auch Stefan Ottlitz, Geschäftsführer des "Spiegel-Verlags" äußerte sich zufrieden. Mit News Showcase und der neuen Einbindung redaktioneller Inhalte wie vom Spiegel zeige Google, "dass es ihnen ernst ist mit der Unterstützung von Qualitätsjournalismus in Deutschland". Sein Haus freuen sich darüber, "vom Start weg dabei zu sein".
Geldausschüttung nach Gutsherrenart"
Dennoch kam auch Kritik - etwa vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Er teilte mit, Google erkenne mit dem neuen Angebot grundsätzlich an, dass es für Presseinhalte zahlen müsse. "Es ist daher umso weniger nachvollziehbar, dass der Konzern sich gegen klare gesetzliche Regelungen zum Schutz von Presseinhalten wendet. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Google offenbar lieber ein eigenes Angebot lanciert, bei dem es die Teilnahmebedingungen diktieren kann, anstatt Recht und Gesetz in der EU anzuerkennen." Die Geldausschüttung an Verlagshäuser erfolge bei Google "nach Gutsherrenart", teilte der BDZV weiter mit. Das habe "nichts mit unseren Vorstellungen von einem modernen Urheberrecht im 21. Jahrhundert zu tun".
sti/ww (dpa, rtr)