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Googles Milliarden für deutsche Infrastruktur

Dirk Kaufmann
12. November 2025

Der US-Internetriese Google will in den nächsten Jahren mehr als fünf Milliarden Euro in den Bau von Rechenzentren in Deutschland investieren. Aber: Welchen Stellenwert hat das im internationalen Vergleich?

Fotomontage eines Supercomputers und einer Grafik in einem großen Raum, der mit kaltem blauen Kunstlicht erhellt wird
Ein Supercomputer, wie er bald in der hessischen Provinz Daten sammeln, speichern und verarbeiten sollBild: IMAGO

Seit Tagen wurde diese Meldung mit Spannung erwartet: Google investiert Milliarden in die deutsche digitale Infrastruktur. Die Frage war: Wohin sollte das Geld fließen und für was genau? Am Nachmittag des 11. November ließ das kalifornische Technologieunternehmen die Katze aus dem Sack.

Auf einer Pressekonferenz in Berlin kündigte Deutschlandchef Philipp Justus an, Google werde in den kommenden vier Jahren 5,5 Milliarden Euro in den Standort Deutschland investieren. Das umfasse den Bau eines neuen Rechenzentrums in der hessischen Kreisstadt Dietzenbach. Außerdem würden die Standorte in München, Frankfurt und Berlin ausgebaut.

Allgemeine Erleichterung

Die deutsche Regierung reagierte sehr erfreut. "Wir wollen Deutschland zu einem führenden Standort für Rechenzentren in Europa machen", versprach Digitalminister Karsten Wildberger von der CDU gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Lars Klingbeil bei der Pressekonferenz gemeinsam mit den Google-Managern Philipp Justus und Marianne JanikBild: Lisi Niesner/REUTERS

Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) sieht Googles Investitionspläne der selben Quelle zufolge als Beleg dafür, dass Deutschland schon heute ein attraktiver Standort sei. Das Google-Engagement bringe "Wachstum und Wertschöpfung für unser Land".

Auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) lobte die Google-Pläne: "Das ist genau das, was wir jetzt brauchen." Der Vize-Kanzler lobte der Deutschen Presseagentur dpa gegenüber die Absicht als "echte Zukunfts-Investitionen in Innovationen, Künstliche Intelligenz, die klimaneutrale Transformation und zukünftige Arbeitsplätze in Deutschland". Google hatte erklärte, die Investitionen würden "bis 2029 jährlich rund 9000 Arbeitsplätze in Deutschland sichern".

Skepsis durchaus angebracht

Die Universitätsprofessorin Katharina Hölzle ist Institutsleiterin am Fraunhofer-Institut in Stuttgart. Sie hat einen differenzierten Blick auf das Google-Programm. Einerseits ist sie durchaus erfreut über das Angebot aus Übersee, "weil es zeigt, dass wir attraktiver sind, als wir selber glauben".

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Das Angebot habe sie aber auch erschreckt, sagte sie im DW-Gespräch. Sie fürchtet nämlich, dass neue Abhängigkeiten entstehen: "Hier werden weitere Infrastrukturen geschaffen, aus denen wir dann später noch schwerer herauskommen werden."

Wie viel sind fünf Milliarden?

Für Wolfgang Eppler vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe ist das zunächst eine "Menge Geld". Aber dann sagt er der DW gegenüber: "Wenn man sieht, was die USA investieren, z.B. 500 Milliarden US-Dollar, dann ist das nur ein kleiner Klacks."

Auch für den Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg offenbart die Höhe der Investition die Kluft zwischen Europa und den USA. Technologiekonzerne wie Microsoft und Google oder Startups wie OpenAI investieren Hunderte von Milliarden Dollar in den Aufbau von KI-Rechenkapazitäten.

Amerikanische Dimensionen: Das Google-Datenzentrum in Atlanta, GeorgiaBild: Google Handout/dpa/picture-alliance

Nach Bloomberg-Angaben soll das deutsche Projekt bis zu 10.000 Grafikprozessoren (GPUs) nutzen. Das sei aber nur ein Bruchteil der Größe geplanter Großanlagen in den USA. Ein einzelnes Rechenzentrumsprojekt in Texas, das von SoftBank, OpenAI und Oracle entwickelt wird, werde allein rund 500.000 GPUs verwenden.

Nicht allein Google ...

Doch nicht nur Google will in Deutschland investieren. Erst in der vergangenen Woche hatte die Deutsche Telekomzusammen mit dem US-amerikanischen KI-Chip-Entwickler Nvidia angekündigt, gemeinsam in ein Rechenzentrum zu investieren. Dabei geht es um etwa eine Milliarde Euro. Insgesamt werden die Betreiber von Rechenzentren nach Angaben des Branchenverbands Bitkom in Deutschland in diesem Jahr rund zwölf Milliarden Euro investieren.

Im September hat auch der französische Konzern Data4 Investitionen von rund zwei Milliarden Euro angekündigt und in Hanau den Grundstein für sein erstes Rechenzentrum in Deutschland gelegt. Im Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn soll das größte KI-Ökosystem in Europa entstehen, mit einem Schwerpunkt auf Chip-Design.

Für ein Datencenter werden zehntausende von Einzelrechnern und Prozessoren gebrauchtBild: Westend61/imago images

Der wachsende Bedarf an Rechenleistung für Künstliche Intelligenz befeuert gerade einen Bauboom bei Rechenzentren. Die Anschlussleistung der Serverfarmen in Deutschland werde sich bis 2030 voraussichtlich auf fünf Gigawatt nahezu verdoppeln, ergab jüngst eine Studie des Digitalverbands Bitkom.

… und nicht allein Deutschland

Die Europäische Union kündigte im Februar einen 200-Milliarden-Euro-Plan zur Förderung der KI-Entwicklung an, um die Kapazität der Region für solche Systeme bis 2032 zu verdreifachen. Die Deutsche Telekom führt Gespräche mit verschiedenen Unternehmen, um sich am Bau sogenannter KI-Gigafabriken zu beteiligen. Der Prozess kommt jedoch nur schleppend in Gang, und die EU hat noch keinen genauen Plan veröffentlicht, wie sie Angebote prüfen und Mittel verteilen wird.

Grünes Versprechen

Google gibt offiziell das Ziel aus, bei seinen Diensten die Auswirkungen auf Klima und Umwelt nachhaltig zu minimieren. Bei der neuen Anlage in Dietzenbach will man überschüssige Wärme nutzen und wiederverwenden.

Die Abwärme soll in das Fernwärmenetz der Energieversorgung Offenbach AG (EVO) eingespeist und von den Bürgern genutzt werden. Nach der Inbetriebnahme könne das Rechenzentrum mehr als 2000 lokale Haushalte mit Warmwasser und Wärme versorgen.

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Ein klimaneutrales Datencenter? Katharina Hölzle ist skeptisch, aber nicht pessimistisch. "Ob wir auf komplett Zero kommen", wisse sie nicht, aber wir sollten "darüber nachdenken, wie wir, wenn wir schon selbst keine Rechenzentren bauen, nicht wenigstens die Technologien schaffen, die dann eingesetzt werden - da sehe ich durchaus Chancen für uns".

Aber bitte nicht blauäugig!

Grund zur Skepsis und eine Aufforderung zur Wachsamkeit sehen beide von der DW befragten Experten. Man dürfe nicht vergessen, dass ein US-Unternehmen unsere Daten speichern und verarbeiten wird. Wolfgang Eppler vom ITAS warnt: "Man darf sich nicht zu sehr davon abhängig machen."

Die Fraunhofer-Wissenschaftlerin Hölzle tröstet der Gedanke, dass "die Diskussion um die digitale Souveränität in den vergangenen zwölf Monaten zugenommen" hat. Dennoch ist es ihr "ganz wichtig, dass die Politik in Deutschland sehr genau darauf achtet, wo diese Daten gespeichert werden und wer auf diese Daten zugreift. Das ist ein fundamentales Thema, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu schützen."

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