Rückschlag für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen: Das Marine-Ausbildungsschiff "Gorch Fock" steht wegen seiner teuren Sanierung sowieso schon in der Kritik - nun meldet die Werft auch noch Insolvenz an.
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Subunternehmer der niedersächsischen Elsflether Werft AG sollen seit Monaten kein Geld bekommen haben. "Die alte Geschäftsführung hat, soweit wir das bisher aufklären konnten, Summen in Millionenhöhe, die die Bundeswehr ihr bereits gezahlt hat für die 'Gorch Fock', nicht an die Unterauftragnehmer weitergeleitet", sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch vor einer Sitzung des Haushaltsausschusses, den sie über den Sachstand informierte.
Die neue Werftleitung, die erst seit drei Wochen im Amt ist, hat die Bücher kontrolliert. Die Prüfung habe ergeben, dass mit Stand Mitte Februar die Summe der Verbindlichkeiten bei 24 Millionen Euro gelegen habe, wovon 22,3 Millionen Euro länger als 130 Tage überfällig gewesen seien, sagte der neue Aufsichtsratschef Pieter Wasmuth der Deutschen Presse-Agentur. Auch habe sich gezeigt, dass die Werft seit 2016 keine Steuererklärung abgegeben habe.
Sanierung statt Abwicklung
Die Werft hat nun einen Insolvenzantrag gestellt. Ziel sei ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, sagte der neue Vorstandschef Axel Birk, der erst seit rund drei Wochen im Amt ist. Ein solches Verfahren können Unternehmen beantragen, die gute Aussichten auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebs sehen. Statt einer Abwicklung zielt diese Variante des Insolvenzrechts auf Sanierung des Unternehmens. Die Geschäftsleitung könnte dann im Amt bleiben, ihr würde aber ein sogenannter Sachwalter zur Seite gestellt. Allein in der Werft geht es um 130 Arbeitsplätze.
Gorch Fock auf unbekanntem Kurs
Generationen deutscher Offiziers-Anwärter lernten auf der Gorch Fock Fleiß, Teamarbeit und Disziplin. Weil die Kosten für die Sanierung des Marine-Schulschiffs explodieren, könnte der Segler zum Museumsfall werden.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder
Von der See ins Trockendock
Die Gorch Fock unter vollen Segeln vor der Kieler Förde. Lange ist das her. Seit drei Jahren liegt das Schulschiff der Bundesmarine auf dem Trockenen - in dem Dock einer Werft bei Bremen. Anfangs ging es um vermeintlich kleinere Kollisionsschäden, dann stellte sich heraus: Der einstmals so stolze Dreimaster ist völlig durchgerostet und muss generalsaniert werden.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder
Ministerin in der Bredouille
Die Verteidigungsministerin beim Blitzbesuch vor dem Trockendock der Gorch Fock. Ursula von der Leyen beunruhigen die stark gestiegenen Sanierungskosten. Anfangs wurden die Ausgaben auf rund zehn Millionen Euro veranschlagt, mittlerweile belaufen sich die Schätzungen auf 135 Millionen Euro. Zeitungen berichten über Korruptions-Vorwürfe und Fehlplanungen. Die Reparaturarbeiten wurden ausgesetzt.
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Der rostige Rest
Von der Leyen wird vom Kommandanten der Gorch Fock, Nils Brandt, durch das Schiff geführt. Angesichts rostiger Metallwände ist der Segler kaum noch als Stolz der Marine zu erkennen. Die Ministerin kündigt an, dass sie den weiteren Kurs binnen einiger Wochen festlegen werde. Offenbar scheut sie sich, das halbe Wrack trotz umstrittener Sanierungskosten als Museumsschiff in Rente zu schicken - noch.
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"Botschafter Deutschlands"
Schlank und elegant glitt die Gorch Fock jahrzehntelang über die Meere. Vom Stapel lief sie am 23. August 1958. Ihre Maße: Zwölf Meter breit, 89,3 Meter lang. Die Fläche ihrer 23 Segel erreichen fast 2000 Quadratmeter. Das Schiff ist als "Botschafter Deutschlands" weltweit bekannt geworden. 1964 vertrat es Deutschland bei der Weltausstellung in New York.
Bild: Imago/Zuma/Keystone
Alle an einem Seil
Besatzungsmitglieder setzen beim Auslaufen des Segelschulschiffs aus dem Marinehafen in Kiel die Segel. Bei einer Stammbesatzung von 85 Matrosen werden in der Regel pro Lehrgang rund 140 Offiziersanwärter geschult. Voraussetzung: geistige und vor allem körperliche Fitness. Gerade beim Segelsetzen sind Teamarbeit, Koordination und Disziplin gefordert. Die See verzeiht keine Fehler.
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Tragischer Todesfall
Am 7. November 2010 kommt eine 25-jährige Offiziersanwärterin nach einem Sturz aus der Takelage ums Leben. Sie musste wie die anderen Kadetten siebenmal hintereinander auf den Mast aufentern. Ein spezielles Training für das Aufentern gibt es nicht, ebenso wenig eine Sicherung. Der Tod der jungen Soldatin löste Bestürzung aus und lässt bis heute viele Fragen offen.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser
Besucher an Bord willkommen
Die Gorch Fock ist in jedem Hafen ein Publikumsmagnet. Während der Kieler Woche 2011 strömten Besucher an Deck, um das riesige Steuerrad aus nächster Nähe zu bewundern. Noch ist alles klar Schiff. Niemand rechnete damit, dass der herausgeputzte Dreimaster zu einem massiven Sanierungsfall werden könnte.
Bild: picture-alliance/dpa
Eine Zierde für jede Regatta
Einer der letzten großen Auftritte der Gorch Fock: Angeführt von dem Marine-Schulschiff startet am 27.06.2015 im schleswig-holsteinischen Kiel die traditionelle Windjammerparade zur Kieler Woche. Die Kieler Woche gilt als größtes Sommerfest Nordeuropas und weltgrößtes Segelereignis. Ob die Gorch Fock jemals wieder in See sticht, ist allerdings ungewisser denn je.
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Die Elsflether Werft macht 80 Prozent ihres Umsatzes mit Aufträgen von der Marine. Die Sanierung der "Gorch Fock" ist der derzeit wichtigste Auftrag. Doch die dauert bereits drei Jahre an - und ihre Kosten sind stark angestiegen: Ursprünglich sollte die Sanierung zehn Millionen Euro kosten, mittlerweile werden 135 Millionen Euro veranschlagt. Zwei Staatsanwaltschaften - Hamburg und Osnabrück - beschäftigen sich bereits mit den Geschäften der Werft. Ermittelt wird wegen Verdachts auf Untreue gegen einen Ex-Vorstand sowie wegen eines Korruptionsverdachts. Erst Ende Januar wurde der Vorstand ausgetauscht.
Grüne und FDP fordern Sanierungs-Stopp
Das Ausbildungsschiff ist schon länger eine Belastung für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) - nicht nur wegen der Korruptionsermittlungen. Der Marine werden Planungsfehler vorgeworfen, der Rechnungshof kritisierte die Kostenexplosion. Bei einem Besuch in der Werft im Januar sagte von der Leyen, die neue Leitung brauche Zeit zur Einarbeitung, um dann Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen.
Grüne und FDP fordern, die Arbeiten an der "Gorch Fock" vorerst einzustellen. Die Fraktionen hatten einen entsprechenden Antrag für den Haushaltsausschuss des Bundestags vorbereitet. Die Bundesregierung solle zudem bis zum 15. März berichten, welche finanziellen und zeitlichen Auswirkungen eine Insolvenz der Elsflether Werft AG auf die Fertigstellung der "Gorch Fock" habe. Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner warf dem Verteidigungsministerium vor, in dem Sanierungsfall eine "Salami-Taktik" zu fahren.
"Jetzt implodiert die Gorch-Fock-Sanierung. Wenn die Werft Insolvenz anmeldet, dann kommt die Sanierung des Schiffs womöglich zum Vollstopp", teilte FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein mit. "Es ist zu befürchten, dass die Kosten dann noch einmal massiv steigen, alleine schon wegen des Eigentumsvorbehalts nicht bezahlter Subunternehmer." Die Bundesregierung müsse sicherstellen, dass der Steuerzahler für Teile der "Gorch Fock" nicht zweimal bezahle.