1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gordon Parks - die Kamera als politische Waffe

25. September 2017

Eine Fotokamera schießt nicht nur Bilder, sie kann ein starkes Instrument gegen Rassendiskriminierung, Armut und Gewalt sein. Gordon Parks beherrschte sie virtuos.

Fotografie von Gordon Parks mit dem Titel "Department Store, Mobile, Alabama, 1956". Eine schwarze Frau und ihre Tochter stehen vor einem Kaufhaus unter einem Neonschild mit dem Titel "Colored Entrance"
Bild: Courtesy of The Gordon Parks Foundation

Gordon Parks war der erste schwarze Fotograf von Weltruhm. Trotzdem ist sein Name nicht sehr bekannt und fehlt in vielen Nachschlagewerken zum Thema Fotografie. Die Stiftung Deutsche Börse Photography Foundation hat sich 2016/17 mit einer eindrucksvollen Ausstellungstournee diesem US-amerikanischen Fotografen gewidmet. Letzte und aktuelle Station: "The Cube" in Eschborn, ganz in der Nähe zur Bankenmetropole Frankfurt.

Parks schuf ikonische Bilder der afro-amerikanischen Geschichte und der sozialen Rassentrennung. Seine Fotografie der schwarzen Putzfrau Ella Watson, die völlig ausdruckslos vor einer amerikanischen Flagge mit drapierten Stars and Stripes steht – Besen und Putzmob in der Hand - ist eine seiner bekanntesten Arbeiten. Das Bild mit dem Titel "American Gothic" entstand als inszenierte Momentaufnahme, wie sie typisch ist für Gordon Parks. Er betrachtete seine Kamera als politische Waffe. Ella Watson verlor allerdings nach der Veröffentlichung ihren Job.

"American Gothic" wurde zu Parks berühmtestem BildBild: Courtesy of The Gordon Parks Foundation

Überlebenskampf im schwarzen Amerika

Parks kommt aus armen Verhältnissen, sein Vater verdient mit Gelegenheitsarbeiten und als Kleinbauer mühsam den Lebensunterhalt für die Familie. Am 30. November 1912 wird Gordon Roger Alexander Buchanan Parks geboren, als Jüngster von 15 Geschwister. Auch innerhalb der Familie ein Überlebenskampf.

Die Mutter stirbt, als Gordon 15 Jahre alt ist. Von ihr, einer strengen Methodistin, bekommt der Junge seinen starken Ehrgeiz mit: "Wenn ein weißer Junge es schafft, schaffst du es auch. Mach es besser oder komm gar nicht erst nach Hause", sagt sie zu ihm.

Aber seine ersten beruflichen Jahre sind von ständiger Armut und brutaler Rassendiskriminierung geprägt. Gordon Parks jobbt als Sänger und Pianist in einem Bordell, kellnert und verdient als Schaffner noch Geld dazu. 1938 entdeckt er im Pfandhaus eine Kamera und kauft sie für seine letzten Dollar.

Die Kamera als politische Waffe

Das Fotografieren bringt er sich selbst bei. Er verdient schnell Geld damit, als freischaffender Fotograf für Zeitungen und Magazine. Eine Lady der Upper Class wird auf ihn aufmerksam und ermutigt ihn, sich als Portraitfotograf in Chicago selbständig zu machen.

Der Beginn einer bemerkenswerten Karriere, sagt Anne-Marie Beckmann im DW-Gespräch, die Kuratorin der Ausstellung und gleichzeitig Direktorin der Photography Foundation: "Es ist unglaublich, dass er als Autodidakt so eine kraftvolle Bildsprache entwickelt hat. Er hat erst für die "Farm Securitiy Administration" (FAS) gearbeitet, da ging es nur um den wirtschaftlichen Zustand der USA. Nachdem die 1943 geschlossen wurde, hat er sich vor allem den ihm wichtigen Themen gewidmet: Armut, Ausgrenzung, Rassendiskriminierung der schwarzen Amerikaner."

Parks Fotografien wirken auch heute noch aktuell und üben auf Ausstellungsbesucher weltweit eine große Anziehungskraft aus (hier in Warschau)Bild: picture-alliance/dpa/B.Zborowski

Hochglanz-Welt der weißen Models

Parallel dazu arbeitet er als hochbezahlter Fotograf für High-End-Modestrecken der großen amerikanischen Modemagazine wie "Harper´s Bazaar" und "Vogue". Eine krasse Gegenwelt zu den Sozialreportagen, die ihm am Herzen liegen. Auch in der Welt der weißen Models für weiße Leser entwickelt Gordon Parks seinen eigenen Stil als Fotograf: szenische Momentaufnahmen, die wie Filmstills wirken.

Parks Bilder sind keine sterile Hochglanz-Modefotografie, perfekt ausgeleuchtet und extrem künstlich, wie sie damals in den USA üblich war. "Faszinierend, dass er beiden Welten mit einer eigenen Bildsprache gerecht geworden ist", so Breckmann. "Er war wahnsinnig erfolgreich und hat neue Dinge gewagt. Es gibt Bilder von einem Model im Kunstpelz, wo er in den Zoo gegangen ist und sie vor einem Eisbären fotografiert hat."

Immer auf Augenhöhe, nie distanzlos

Seine erste Fotoreportage über eine kriminelle Gang im New Yorker Stadtteil Harlem bringt ihm eine Festanstellung beim bekannten Lifestyle-Magazin "Life" ein. Parks, selbst als Underdog am Rande der Gesellschaft aufgewachsen, konnte das Vertrauen der jugendlichen Anführer gewinnen und schoss Portraitaufnahmen, wie das weiße Amerika sie noch nie gesehen hatte.

Gordon Parks im Jahr 1969Bild: picture-alliance/Everett Collection

Anne-Marie Beckmann: "Ich glaube, er hatte einen Blick, der nah war, aber nicht distanzlos. Der immer auf Augenhöhe war und aus ungewöhnlichen Blickwinkeln das wirkliche Geschehen vor der Kamera beobachtet hat."

Heute gilt Gordon Parks als einer der wichtigsten Chronisten der US-amerikanischen Geschichte. Er hielt den Kampf der Schwarzen um Gleichberechtigung und die alltägliche Rassendiskriminierung in eindrucksvollen Fotoreportagen fest. Die Bilder haben nichts von ihrer politischen Brisanz verloren.

Auch Erfolg als Kino-Regisseur

Auch in der Filmwelt von Hollywood machte sich Gordon Parks später einen Namen. Er war ein künstlerisches Multitalent: Komponist, Drehbuchautor, Regisseur. 1971 schuf er mit der Figur des schwarzen Detektivs Shaft in dem gleichnamigen Film den ersten afroamerikanischen Kinohelden. Wegweisend für die US-Filmproduktion der nachfolgenden Jahre, die nur zögerlich schwarze Schauspieler mit Hauptrollen besetzt.

Im Jahr 1973 wurde Gordon Parks als Regisseur ehrenvoll in die berühmte "Black Filmmakers Hall of Fame" aufgenommen. Obwohl er weder studiert noch ein Hochschuldiplom hatte, erhielt er zu seinen Lebzeiten über 40 Ehrendoktortitel, was ihn sehr stolz machte. Parks starb 2006 im Alter von 93 Jahren. Bis zuletzt war er noch als Fotograf aktiv.

Die Deutsche Börse Photography Foundation ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Frankfurt. 1999 hat die Stiftung mit dem Aufbau ihrer Sammlung zeitgenössischer Fotografie begonnen. Anne-Marie Beckmann leitet sie. Die Ausstellung "Gordon Parks. I am You. Selected Works 1942-1978" ist in Kooperation mit c/o Berlin und der Gordon Parks Foundation in New York entstanden.