Grüne feiern historischen Erfolg
28. März 2011Wundenlecken und Siegesreden am Tag danach. Der Montag (28.03.2011) ist geprägt von den Wahlanalysen der Politiker und der Medien nach den beiden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.
Spitzengremien beraten
So sind in Berlin die Politiker zu Parteisitzungen zusammengekommen, um über mögliche Konsequenzen der Wahlen zu beraten.
Schon seit Sonntagabend haben sich einige Spitzenpolitiker zu Wort gemeldet. So betonte Generalsekretär Christian Lindner, dass es bei der FDP auch um das Führungspersonal gehen wird. Laut Medienberichten wächst vor allem der Druck auf Rainer Brüderle, seine Ämter als Bundeswirtschaftsminister und Vize-Parteichef zur Verfügung zu stellen. Brüderle wird vorgeworfen, durch ihm nachgesagte kritische Äußerungen zur Kehrtwende der Bundesregierung in der Atompolitik die Wahlchancen der FDP geschmälert zu haben.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Frank-Walter Steinmeier, empfahl Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel vorgezogene Neuwahlen auf Bundesebene. Merkel selbst habe die Abstimmung in Baden-Württemberg zur Schicksalswahl "hochgeredet", sagte Steinmeier. Insofern hätten Union und FDP eigentlich die notwendigen Schlüsse zu ziehen.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und CSU-Chef Horst Seehofer stärkten der Kanzlerin demonstrativ den Rücken. Die Union stehe geschlossen zu Angela Merkel.
Rot-Grün in Rheinland-Pfalz
Es gab nur eine CDU-Politikerin, die Anlass zum Jubel hatte. Die Spitzenkandidatin der CDU bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, zeigte sich am Sonntag mit dem Abschneiden ihrer Partei zufrieden. "Wir haben ein wunderbares Ergebnis erreicht als CDU Rheinland-Pfalz", sagte sie. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis gewann ihre Partei leicht hinzu und erreichte 35,2 Prozent.
Dennoch wird die CDU in dem Bundesland weiter in der Opposition sein. Ministerpräsident bleibt der Sozialdemokrat Kurt Beck, obwohl dessen Partei fast zehn Prozentpunkte verlor und 35,7 Prozent erreichte. Großer Sieger waren die Grünen mit einem Zugewinn von gut zehn Prozentpunkten. Sie kommen auf 15,4 Prozent und dürften in Mainz künftig gemeinsam mit der SPD regieren. Bei der letzten Wahl 2006 waren sie mit 4,6 Prozent an der Sperrklausel gescheitert. Die FDP verlor deutlich auf 4,2 Prozent und wird im neuen Landtag nicht mehr vertreten sein.
Baden-Württemberg vor dem Machtwechsel
Der eigentliche Paukenschlag spielte sich geographisch gesehen etwas weiter südlich ab. In Baden Württemberg muss die CDU nach 58 Jahren ununterbrochener Regierungszeit die Macht abgeben. Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis verlor die CDU von Ministerpräsident Stefan Mappus deutlich an Stimmen und kommt nur noch auf 39,0 Prozent.
Strahlender Sieger sind die Grünen, die ihren Stimmenanteil verdoppelten und auf 24,2 Prozent kamen. Damit liegen sie erstmals bei einer Landtagswahl in Deutschland vor der SPD, die auf 23,1 Prozent und damit auf ihr bisher schlechtestes Ergebnis in Baden-Württemberg abrutschte. Die FDP verlor deutlich und liegt nun bei 5,3 Prozent. Die sozialistische Linkspartei scheiterte in Baden-Württemberg - ebenso wie in Rheinland-Pfalz - klar an der Fünf-Prozent-Hürde.
Im Stuttgarter Landtag haben SPD und Grüne nun eine Mehrheit von 71 Sitzen vor CDU und FDP, die auf 67 Mandate kommen. Da die Grünen einen Abgeordneten mehr als die SPD in den Stuttgarter Landtag entsenden, wird der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann wohl Ministerpräsident. Damit wäre er der erste grüne Regierungschef in einem deutschen Bundesland.
Atom-Streit entschied die Wahlen
Dass die Wahl nicht durch Themen in den jeweiligen Ländern entschieden wurde, ist unter allen Politikern unstrittig. Bundesaußenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle führte das schlechte Abschneiden seiner Partei bei den Wahlen auf die Atomdebatte in Deutschland zurück. Landespolitische Themen seien dadurch vollkommen überlagert, sagte Westerwelle in Berlin. "Es war eine Abstimmung über die Zukunft der Atomkraft", sagte er.
Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär der CDU, Hermann Gröhe. Die Ereignisse um das havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima seien für das historisch schlechte Abschneiden seiner Partei in Baden-Württemberg verantwortlich. Und auch für SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sind die beiden Landtagswahlen von der Atomkatastrophe in Japan überlagert worden. Steinmeier sagte in Berlin, ein Ergebnis der Wahlen sei eindeutig: "Kernenergie wird jedenfalls keine Zukunft haben."
Die Einschätzung der Politiker wird durch die Wahlforschung gestützt. Umfragen unter Wählern hatten ergeben, dass 41 Prozent von ihnen die Atompolitik als entscheidendes Thema ansahen.
Autoren: Martin Muno / Marion Linnenbrink (dpa, dapd, afp, rtr)
Redaktion: Thomas Grimmer