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Politik

Grüne hoffen auf "Überraschungscoup"

Nina Werkhäuser
17. September 2017

Die Grünen rechnen sich gute Chancen aus, bei der Bundestagswahl auf den dritten Platz zu kommen. Auf einem Parteitag in Berlin formulierten sie ihren Anspruch, mitzuregieren. Und sparten nicht mit Kritik an der FDP.

Deutschland Kleiner Parteitag der Grünen
Zuversichtlich: Die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem ÖzdemirBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Auf die Meinung der Demoskopen gaben die Grünen auf ihrem Wahlparteitag in Berlin nicht viel: Erstens schwankten die Umfragewerte stark und zweitens hätten die Meinungsforscher ja schon häufig falsch gelegen, monierten führende Grünen-Politiker. Die Umfragen sehen die vier kleineren Parteien Grüne, AfD, FDP und Linke nahe beieinander, die Grünen aber tendenziell knapp hinter der politischen Konkurrenz. Die aber geben sich noch lange nicht geschlagen - und machten sich auf einem Parteitag Mut für den Wahlkampf-Endspurt: "Wir werden am Sonntag einen richtigen Überraschungscoup landen", rief Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt den Delegierten zu, die ihre Rede mit stehenden Ovationen feierten.

"Eine Richtungsentscheidung" 

Der dritte Platz sei "völlig erreichbar", befand auch Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer der Grünen. Bei der letzten Bundestagswahl bekamen die Grünen magere 8,4 Prozent der Stimmen und wollen es diesmal besser machen - und möglichst raus aus der ungeliebten Oppositionsrolle. Die große Koalition bedeute "Aussitzen und Stillstand", betonte Göring-Eckardt. "Bei dieser Wahl geht es darum, dass wir umsteuern." Nun sei es an der Zeit, sich auch mal wieder bei der Großtante oder dem Ex-Partner zu melden, um für die Grünen zu werben, rief die Spitzenkandidatin der Parteibasis zu - jede Stimme zähle. 

Wahlplakate der Grünen und der der FDPBild: Imago/R. Traut

Kritik an der FDP

Einen guten Teil ihrer Redezeit verwandte Göring-Eckardt darauf, die Unterschiede zur FDP herauszustellen. "Wer mehr Klimawandel will, wählt die FDP. Wer den Klimawandel stoppen will, wählt die Grünen", sagte sie, während auf zwei großen Leinwänden neben ihr Felder voller gelber Sonnenblumen aufleuchteten.

Auch FDP-Chef Christian Lindner bekam im Verlauf des Tages einige Giftpfeile ab. Seine Partei sei eine "One-Man-Show", er halte jahrzehntealte Kohlekraftwerke für "Higtech" und leide unter Realitätsverlust, was die sozialen Probleme im Land angehe. "Macht mal ein Update für Euer Navi", appellierte Pateichef und Spitzenkandidat Cem Özdemir an die FDP, die einige Kilometer weiter ebenfalls einen Sonderparteitag abhielt und den Grünen prophezeite, sie hätten "keine Chance", in das Rennen um Platz 3 einzugreifen. Die Grünen wiederum warnten in einem Wahlaufruf, den sie auf ihrem Parteitag verabschiedeten, eindringlich vor einem Regierungsbündnis von CDU/CSU und FDP nach der Wahl. 

Wie realistisch ist eine Jamaika-Koalition? 

Nach der Wahl könnten sich die politischen Kontrahenten allerdings näher kommen, als es ihnen lieb ist:  In möglichen Koalitionsverhandlungen über ein Bündnis aus Grünen, FDP und CDU/CSU. Nach den jüngsten Meinungsumfragen hätte neben der großen Koalition nur eine "Jamaika-Koalition" eine Mehrheit. Ein solches Bündnis wäre natürlich "eine Zumutung" für seine Partei, sagte ein Grüner. Darüber aber nicht zu verhandeln, bedeute ein Dauer-Abo für die Große Koalition, und das könne auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Vor allem in der Klima- und in der Verkehrspolitik habe die schwarz-rote Bundesregierung versagt, kritisierten die Grünen auf ihrem Parteitag - und hoffen auf viele unentschiedene Wähler, die das ebenso sehen. Weder den Atomausstieg noch die Ehe für alle hätte es ohne sie gegeben, wirbt die Partei mit ihrem Beharrungsvermögen bei langfristigen gesellschaftlichen Veränderungen. Ihr nächstes Großprojekt sei der Umstieg auf emissionsfreie Fahrzeuge. 

Auf einem Parteitag in Berlin machten die Grünen sich Mut für die letzten Tage des Wahlkampfs Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Jeder zweite Deutsche sei dafür, dass die Grünen, die in zehn Landesregierungen sitzen, auch im Bund wieder mitregieren, zitierte Spitzenkandidatin Göring-Eckardt eine Umfrage. Über mögliche Koalitionen nach der Wahl will die Partei mit allen anderen Parteien reden - nur nicht mit der AfD. Das seien "Rechtsextreme", die das gesellschaftliche Klima vergifteten und deren "Hass und Hetze" die Grünen Paroli bieten würden. Außer mit der AfD, betonte Spitzenkandidat Cem Özdemir, würden die Grünen mit allen sprechen, wenn auch nicht über alles. Ohne Klimaschutz und eine wertegeleitete Außenpolitik werde es keine Regierungsbeteiligung mit den Grünen geben, betonte Özdemir. Dann gehe seine Partei lieber "erhobenen Hauptes in die Opposition".

 

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